Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschlüssen vom 25. November 2015 in den Verfahren unter den Az. II R 63/14 und II R 62/14 das Bundesministerium der Finanzen (BMF) aufgefordert, den jeweiligen Revisionsverfahren beizutreten und
- zu der Frage, ob die Anwendung der Steuervergünstigung des § 6a GrEStG voraussetzt, dass der herrschende Rechtsträger ein Unternehmen im Sinne des § 2 UStG ist, sowie zum möglichen Beihilfecharakter des § 6a GrEStG (Az.: II R 63/14) und
- zum Verhältnis von § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG, nach deren Wortlaut § 6a GrEStG auf Umwandlungsvorgänge, bei denen ein Rechtsträger untergeht oder neu entsteht (Verschmelzung, Aufspaltung, Abspaltung oder Vermögensausgliederung zur Neugründung), nicht anwendbar ist, zu § 6a Satz 1 GrEStG, der durch die Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UmwG auch diese Umwandlungsvorgänge in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbezieht, sowie zum möglichen Beihilfecharakter des § 6a GrEStG (Az.: II 62/14)
Stellung zu nehmen.
Dem Revisionsverfahren mit dem Az.: II R 63/14 vorgehend war ein Klageverfahren vor dem Niedersächsischen Finanzgericht, über das wir bereits im Newsbeitrag vom 14. Oktober 2015 berichtet haben. Im Kern ging es um die Auslegung des Begriffs des „herrschenden Unternehmens“ im Sinne des § 6a GrEStG.
Dem Revisionsverfahren mit dem Az.: II R 62/14 vorgehend war ein Klageverfahren vor dem Finanzgericht Nürnberg (Urteil vom 16. Oktober 2014, Az.: 4 K 1059/13), wonach – entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung – die Verschmelzung einer abhängigen Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft als von § 6a GrEStG erfasst werden. Dieser Thematik vergleichbar sind Urteile des Finanzgerichts Düsseldorf vom 7. Mai 2014 zur Ausgliederung zur Neugründung bzw. vom 4. November 2015 zur Abspaltung auf eine neu zu gründende Gesellschaft innerhalb eines Konzerns. Entscheidend sind jeweils Fragen, ob die sog. Vor- und Nachbehaltensfristen des § 6a GrEStG der Steuervergünstigung dann im Wege stehen, wenn eine an der Umwandlung beteiligte Gesellschaft erlischt oder neu entsteht.
Nach der in seinen Beschlüssen ausgedrückten Ansicht des BFH weist die Auslegung des § 6a GrEStG folgende gewichtige Fragestellungen auf:
1. Zum Begriff des herrschenden Unternehmens
Der Begriff des „herrschenden Unternehmens“ im Sinne des § 6a GrEStG sei auslegungsbedürftig. In diesem Zusammenhang hat der BFH ausdrücklich Zweifel an der – u. a. von der Finanzverwaltung so vertretenen (vgl. gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19. Juni 2012, BStBl I 2012, 662, Tz. 2.2 Abs. 1 Satz 2) – Ansicht über die Maßgeblichkeit des umsatzsteuerrechtlichen Unternehmensbegriffs (§ 2 UStG) geäußert. Jedenfalls das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, Umstrukturierungen von Unternehmen zu erleichtern und Wachstumshemmnisse zu beseitigen, ließen für eine derartig enge Auslegung des „Unternehmensbegriffs“ des § 6a GrEStG nichts erkennen. Auch aus der Auslegung der Begriff des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 Nr. 2 Bstb. b GrEStG könnten keine derartigen Rückschlüsse für die Auslegung des § 6a GrEStG gezogen werden.
Deswegen haben wir bereits im Newsletter vom 14. Oktober 2015 dafür plädiert, den Begriff des „herrschenden Unternehmens“ unabhängig von dem umsatzsteuerrechtlichen Begriff des Unternehmens (§ 2 UStG) zu definieren.
2. Anwendbarkeit des § 6a GrEStG bei Umwandlung zur Neugründung
Der BFH äußert weiter Zweifel daran, dass § 6a GrEStG nicht anzuwenden sein soll, wenn eine an der Umwandlung beteiligte Gesellschaft erlischt oder neu entsteht. Nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG seien diese Vorgänge zwar mangels Einhaltung der sog. Vor- oder Nachbehaltensfristen nicht nach § 6a GrEStG begünstigt. § 6a GrEStG hätte dann aber nur einen sehr eng begrenzten Anwendungsbereich. Nach Ansicht des BFH ist fraglich, ob der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Steuervergünstigung derart weitgehend einschränken wollte und ob bei einem so engen Anwendungsbereich der Steuerbegünstigung die vom Gesetzgeber mit der Regelung verfolgten Ziele erreicht werden können.
Aufgrund dessen sind wir der Ansicht, dass § 6a GrEStG auch anzuwenden sein muss, in denen eine an der Umwandlung beteiligte Gesellschaft erlischt oder neu entsteht.
3. § 6a GrEStG als unzulässige Beihilfe?
Fraglich ist nach Ansicht des BFH weiter, ob es sich bei § 6a GrEStG um eine neu eingeführte Beihilfe (Art. 107 Abs. 1 AEUV) handelt.
Gern beraten wir Sie bereits vorab im Zusammenhang mit geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen. Für Rückfragen und Informationen stehen wir Ihnen ebenfalls jederzeit gern zur Verfügung.