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EuGH: Margensteuer bei Einzelleistungen?

Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 29. Juni 2023 bestätigt, dass der Weiterverkauf von Hoteldienstleistungen auch dann der Margenbesteuerung unterliegt, wenn diese Dienstleistungen nicht mit zusätzlichen Leistungen verbunden sind.

12.07.2023

Im Streitfall ging es um einen Konsolidierer von Hoteldienstleistungen aus Polen, der Hotelkontingente einkauft und die Beherbergungen in eigenem Namen sowie auf eigene Rechnung an Kunden verkauft.

Während die polnische Finanzverwaltung die Auffassung vertrat, dass eine Reiseleistung i. S. d. Margensteuer eine Gesamtheit von externen und internen Dienstleistungen umfasse und aus mehr als einer Leistung bestehen müsse, hat der EuGH unter Berufung auf sein Alpenchalet Resorts Urteil (EuGH, Urt. v. 19.12.2018, Rs. C-552/17) festgestellt, dass die Anwendung der Margensteuer neben dem Weiterverkauf von Hotelkontingenten keiner weiteren zusätzlichen Leistung bedarf.

Das Urteil überrascht nicht, denn bereits im Alpenchalets Resort Urteil hatte der EuGH geurteilt, dass die alleinige Bereitstellung von Ferienwohnungen unter die Margensteuer fällt. Entsprechend war vorhersehbar, dass auch der Verkauf von Hotelkontingenten keine abweichende Beurteilung erlaubt. Die Tätigkeit des polnischen Konsolidierers ist vergleichbar mit der eines Reiseveranstalters oder Reisebüros und muss laut EuGH entsprechend besteuert werden, unabhängig davon, ob nur eine Leistung oder ein Leistungsbündel vorliegt. Wenn Leistungen eines Reisebüros vom Anwendungsbereich der Margensteuer allein deswegen ausgeschlossen würden, weil sie nur die Bereitstellung einer Unterkunft umfassen, würden die anwendbaren Mehrwertsteuervorschriften laut EuGH sonst davon abhängen, „welche Bestandteile die dem Reisenden angebotenen Leistungen umfassten. Eine solche Steuerregelung widerspräche den Zielen dieser Richtlinie (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Dezember 2018, Alpenchalets Resorts, C‑552/17, EU:C:2018:1032, Rn. 25 bis 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).”

Praxishinweis 

Damit bestätigt der EuGH die Auffassung der deutschen Finanzverwaltung, jedenfalls soweit es um die Anwendung der Margenbesteuerung auf eine einzelne Beherbergungsleistung geht. Danach reicht (nur) bei Beherbergungen eine Einzelleistung aus, um in den Anwendungsbereich der Margensteuer zu fallen. Bei Reiseleistungen ohne Beherbergung ist nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung ein Bündel mit mindestens einer Beförderungsleistung erforderlich.

Ob der EuGH das auch so sieht, ist unklar. Jedenfalls folgt aus seiner Begründung – auch der isolierte Weiterverkauf von Übernachtungen sei mit den Umsätzen eines Reisebüros oder -veranstalters identisch oder zumindest vergleichbar – nicht zwingend eine Beschränkung auf Übernachtungs-Einzelleistungen. Spannend ist diese Frage etwa für Anbieter von Tagesausflügen wie etwa Busreisen. Mit der Begründung des EuGH könnte man auch zu dem Ergebnis kommen, eine isolierte Beförderungsleistung falle unter die Margensteuer. Je nach Sachverhalt kann jedoch entweder die Margensteuer oder die Regelbesteuerung zu einem praktikablen und steuersystematisch richtigen Ergebnis führen. Damit wäre insoweit ein Wahlrecht wünschenswert.

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