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Aussetzung der Insolvenzantragspflicht – Sanierung muss kurzfristig in Angriff genommen werden

Die Bundesregierung ließ unter dem 2. September 2020 verlautbaren, dass die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht aufgrund der Corona-Pandemie bis zum 31. Dezember 2020 verlängert werden wird. Wer die Presseerklärung der Bundesregierung nicht weitergelesen hat, könnte aufgrund dieser Überschrift einer gravierenden Fehleinschätzung unterliegen.

22.09.2020

Die Bundesregierung weist erst im Text darauf hin, dass die Bedingungen der Aussetzung modifiziert wurden. Die praktische Bedeutung dieser Modifizierung wird aber auch in dem Text der Pressemitteilung nicht deutlich. Wichtig ist: Nunmehr soll die Aussetzung nicht mehr auf alle Insolvenzgründe, die eine Insolvenzantragspflicht begründen (also Zahlungsunfähigkeit – § 17 InsO – und Überschuldung – § 19 InsO -), bezogen sein, sondern nur noch auf den Insolvenzgrund der Überschuldung.

Das heißt, dass die Insolvenzantragspflicht ab dem 1. Oktober 2020 wieder besteht, wenn die Insolvenzantragspflicht in der Variante der Zahlungsunfähigkeit für das konkrete Unternehmen greift.

Ob dies wirklich als Verlängerung der ursprünglich bis zum 30. September 2020 gewährten Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gewertet werden kann, dürfte vor diesem Hintergrund jedoch fraglich sein. Denn gerade dem Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit (mit seiner Vermutungsregelung des § 17 Abs. 2 InsO) kommt in der Praxis eine überragende Bedeutung zu. Der Insolvenzgrund der Überschuldung hat hingegen eher eine vernachlässigungswürdige praktische Bedeutung. Hinzu kommt, dass der Insolvenzgrund der Überschuldung ohnehin schon vor Jahren entschärft wurde und immer auch eine „negative“ Fortbestehensprognose voraussetzt. In der Literatur ist zudem umstritten, ob der Insolvenzgrund der Überschuldung überhaupt noch sachgerecht ist. Zudem steht die Verlängerung der Aussetzung wiederum unter der Voraussetzung des Art. 1 § 1 des sog. Corona-Gesetzes – also unter der Bedingung, dass die Überschuldung auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht.

Geschäftsführer von Unternehmen, die sich bereits in der Krise befinden oder für die sich eine Krise abzeichnet, sollten sich daher darauf einstellen, dass ab dem 1. Oktober 2020 der § 15a InsO mit voller Härte (persönliche Haftung und Strafbarkeit des Geschäftsführers) wieder greift, wenn

  • die Voraussetzungen einer Zahlungsunfähigkeit vorliegen,
  • entsprechende Indizien für eine Zahlungseinstellung vorliegen oder
  • die positive Fortführungsprognose bzw. der Nachweis der Ursächlichkeit der COVID-19-Pandemie nicht geführt und belegt werden kann.

Gleiches gilt für die persönliche Haftung wegen eines Verstoßes gegen ein Zahlungsverbot (z. B. § 64 GmbHG), das dann auch unmittelbar wieder greift.

Lesen Sie zur Insolvenzantragspflicht in Zeiten der Corona-Pandemie auch unsere Beiträge vom 31. März 2020.Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht finden Sie hier.

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