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Zur Umsatzsteuerfreiheit eines Stundenhotels oder wann erbringt ein Hotel eine steuerpflichtige Beherbergung?

Das BMF hat kürzlich zur Frage der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Zimmerüberlassung in einem „Stundenhotel“ Stellung genommen und den Umsatzsteueranwendungserlass entsprechend angepasst. Danach ist die halbstündige oder stundenweise Überlassung von Zimmern in einem „Stundenhotel“ keine Beherbergung im Sinne von § 4 Nr. 12 S. 2 UStG und daher umsatzsteuerfrei.

I. Hintergrund

Das aktuelle BMF-Schreiben basiert auf einem Urteil des BFH (V R 30/14). Im entschiedenen Fall mieteten die Hotelgäste Zimmer für eine halbe Stunde oder auch länger und empfingen darin Prostituierte aus der in der Gegend des Hotels üblichen Straßenprostitution. Finanzamt und FG Hamburg gingen von der Steuerpflicht der Umsätze aus. Die Entgelte für die Zimmerüberlassung unterwarfen sie dem Regelsteuersatz (19 %), weil für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (7 %) erforderlich sei, dass dem Hotelgast die entgeltliche Zimmernutzung für mindestens eine Übernachtung eingeräumt werde.

Hingegen verneint der BFH bereits das Vorliegen steuerpflichtiger Vermietungsleistungen und stellt fest, dass die Vermietung von Räumlichkeiten in Verbindung mit sexuellen Dienstleistungen

  • entweder steuerfrei (wie im Besprechungsfall) oder
  • bei – wirksamer Option zur Steuerpflicht – dem Regelsteuersatz

unterliegt.

1. Grundsatz: Vermietung unabhängig von Nutzungsdauer = steuerfrei

Grundsätzlich sind Vermietungsleistungen steuerfrei, § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG. Wesentliches Merkmal einer steuerfreien Vermietung ist nach Auffassung des BFH, dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht einzuräumen,

  • die Räumlichkeiten so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und
  • jede andere Person von diesem Recht auszuschließen.

2. Ausnahmen: Vermietung = steuerpflichtig

Von der grundsätzlich steuerfreien Vermietung gibt es jedoch insbesondere folgende zwei Ausnahmen:

a) Kurzfristige Beherbergung

Steuerpflichtig ist zum einen die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden, vgl. § 4 Nr. 12 Buchst. a S. 2 UStG.

Nach Auffassung des BFH ist eine Beherbergung nur dann anzunehmen, wenn der Schwerpunkt der Leistung in der Überlassung zu Wohn- oder Schlafzwecken liegt. Geht es hingegen vordergründig um die

„Einräumung der Möglichkeit, in den Räumen sexuelle Dienstleistungen zu erbringen bzw. – wie im Streitfall – zu konsumieren, fehlt es an der Beherbergung.“

b) Wirksame Option zur Steuerpflicht

Zum anderen ist die Vermietung steuerpflichtig, wenn der Unternehmer hierzu wirksam optiert (vgl. § 9 UStG). Eine wirksame Option zur Steuerpflicht der Vermietung setzt voraus, dass

  • der Hotelgast selbst ein Unternehmer ist,
  • der die Vermietungsleistungen für sein Unternehmen bezieht und
  • der die bezogene Vermietungsleistung seinerseits nicht für sog. vorsteuerschädliche Ausgangsumsätze (insbesondere steuerfreie Umsätze) verwendet.

3. 7 % oder 19 % USt?

Handelt es sich nach diesen Grundsätzen um eine steuerpflichtige Vermietung, findet entweder der ermäßigte Steuersatz (aktuell: 7 %) oder, wenn die Voraussetzungen für eine Ermäßigung nicht vorliegen, der Regelsteuersatz (aktuell: 19 %) Anwendung.

Ermäßigt zu besteuern ist u. a. die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden, § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG. Damit stellt das Gesetz für die Frage des ermäßigten Steuersatzes auf denselben Wortlaut ab wie bei der Frage der Ausnahme von der Steuerbefreiung. Beide Normen werden daher vom BFH einheitlich ausgelegt.

II. Auswirkungen auf die Praxis

Bisher kam es für die Frage steuerfreie oder steuerpflichtige Vermietung entscheidend auf das Merkmal der „Kurzfristigkeit“ an. Wohnraumvermietungen bis zu sechs Monaten waren steuerpflichtig, solche über sechs Monate steuerfrei. Das Merkmal der „Beherbergung“ spielte hingegen an dieser Stelle keine wesentliche Rolle und blieb in der Rechtsprechung begrifflich unscharf. Aus Sicht der Finanzverwaltung prägen – für die Frage des ermäßigten Steuersatzes – eine Beherbergung beispielsweise folgende Leistungsbestandteile:

  • Überlassung von möblierten und mit anderen Einrichtungsgegenständen (z. B. Fernsehgerät, Radio, Telefon, Zimmersafe),
  • Stromanschluss,
  • Überlassung von Bettwäsche, Handtüchern und Bademänteln
  • Reinigung der gemieteten Räume.

All diese Voraussetzungen waren auch im Streitfall gegeben. Allerdings stellen BFH und Finanzverwaltung nunmehr weniger auf diesen tatsächlichen Leistungsinhalt, als vielmehr auf das Motiv der Überlassung von Zimmern ab. Die Absichten des Zimmermieters oder dessen tatsächliches Verhalten rücken damit für die Frage der Steuerpflicht einer Vermietungsleistung in den Vordergrund.

Fälle der stundenweisen Überlassung von Hotelzimmern gibt es viele. Zu denken ist etwa an Tageszimmer für Geschäftsreisende oder Tagungsreferenten, die tagsüber im Tagungshotel ein Zimmer zur Vorbereitung auf ihre Beiträge nutzen. Dass diese Fälle nicht als Beherbergung im Sinne der Rückausnahme von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Buchst. a S. 2 UStG angesehen werden sollten, kann – nach der neueren Rechtsprechung – nicht ernsthaft bezweifelt werden. Sofern nicht wirksam zur Steuerpflicht optiert wird, sollten demgemäß in der Regel steuerfreie Vermietungsumsätze vorliegen.

Steuerpflichtig mit 7 % USt sollten demgegenüber diejenigen Umsätze sein, die etwa auch im Rahmen von Tageszimmer-Angeboten der Beherbergung, d. h. Wohn- und Schlafzwecken dienen, beispielsweise im Fall der Vermietung von Piloten während eines Layovers.

Inzwischen gibt es einige Online-Anbieter, die sich auf Tageszimmer bzw. die stundenweise Überlassung von Zimmern spezialisiert haben. Je nachdem, zu welchem Zweck die Tageszimmer dem Gast überlassen werden (z. B. Erholung, Ort für ungestörten Sex oder Ausübung eines Gewerbes), kommen somit unterschiedliche Steuersätze in Betracht.

Salopp formuliert lautet die Frage für die Vermietung von Räumlichkeiten (z. B. Hotelzimmern) somit 0 %, 7 % oder 19 % Umsatzsteuer? Maßgebend für die Beurteilung ist nach Auffassung des BFH, der sich die Finanzverwaltung in ihrem BMF-Schreiben angeschlossen hat, ob die Räumlichkeiten

  • Wohn- und Schlafzwecken (dann in der Regel steuerpflichtige 7%-Beherbergung)

oder

  • anderen Zwecken (dann in der Regel steuerfreie Vermietung, ggf. mit Optionsmöglichkeit zur 19%igen Steuerpflicht)

dienen. Gegebenenfalls ergeben sich hieraus Gestaltungsmöglichkeiten zur Kalkulation entsprechender Zimmerraten, sofern diese wirtschaftlich begründet werden können.

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