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BMF: Allgemeinverfügung zur Zurückweisung von Einsprüchen und Änderungsanträgen zu Zinsfestsetzung für Zeiträume vor dem 1. Januar 2019

Mit Beschluss vom 8. Juli 2021 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die Höhe des Zinssatzes von 0,5 % je angefangenem Monat (§ 233a i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO) für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 verfassungswidrig ist. Zu den Zweifelsfragen im Zusammenhang mit diesem Beschluss hat sich nun das Bundesministerium der Finanzen (BMF) geäußert.

03.12.2021

Das BVerfG hatte zwar entscheiden, dass Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 hinsichtlich der Zinshöhe verfassungswidrig sind, allerdings eine Änderung des Zinssatzes erst ab dem Verzinsungszeitraum ab dem 1. Januar 2019 gefordert. Hinsichtlich der Verzinsungszeiträume 2014 bis einschließlich 2018 ist eine Änderung der Zinshöhe durch den Gesetzgeber nach Ansicht des BVerfG nicht erforderlich (Fortgeltungsanordnung).

Diese Sichtweise brachte erhebliche Unsicherheiten mit sich, da bisher nicht klar ist, ob die kommende Regierung nicht doch eine Änderung des Zinssatzes ab dem 1. Januar 2014 vollzieht. Daher war unklar, ob Einsprüche gegen Zinsbescheide, welche den Zeitraum 2014 bis einschließlich 2018 betreffen, weiterhin offengehalten werden oder, insbesondere nach entsprechenden Aufforderungen der Finanzämter, zurückgenommen werden sollten.

Hinsichtlich des Urteils des BVerfG und seiner Folgen verweisen wir auf unsere Meldung vom 9. September 2021.

Das BMF veröffentlichte daher am 29. November 2021 eine Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder zur Zurückweisung von Einsprüchen und Änderungsanträgen zu Zinsfestsetzung gemäß § 233a AO.

Mit dieser Allgemeinverfügung werden alle zulässigen Einsprüche gegen die Festsetzung von Zinsen gemäß § 233a AO für Verzinsungszeiträume vor dem 1. Januar 2019 zurückgewiesen, wenn mit ihnen geltend gemacht wird, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen in Höhe von 0,5 % pro vollen Monat gegen das Grundgesetz verstoße. Das gilt auch für am 29. November anhängige, außerhalb des Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte und zulässige Anträge auf Änderung einer Zinsfestsetzung.

Hinsichtlich der bereits festgesetzten Zinsen ab 2019 weist das BMF darauf hin, dass eine abschließende Entscheidung aktuell nicht getroffen werden kann. Die Verfahren werden nach Umsetzung der Gesetzesänderung fortgesetzt. Der Gesetzgeber ist bis zum 31. Juli 2022 dazu aufgefordert, das Gesetz entsprechend anzupassen.

Folgewirkung und Einschätzung

Die Chancen, Einsprüche im Zusammenhang mit Verzinsungszeiträumen von 2014 bis einschließlich 2018 zumindest bis zu einer Neuregelung seitens des Gesetzgebers offenhalten zu können, standen aufgrund der vom BVerfG getroffenen Fortgeltungsanordnung ohnehin schlecht. Das BMF hat nun in aus Praktikabilitätsgründen sämtliche Einsprüche in diesem Kontext einheitlich zurückgewiesen; entsprechende Einspruchsentscheidungen ergehen daher nicht. Gegen die Allgemeinverfügung kann nur im Wege einer Klage vor dem zuständigen Finanzgericht vorgegangen werden. Inwiefern diese Aussicht auf Erfolg haben wird, ist allerdings fraglich, da die Verfassungswidrigkeit im Grund bereits durch das BVerfG festgestellt wurde allerdings die Gesetzeslage bis 2019 so bestehen bleibt.

Der Volltext des BMF-Schreibens ist auf der Homepage des BMF veröffentlicht.

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