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Neues zur Besteuerung von B2B-Veranstaltungen

Nach jüngster Entscheidung des EuGH werden Veranstaltungen wie Seminare, Konferenzen oder Messen im B2B-Geschäft – entgegen der Ansicht der deutschen Finanzverwaltung unabhängig von einer Zugangsbeschränkung – am Veranstaltungsort besteuert (EuGH-Urteil vom 13. März 2019, C-647/17).

13.03.2019

I. Urteil des EuGH

Konkret geht es um die Bestimmung des umsatzsteuerlichen Leistungsorts eines fünftägigen Buchhaltungslehrgangs außerhalb Schwedens, aber innerhalb der EU, der von einem schwedischen Berufsverband für in Schweden ansässige Unternehmer veranstaltet wird. Das vorlegende Gericht fragt, ob der Fortbildungslehrgang nach der Spezialvorschrift des Art. 53 MwStSystRL am Veranstaltungsort oder – sofern die Voraussetzungen der Spezialvorschrift nicht erfüllt sind – nach der allgemeinen B2B-Regel des Art. 44 MwStSystRL am Ort des Leistungsempfängers zu besteuern ist.

Der EuGH war zum ersten Mal aufgerufen, den sachlichen Anwendungsbereich bezogen auf „die Eintrittsberechtigungen zu Veranstaltungen“ i. S. d. Art. 53 MwStSystRL zu definieren. Art. 53 MwStSystRL sieht den Veranstaltungsort als Leistungsort u.a. für Dienstleistungen an einen Unternehmer „betreffend die Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen des Unterrichts“ vor. Hierunter fallen nach Auffassung des Gerichts Eintrittsberechtigungen für die im Sachverhalt strittigen Lehrgänge der Klägerin, unabhängig davon,

  • ob die Dienstleistung die Anmeldung und Bezahlung im Voraus erfordert,
  • ob die Dienstleistung nur einer bestimmten Gruppe oder der Allgemeinheit angeboten wird oder
  • ob die Besteuerung in einem anderen Mitgliedsstaat zu zusätzlichen Verwaltungslasten für den Leistenden führt.

Denn derartige Kriterien sind der Vorschrift nicht zu entnehmen.

II. Status Quo – abweichende Auffassung der deutschen Finanzverwaltung

In Deutschland ist Art. 53 MwStSystRL in § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG umgesetzt. Entgegen des Urteils des EuGH und entgegen des Wortlautes wendet die Finanzverwaltung die Vorschrift nur bei Eintrittsberechtigungen für Veranstaltungen an, die der Allgemeinheit offenstehen (Abschn. 3a.6. Abs. 13 S. 3 Nr. 3 UStAE). Fortbildungen mit Teilnahmebeschränkungen, wie Inhouse-Schulungen für eigene Mitarbeiter oder der Buchhaltungslehrgang im EuGH-Verfahren, seien demnach gemäß § 3a Abs. 2 UStG am Sitz des Leistungsempfängers steuerbar.

III. Auswirkungen auf die Praxis

Vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH ist die derzeitige Auffassung der Finanzverwaltung (Abstellen auf eine Zugangsbeschränkung) nicht haltbar. Ob die Finanzverwaltung künftig für Seminare, Fortbildungen oder Konferenzen unabhängig von einer Zutrittsbeschränkung stets den Veranstaltungsort als Leistungsort bestimmt, bleibt abzuwarten.

Bedauerlicherweise geht der EuGH in seinem Urteil nicht auf das interessante Beispiel von B2B-Veranstaltungen aus dem Schlussantrag der Generalanwältin, Frau Sharpston, ein. Nach Auffassung der Generalanwältin falle nämlich ein Veranstaltungspaket, bei dem der Eintritt zu einer Veranstaltung nur einer von mehreren Bestandteilen und daher nicht wesentlich sei, unter die Regelungen des Art. 44 MwStSystRL. Werden etwa neben der Teilnahme an einer Fortbildungskonferenz auch Verpflegung, Unterbringung und Besichtigung verschiedener Sehenswürdigkeiten organisiert, solle diese Dienstleistung insgesamt nach der allgemeinen B2B-Regel am Empfängerort zu besteuern sein. Dagegen wird die hier in Betracht kommende Margenbesteuerung (Art. 306 ff. MwStSystRL), die seit September 2013 nach der sog. TOMS-Rechtsprechung des EuGH auch in B2B-Fällen Anwendung finden muss, im Schlussantrag an keiner Stelle erwähnt. Dies ist umso bemerkenswerter, als die Generalanwältin auch in diesen Fällen 2013 als Generalanwältin fungierte.

Eine Bestätigung dieser Aussage hätte für MICE-Unternehmer eine Erleichterung bedeutet; leider bleibt hier nun das Risiko der Margensteuer auch für B2B bestehen.

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