Der Geschäftsführer einer Kommanditisten-GmbH haftet bei sorgfaltswidriger Geschäftsführung für den entstandenen Schaden der Kommanditgesellschaft auch dann, wenn diese Geschäftsführung nicht die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH ist. Es besteht die Pflicht zur Geschäftsführung im Ganzen – eine abweichende Ressortzuteilung ändert daher nichts an der Überwachungspflicht.
Hintergrund (gesellschaftsrechtliche Gestaltung)
Dem Urteil liegt eine gesellschaftsrechtliche Konstellation zugrunde, die von der bekannten Gestaltung – der Geschäftsführung durch die Komplementär-GmbH – abweicht: Geschäftsführungsaufgaben wurden hier durch eine Kommanditisten-GmbH vorgenommen. Eine solche Gestaltung ist zulässig. Der hier verklagte Geschäftsführer war Geschäftsführer dieser geschäftsführenden Kommanditistin. Das für die Kommanditgesellschaft geltende Prinzip der Selbstorganschaft schließt zwar zwingend die Kommanditisten von der organschaftlichen Vertretung nach außen aus (§ 170 HGB), im Innenverhältnis aber kann ein Kommanditist mit Geschäftsführungsaufgaben betraut werden.
Dem Urteil zugrunde liegender Sachverhalt
Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der D GmbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin). Nach deren Gesellschaftsvertrag war zur Geschäftsführung ausschließlich eine Kommanditistin berechtigt, die U GmbH. Beklagter ist der Geschäftsführer der U-GmbH. Die U GmbH war noch in weiteren Fondsgesellschaften geschäftsführende Kommanditistin.
Die D GmbH & Co. KG (Schuldnerin) warb Anlegergelder ein und stellte diese der mittlerweile insolventen D AG als Darlehen zur Verfügung. Der Kläger nimmt den Beklagten wegen einer einzelnen Überweisung der Schuldnerin an die D AG in Anspruch. An der Überweisung wirkte der Beklagte persönlich nicht mit, es geht hier um seine Gesamtverantwortung als Geschäftsführer. Zum Zeitpunkt der Überweisung war – im Widerspruch zu den Vereinbarungen in dem Darlehensvertrag – nur ein geringer Teilbetrag werthaltig besichert worden. Auch im Zusammenhang mit der einzelnen Überweisung wurde keine weitere Sicherheit bestellt. Insgesamt führte dies bei der Schuldnerin zu einem Forderungsausfall in vielfacher Millionenhöhe.
Der Kläger hat den Beklagten auf Ersatz dieses der Schuldnerin entstandenen Schadens in Anspruch genommen.
Rechtliche Würdigung
Der Senat überträgt seine Rechtsprechung zur Haftung der Geschäftsführung der Komplementärin gegenüber der Kommanditgesellschaft auf das Leitungsorgan der geschäftsführenden Kommanditistin (Gleichbehandlung der Komplementärin und der geschäftsführenden Kommanditistin): „Auch der Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH haftet gegenüber der Kommanditgesellschaft gemäß § 43 Absatz 2 GmbHG nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter wie gegenüber der GmbH. Denn die KG ist in den Schutzbereich des zwischen der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses einbezogen.“ Denn die KG komme bestimmungsgemäß mit der Leistung des Geschäftsführers in Berührung, wenn eine Kommanditisten-GmbH die Geschäfte der KG führt. Fehlleistungen der Geschäftsführung wirkten sich zwangsläufig stets und in erster Linie zum Nachteil der KG aus
Neu ist das Urteil in dieser Hinsicht: Unerheblich sei nach Auffassung des Senats, dass die U-GmbH nicht einzig oder doch maßgeblich nur für diese eine KG (die D GmbH & Co. KG/Schuldnerin) geschäftsführend tätig war, wie in den meisten Fällen einer Komplementär-GmbH. Damit schließt sich der BGH der bereits überwiegend in der Literatur vertretenen Auffassung an. Am Pflichtenkreis des Geschäftsführers ändere sich durch Mehrfach-Geschäftsführungen im Grundsatz nichts. Ein Geschäftsführer habe sich bei Übernahme der Geschäftsführung über den Umfang der damit verbundenen Aufgaben einen Überblick zu verschaffen. Die Kommanditgesellschaft darf darauf vertrauen, dass die geschäftsführende GmbH und deren Geschäftsführer die ihr geschuldete Obhut und Fürsorge erbringen, und zwar unabhängig von der Anzahl weiterer übernommener Geschäftsführungen oder sonstiger gesellschaftsfremder Aufgaben.
Auch die Ressortverteilung innerhalb der Geschäftsführung der Kommanditisten-GmbH ändert an der Haftung des hier beklagten Geschäftsführes nichts: Dem ressortunzuständigen Geschäftsführer verbleiben Überwachungspflichten über die gesamte Geschäftsführung. Es gebe keinen sachlichen Grund, diese Schutzwirkung zugunsten der Kommanditgesellschaft zu beschränken und die Überwachungspflichten anders zu behandeln als die Geschäftsführerpflichten im Übrigen, so der Senat.
Praxishinweise
Die Verantwortlichkeit der Geschäftsführer nach § 43 Abs. 2 GmbHG gehört zu den Themen mit hoher Praxisrelevanz. Die Haftung ist eine gesetzliche und setzt keinen Geschäftsführervertrag voraus. Vielmehr basiert sie auf einer Sonderrechtsbeziehung zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer. Diese Sonderrechtsbeziehung kann, ähnlich wie ein Vertrag, Schutzwirkung gegenüber Dritten haben, wie hier gegenüber der GmbH & Co. KG.
Die mit dem Urteil höchstrichterlich festgestellte Gleichbehandlung der Geschäftsführeraufgaben von Komplementären und Kommanditistin, vor allem aber der Verzicht auf das Merkmal der „alleinigen oder wesentlichen Aufgabe“ erweitern das Haftungsrisiko von Geschäftsführern.
Den Volltext des BGH-Urteils vom 14.3.2023 finden Sie hier.
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