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Aktuelles zur Besteuerung von Klär-, Faul- oder Deponiegasen, die bei der Abwasserreinigung oder bei der Lagerung von Abfällen gewonnen werden

Die Nutzung von im Abwasserreinigungsprozess gewonnenen Klär- oder Faulgasen zur Strom und/oder Wärmeerzeugung unterlag bisher der Steuerbefreiung gemäß § 28 EnergieStG. Den wenigsten Anlagennutzern ist bewusst, dass die Steuerbefreiung seit 1. Januar 2018 nur noch eingeschränkt gilt und unter Umständen einer expliziten schriftlichen Beantragung beim Hauptzollamt bedarf.

10.04.2019

Akuter Handlungsbedarf besteht für alle Betreiber von Anlagen, die im Prozess entstandene Klär-, Faul- oder Deponiegase (= gasförmige Kohlenwasserstoffe) weiterverwenden. Zu den möglichen Verwendungen zählen beispielsweise die Stromerzeugung, die Wärmeerhaltung oder die Einspeisung in das Erdgasnetz.

Die Praxis zeigt, dass den neuen steuerlichen Regelungen und den damit einhergehenden Pflichten kaum Beachtung geschenkt wurde; vielfach ist eine Anpassung/Umsetzung ausgeblieben. Dies hat zur Folge, dass je nach Verwendungsform durch die bereits seit dem 1. Januar 2018 geltende Rechtsänderung bereits zwangsläufig Steuernachzahlungen entstanden sind und diese nunmehr unverzüglich dem Hauptzollamt angezeigt werden müssen. Handlungsbedarf besteht insbesondere in folgenden Anwendungsfällen:

1. Verwendung zur weiteren Herstellung von Klär- und Faulgasen im gleichen Betrieb

Die bisherige Steuerbefreiung nach § 28 EnergieStG war nur noch bis zum 31. Dezember 2017 möglich. Die ab 1. Januar 2018 geltende steuerfreie Verwendung nach § 26 EnergieStG i.V.m. § 59 Nr. 1 EnergieStV setzt eine gesonderte förmliche Erlaubnis als Verwender voraus, welche beim zuständigen Hauptzollamt beantragt werden kann. Da solch eine Bescheinigung nicht rückwirkend ausgestellt wird, ist eine steuerfreie Verwendung vor Erteilung der Erlaubnis nicht möglich. Die bereits erfolgte Verwendung des Gases unterliegt somit der Energiesteuer, wenn zum Zeitpunkt der Verwendung der Klär- und Faulgase im gleichen Betrieb keine entsprechende Bescheinigung vorlag.

2. Verwendungen außerhalb des Herstellungsprozesses

Werden Gasmengen außerhalb des Herstellungsprozesses, zum Beispiel zum Beheizen von Betriebsräumen oder zur Klärschlammtrocknung bzw. thermischen Desinfektion von Klärschlämmen verwendet, sind diese weder nach § 26 EnergieStG, noch nach § 28 EnergieStG von der Steuer befreit. Die Verwendung des Gases unterliegt der Energiesteuer. Die Mengen müssen entsprechend aufgezeichnet und monatlich beim zuständigen Hauptzollamt angemeldet/erklärt werden.

3. Verwendung zur Stromerzeugung

Werden die hergestellten Gase zur Stromerzeugung genutzt, sind diese weiterhin gemäß § 28 EnergieStG steuerfrei. Voraussetzung ist, dass zur Stromerzeugung eine sog. „begünstigte Anlage“ nach § 3 Abs. 1 Satz1 Nr.1 EnergieStG genutzt wird. Zum Begriff der begünstigten Anlage ist sich an der von der Finanzverwaltung am 20. Januar 2014 erlassenen Dienstvorschrift (DV-Energieerzeugung-N09 2014 Nr.29) zu orientieren. Einer amtlichen Genehmigung zur Eingruppierung als „begünstigte Anlage“ bedarf es in diesem Zusammenhang nicht. Bei Nichtvorliegen einer begünstigten Anlage unterliegen die verwendeten Gasmengen der Energiesteuer.

Für weitere Anwendungsfälle hat die Generalzolldirektion am 22. August 2018 eine Grundsatzverfügung erlassen (Gz: V 8230-2018.00008-DIV.A.32 (201800169961)).

Praxishinweis:

Betreiber von Anlagen, bei denen entstandene Klär-, Faul- oder Deponiegase weiterverwendet werden, sollten nunmehr schnellst möglichst prüfen, ob Handlungsbedarf besteht, denn ggf. unterliegt die Verwendung dieser Gase der Energiesteuer bzw. ist seit 1. Januar 2018 erlaubnispflichtig. Wurde eine Steueranmeldung bisher versäumt, sind nachträgliche Steuererklärungen einzureichen und Energiesteuern abzuführen. Die Energiesteuer kann ggf. um einen Entlastungsbetrag gemäß § 47a EnergieStG gemindert werden. Diese staatliche Beihilfe i.S.d. Unionsrechts wird jedoch nur gewährt, wenn sich der Steuerpflichtige im Zeitraum der Verwendung sowie im Zeitpunkt der Antragstellung nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. Dies ist entsprechend nachzuweisen.

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