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Arbeitnehmer beleidigt seinen Vorgesetzen auf Facebook - fristlose bzw. ordentliche verhaltensbedingte Kündigung wirksam?

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer beschwerte sich auf seiner Facebook-Pinnwand, die alle Facebook-„Freunde“ des Arbeitnehmers einsehen konnten, unter anderem folgendermaßen über seinen Vorgesetzten: „(…) Habe mich über diesen scheiss V. geärgert hat mir zwei abmahnungen gegeben innerhalb von drei monaten wegen rauigkeit. Diesen kleinen scheisshaufen mache ich kaputt, werde mich beschweren über diesen wixxer bin 32jahre hier dabei und so ein faules schwein der noch nie gearbeitet hat in seinem scheissleben gibt mir zwei abmahnungen, da hat er sich im falschen verguckt diese drecksau naja sag mal bis bald“ Der Arbeitgeber kündigte dem 52-jährigen Kläger, der seit fast 32 Jahren bei ihm beschäftigt gewesen war, fristlos und hilfsweise mit ordentlicher Kündigungsfrist. Hiergegen richtete sich die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers.

Das ArbG Hagen entschied den erst kürzlich veröffentlichten Fall folgendermaßen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG könnten diffamierende und ehrverletzende Äußerungen über Vorgesetzte und Kollegen in vertraulichen Gesprächen unter Arbeitskollegen unter bestimmten Umständen eine (außerordentliche) Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht rechtfertigen – denn der Arbeitnehmer dürfe in solchen Fällen regelmäßig darauf vertrauen, dass seine Äußerungen nicht nach außen getragen würden. Das ArbG Hagen sah hier jedoch in den Äußerungen des Klägers einen zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden, „wichtigen Grund“. Der Kläger habe seine beleidigenden Äußerungen über seinen Vorgesetzten gerade nicht vertraulich „unter vier Augen“, sondern quasi betriebsöffentlich, vergleichbar einem Aushang am „Schwarzen Brett“ kundgetan: Von den 70 Facebook-„Freunden“ des Klägers, die Zugriff auf die Facebook-Pinnwand des Klägers hatten, waren 36 zum Zeitpunkt der getätigten Äußerung bei der Beklagten beschäftigt. Letztlich hielt das ArbG Hagen die außerordentliche Kündigung aber mit Blick auf das fortgeschrittene Alter des Klägers (52 Jahre) und die damit einhergehende schwierige Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt sowie dessen lange Betriebszugehörigkeit (fast 32 Jahre) für unangemessen. Die hilfsweise ausgesprochene verhaltensbedingte ordentliche Kündigung hingegen hielt es auch ohne vorherige Abmahnung des Klägers für wirksam.

Das ArbG Hagen überträgt die Rechtsprechung des BAG zur Wirksamkeit von Kündigungen bei diffamierenden und ehrverletzenden Äußerungen über Vorgesetzte und Kollegen in der realen Welt auf die Fälle von derartigen beleidigenden Äußerungen auf Facebook. Dies wirft die Frage auf, ob und unter welchen Voraussetzungen Äußerungen auf Facebook überhaupt vertraulich und damit vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützt sind. Eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu steht noch aus. Untergerichtlich ist Facebook bereits – anders als in der besprochenen Entscheidung – generell als nicht vertraulicher Raum eingestuft worden (vgl. VG Ansbach, 16. Januar 2012, AN 14 K 11.02132).

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