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Leistungsprinzip, Chancengleichheit und maßgeblicher Zeitpunkt – Was gilt bei einer dienstrechtlichen Auswahlentscheidung?

Im Rahmen einer dienstrechtlichen Auswahlentscheidung ist allein die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung maßgeblich. Der Bewerbungsverfahrensanspruch gewährt den Beamtinnen und Beamten in einem Auswahlverfahren nicht nur einen Anspruch auf leistungsgerechte Auswahl, sondern auch auf chancengleiche Behandlung.

21.05.2024
Verwaltungsrecht
1. Hintergrund

Der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hatte sich jüngst mit der Frage zu beschäftigen, bis zu welchem Zeitpunkt Änderungen der Sach- und Rechtslage bei einer dienstrechtlichen Auswahlentscheidung zu berücksichtigen sind. Weiterhin hatte es darüber zu entscheiden, ob der Bewerbungsverfahrensanspruch den Dienstherrn neben einer leistungsgerechten Auswahl auch zur chancengleichen Behandlung aller Bewerber im Verfahren verpflichtet (Beschluss vom 26. März 2024, AZ: 2 VR 10.23).

Das Verfahren betraf die Vergabe eines höherwertigen Dienstpostens beim Bundesnachrichtendienst (BND). Die Antragstellerin wendete sie sich gegen die Besetzung dieses Dienstpostens mit einer anderen Bewerberin.

Der BND forderte im konstitutiven Anforderungsprofil der Ausschreibung des Dienstpostens einerseits die Bewährung in einer bestimmten praktischen Tätigkeit der Bewerberinnen und Bewerber und andererseits besondere Fremdsprachenkenntnisse. Die Antragstellerin machte geltend, die ausgewählte Bewerberin habe die erforderliche Sprachprüfung erst nachträglich bestanden und in ihrer vorangegangenen Verwendung habe sie nicht die geforderten praktischen Tätigkeiten ausgeübt.

Allein die vom BND ausgewählte Bewerberin wies die Spitzennote in der aktuellen Regelbeurteilung auf und wurde deshalb als einzige Bewerberin in den engeren Bewerberkreis ermittelt. Innerhalb des noch laufenden Bewerbungsverfahrens wurde der später ausgewählten Bewerberin, welche einen älteren Sprachtest vorgelegt hatte, mit Hinweis darauf, dass die Anerkennung der Fremdsprachenkenntnisse nur erfolgen könne, wenn diese innerhalb der letzten drei Jahre nachgewiesen wurden, die Möglichkeit eröffnet, einen aktuellen Test nachzureichen. Einen entsprechenden Test absolvierte sie erfolgreich, woraufhin die Auswahlentscheidung zu ihren Gunsten getroffen wurde.

2. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Das Bundesverwaltungsgericht gab dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz statt. Die Auswahlentscheidung war rechtswidrig, denn die ausgewählte Bewerberin hätte nicht in das Auswahlverfahren einbezogen werden dürfen.

Die nachträglich nachgewiesenen Fremdsprachenkenntnisse führten nicht zur Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung. Für die Frage, ob eine beamtenrechtliche Auswahlentscheidung die Rechte einer Antragstellerin / eines Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt, ist allein die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung maßgeblich. Vorliegend war die Auswahlentscheidung mit Fertigung des Auswahlvermerks noch nicht getroffen. Den Abschluss des Auswahlverfahrens bringt die Behörde erst durch die Bekanntgabe der ausgewählten Person verbunden mit der ablehnenden Bescheidung der weiteren Bewerber in der sog. Konkurrentenmitteilung zum Ausdruck.

Der Grundsatz der Chancengleichheit verbietet jede Bevorzugung einer Bewerberin / eines Bewerbers, weil sich diese auf die Erfolgsaussichten der Bewerbungen anderer auswirkt. Allerdings lag in der Anforderung der Vorlage einer aktualisierten Sprachprüfung keine Bevorzugung der ausgewählten Bewerberin, weil im Anforderungsprofil lediglich Englischkenntnisse entsprechend SLP 2 gefordert waren, den die Bewerberin vorweisen konnte und nicht die Vorlage eines aktuellen Testergebnisses.

Wiederholt stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Auswahlentscheidung rechtswidrig ist, wenn Bewerber ausgeschlossen werden, die den besonderen Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens nicht entsprechen. Anknüpfungspunkt der Auswahlentscheidung ist das statusrechtliche Amt und nicht die Funktionsbeschreibung des ausgeschriebenen Dienstpostens. Nur wenn zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten zur Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens erforderlich sind, die der Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich auch nicht in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung verschaffen kann, kann ausnahmsweise ein konstitutives Anforderungsprofil mit Anforderungen, die der Dienstposten verlangt, festgelegt werden. Das war vorliegend zwar erfüllt, die ausgewählte Bewerberin erfüllte diese Anforderungen allerdings nicht.

3. Praxistipp

Im Rahmen der Ausschreibung höherwertiger Dienstposten ist zu differenzieren, welche Anforderungen das statusrechtliche Amt mit sich bringt und welche der Dienstposten. Entscheidet sich die Behörde dazu, konstitutive Anforderungen in der Ausschreibung aufzustellen, die über die Laufbahnbefähigung des statusrechtlichen Amtes hinausgehen, muss kritisch geprüft werden, ob diese zulässig sind.

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Nicole Jochheim
Nicole Jochheim

Senior Associate, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Verwaltungsrecht, Fachanwältin für Sozialrecht

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