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BFH: Änderung der Rechtsprechung zur Sperrwirkung nach Artikel 9 Abs. 1 OECD MA und Konkretisierung des Topos des sogenannten Konzernrückhalts

Artikel 9 Abs.1 OECD MA gestattet die Gewinnberichtigung bei inländischen Unternehmen aus Geschäften mit ausländischen verbundenen Unternehmen, sofern die Gewinnänderung aus vereinbarten nicht drittvergleichskonformen Bedingungen resultiert. Die bisherige Rechtsauffassung ging davon aus, dass hierbei regelmäßig Preisanpassungen gemeint sind, wohingegen Korrekturen, beispielsweise eine Ausbuchung einer Darlehensforderung, ausgeschlossen seien (sog. Sperrwirkung).

04.06.2019

Nunmehr wurde höchstrichterlich festgestellt, dass die aus einer Korrektur einer gewinnmindernden Ausbuchung eines unbesicherten Konzerndarlehens nach § 1 Abs. 1 AStG resultierende Korrektur der Einkünfte von der Sperrwirkung des Artikel 9 Abs. 1 OECD MA nicht erfasst wird. Zu diesem Schluss kam der BFH mit Urteil vom 27.02.2019 (Az. I R 73/16) und ändert damit seine bisherige Rechtsprechung.

Im zu beurteilenden Fall unterhielt eine deutsche Muttergesellschaft für ihre belgische Tochtergesellschaft ein nicht besichertes Verrechnungskonto. In wirtschaftlichen Turbulenzen der belgischen Tochtergesellschaft verzichtete die deutsche Muttergesellschaft auf ihre Forderung aus dem Verrechnungskonto und buchte diese gewinnmindernd aus. Im Rahmen einer Betriebsprüfung korrigierte das Finanzamt diese Gewinnminderung auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 AStG. Die vom Steuerpflichtigen dagegen erhobene Klage hatte zunächst Erfolg (Urteil des FG Düsseldorf vom 10.11.2015, Az. 6 K 2095/13 K).

Hintergrund des Urteiles des FG Düsseldorf war unter anderem die bisherige Rechtsprechung des BFH. Bislang ging der BFH für Vorgänge, die einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) unterliegen (hier DBA Deutschland Belgien) davon aus, dass sich Artikel 9 Abs. 1 OECD MA auf sogenannte Preisberichtigungen beschränke, wohingegen Vorgänge wie Teilwertabschreibungen oder die Korrektur der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehensforderung ausgeschlossen sein sollen (sog. Sperrwirkung).

Nunmehr hat der BFH mit seinem Urteil vom 27.02.2019 die bisherige Rechtsprechung geändert und das Urteil des FG Düsseldorf aufgehoben. Der BFH hat entschieden, dass die gewinnmindernde Ausbuchung durch die deutsche GmbH nach § 1 Abs. 1 AStG zu korrigieren ist. In diesem Zusammenhang wird gleichzeitig präzisiert, dass die fehlende Besicherung (auch im Konzernfall!) eine nicht drittübliche Bedingung der Darlehensbeziehung darstellt. Hiermit macht der BFH klar, dass er die fehlende Besicherung bei Konzerndarlehen mit Hinweis auf den so genannten Rückhalt im Konzern und die Verpflichtung zum Einstehen der Muttergesellschaft nicht als üblich betrachtet. Es wird ausgeführt, dass die Üblichkeit der Nichtbesicherung im Konzern dem Topos des sogenannten Konzernrückhaltes nicht entnommen werden kann, da dieser, ohne Hinzutreten einer rechtlichen Verpflichtung für die Rückzahlung des Darlehens einzustehen, lediglich den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen der Unternehmensverflechtung und die Üblichkeit zum Ausdruck bringt, innerhalb eines Konzerns Kreditansprüche nicht wie unter Dritten abzusichern. Ein mit der belgischen Tochtergesellschaft nicht verbundener Kreditgeber hätte auf einer banküblichen Sicherheit bestanden.

Es wird weiterhin, entgegen der früheren BFH-Rechtsprechung, festgestellt, dass eine Beschränkung auf so genannte Preisberichtigungen sich weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des Artikel 9 Abs. 1 OECD MA entnehmen lassen könne. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in diesem Bereich weiter fortentwickelt.

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