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Zuwendungsbescheid unklar: Keine Rückforderung bei Vergabeverstößen!

Das Verwaltungsgericht Köln hat in einer aktuellen Entscheidung klargestellt, dass die Rückforderung einer gewährten und ausgezahlten Zuwendung wegen Vergabeverstößen voraussetzt, dass der Zuwendungsbescheid Vorgaben zur Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen enthalten muss. Etwaige Unklarheiten im Zuwendungsbescheid gehen zu Lasten des Fördermittelgebers.

21.07.2023
Vergaberecht
Sachverhalt

Ein (privater) Fördermittelempfänger erhielt eine Zuwendung für die Sanierung seiner Mutter-Kind-Klinik. In dem Zuwendungsbescheid war die Anwendung der allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen für Projektförderungen (ANBest-P) zwingend vorgeschrieben.

Im Vorfeld der Maßnahme wurde auf die Möglichkeit der erleichterten Vergabe des Konjunkturpakets II hingewiesen. Die Anwendung dieser Verfahrenserleichterungen sollte nur dann gegeben sein, wenn Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, die ihre Eignung durch eine Eintragung in die Präqualifizierungsliste nachgewiesen haben. Hierüber gab es im Vorfeld Schriftverkehr per E-Mail. Einen konkreten Hinweis hierauf enthielt der Zuwendungsbescheid aber nicht.

Der Fördermittelgeber prüfte die Verwendungsnachweise und stellte hierbei fest, dass für einzelne Teilleistungen ein Unternehmen im Rahmen der beschränkten Ausschreibung beauftragt wurde, obwohl dieses zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe nicht in der Präqualifizierungsliste aufgenommen war.

Letztlich wertete der Fördermittelgeber diese Beauftragung als einen schwerwiegenden Vergabeverstoß. Der Zuwendungsempfänger habe die notwendigen Vorgaben des Konjunkturpakets II missachtet, da eine hinreichende Anzahl an qualifizierten Unternehmen vorhanden gewesen sei. Letztlich erließ der Fördermittelgeber einen Erstattungs- und Zinsbescheid, mit dem er insgesamt einen Betrag in Höhe von EUR 188.798,20 zurückforderte.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Zuwendungsempfänger Klage vor dem Verwaltungsgericht.

Entscheidung

Das Verwaltungsgericht gab der Klage vollumfänglich statt.

Das Gericht urteilte, dass der Zuwendungsbescheid keine hinreichenden Verpflichtungen des Klägers enthalten habe, die Vorgaben des Präqualifizierungserlasses zu beachten. Eine solche Verpflichtung ließe sich auch nicht im Wege der Auslegung der allgemeinen Nebenbestimmungen entnehmen.

Wörtlich führte das Gericht aus:

„Soweit in einem Zuwendungsbescheid Vorgaben zur Einhaltung vergaberechtlicher Bestimmungen getroffen werden, ist diesbezüglich ein strenger Maßstab anzulegen. Denn angesichts der Fülle vergaberechtlichen Vorschriften, der vielfältigen Anwendungsprobleme selbst für öffentliche Vergabestellen sowie mangels einer bei Zuwendungsempfängern regelmäßig nicht gegebenen Vertrautheit mit den Vorgaben des Vergaberechts, ist es für einen privatrechtlichen Zuwendungsempfänger von besonderer Bedeutung, dass er eindeutig und unmissverständlich nachvollziehen kann, und inwieweit er den Vorgaben des Vergaberechts unterworfen wird.“ I

Das Gericht hatte ferner festgestellt, dass sich weder in dem geführten Schriftverkehr, noch in der zwischen den Beteiligten geführten E-Mail-Korrespondenz hinreichend eine rechtsverbindliche Verpflichtung des Klägers zur Beachtung des Präqualifizierungserlasses ergeben habe.

Letztlich hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass unter Berücksichtigung aller Umstände ein objektiver Empfänger nicht davon ausgehen musste, dass der Fördermittelgeber auf die Einhaltung der übrigen Regelungen des Konjunkturpakets II und insbesondere des Präqualifizierungserlasses bestehen würde.

Im Ergebnis hat das Gericht festgestellt, dass der Zuwendungsempfänger objektiv nicht gegen ihm auferlegte zuwendungsrechtliche Vorgaben verstoßen hat.

VG Köln, Urteil vom 3. März 2023 – 16 K 2955/20

Ausblick

Das Urteil des VG Köln ist zu begrüßen. Es macht unmissverständlich deutlich, dass der Fördermittelgeber im Zuwendungsbescheid eindeutige Vorgaben zur Anwendung des Vergaberechts treffen muss. Das gilt insbesondere dann, wenn privatrechtliche Fördermittelempfänger betroffen sind. Denn diese sind regelmäßig nicht mit den besonderen Regelungen des Vergaberechts vertraut.

Aber auch im Übrigen gilt, dass die Anforderungen klar kommuniziert werden müssen. Erfolgt dies nicht, können hieraus keine nachteiligen Folgen für den Zuwendungsempfänger gezogen werden. Dieser muss sich auf den Zuwendungsbescheid und die miteinbezogenen Nebenbestimmungen verlassen können.

Für die Praxis bedeutet das zugleich, dass nicht jeder Vergabeverstoß zu einer Kürzung der bewilligten Mittel führen muss. Es ist stets zu prüfen, ob diejenigen Regelungen, die der Fördermittelgeber im Zusammenhang mit der Verwendungsnachweisprüfung beanstandet, auch tatsächlich wirksam einbezogen sind. Nur dann kann sich der Zuwendungsgeber auf die behaupteten Verstöße berufen.

Daneben verbleibt es aber dabei, dass nur „schwerwiegende Vergabeverstöße“ auch tatsächlich eine Kürzung der Bewilligung bzw. eine Rückforderung rechtfertigen können.

Gern unterstützen wir Sie bei der Prüfung etwaiger Teilwiderruf- und Rückforderungsbescheide aber auch bei allen anderen Fragen rund um das Vergaberecht.

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Lars Mörchen
Lars Mörchen

Senior Associate, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht

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