Das nunmehr veröffentlichte Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 14. Februar 2017 (6 K 6104/15) wird viele Wasserversorger in Deutschland erfreuen. Das FG Berlin-Brandenburg widerspricht der Rechtsansicht des Finanzamtes, das die Grundwasserentnahmeentgelte bisher als Konzession i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG einstufte und folglich von einer Hinzurechnung für gewerbesteuerliche Zwecke ausging. Die Entscheidung hat große Bedeutung, da Grundwasserentnahmeentgelte fast flächendeckend erhoben werden und das FG darüber hinaus festgestellt hat, dass die zur Erfüllung von Pflichtaufgaben im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Daseinsvorsorge notwendigen Befugnisse keine Immaterialgüterrechte i.S.v. § 8 Nr. 1 Buchts. f GewStG darstellen. Wir verweisen hierzu auf unseren kritischen Newsbeitrag vom 3. August 2016.
Im entschiedenen Fall war eine juristische Person des öffentlichen Rechts in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts u.a. mit der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe der Wasserversorgung in Berlin betraut. Das Land Berlin ist alleiniger Träger der AöR. Die Klägerin betreibt Wasserwerke zur Gewinnung von Trinkwasser aus dem Grundwasser. Die Klägerin ist verpflichtet, an das Land Berlin ein Grundwasserentnahmeentgelt zu entrichten, das sich nach der Menge des entnommenen Grundwassers richtet (§ 13a BerlWassG). Zudem befinden sich die Trinkwasserrohre der Klägerin teilweise unter öffentlichem Straßenland Berlins. Dadurch ist das Land Berlin berechtigt, Sondernutzungsgebühren zu erheben (§ 11 BerlStrG). Das Finanzamt hat 25% der gezahlten Grundwasserentnahmeentgelte sowie der Straßennutzungssonderentgelte gewerbesteuerlich hinzugerechnet.
I. Einzelheiten des Urteils in Kürze
Zur Begründung führt das FG Berlin-Brandenburg Folgendes an:
- Das Grundwasserentnahmeentgelt ist nicht Gegenleistung für die befristete Überlassung des subjektiven immateriellen Rechts auf Grundwassernutzung, sondern Gegenleistung für die (endgültige) Entnahme der tatsächlich geförderten Wassermenge als körperlichen Gegenstand.
- Die zur Erfüllung von Pflichtaufgaben im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Daseinsvorsorge notwendigen Befugnisse stellen keine Immaterialgüterrechte gemäß § 8 Nr. 1 Buchts. f GewStG dar und zwar unabhängig von der Rechtsform des Leistungserbringers.
- Die Wasserentnahmeberechtigung stellt auch deshalb kein Recht i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG dar, weil der Klägerin keine Rechtsposition mit Abwehrrechten gegenüber Dritten oder gegenüber dem Land Berlin eingeräumt werden. Die Entnahme von Grundwasser richtet sich allein nach wasserrechtlichen Kriterien (Vorschriften des WHG und des BerlWassG).
- Um der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG zu unterliegen, müssten die Aufwendungen dafür geleistet werden, dass das Recht auch in Zukunft weiterhin berechtigterweise überlassen wird und dies die Fortführung der entsprechenden betrieblichen Betätigung sicherstellt.
- Die Straßennutzungssonderentgelte beruhen ebenfalls nicht auf einer befristeten Überlassung eines immateriellen Rechts. Zum einen ist die Sondernutzungserlaubnis nach § 12 Abs. 3 BerlStrG unbefristet und auf Widerruf zu erteilen und zum anderen dient das von der Klägerin zu zahlende Entgelt vielmehr lediglich der Abgeltung der Nutzung der vorhandenen Infrastruktur und beruht unmittelbar auf § 11 BerlStrG. Ein vergleichbarer Fall zur Konzessionsabgabe der Energieversorger für die Nutzung öffentlicher Verkehrsflächen liegt indes im Streitfall nicht vor.
II. Auswirkungen auf die Praxis
Wir empfehlen allen Wasserversorgern, die noch offenen Veranlagungen zur Gewerbesteuer dahingehend zu überprüfen, ob die o.g. Entgelte nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG gewerbesteuerlich hinzugerechnet worden sind. Ggf. sind die Veranlagungen zu korrigieren.
Für Rückfragen und Informationen stehen wir Ihnen jederzeit sehr gern zur Verfügung.
Ihre Ansprechpartner:
Dr. Ralph Bartmuß, Rechtsanwalt, Steuerberater
Cindy Budnick, Steuerberaterin