Am 26. September 2013 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in insgesamt acht Vertragsverletzungsverfahren zur Margenbesteuerung von Reiseleistungen Urteile gefällt, die weitreichende Folgen auch für die Margenbesteuerung in Deutschland haben können:
Dies betrifft zum einen die Feststellung, dass die Margenbesteuerung auch auf das B2B-Geschäft anzuwenden ist (sog. „Kundenmaxime“). Demgemäß verstößt eine Vorschrift, die, wie die deutsche Regelung des § 25 UStG, die Margenbesteuerung nur für das B2C-Geschäft (sog. „Reisenden-Maxime“) vorsieht, gegen das Unionsrecht.
Zur Begründung führt der EuGH aus, dass die Ziele der Mehrwertsteuer-Sonderregelung mit der Kundenmaxime besser zu erreichen seien. Sie lasse Reiseveranstalter nämlich unabhängig von der Art des Kunden, dem sie ihre Leistungen erbringen, vereinfachte Regeln zugutekommen und fördere zugleich eine angemessene Aufteilung der Steuereinkünfte zwischen den Mitgliedstaaten. Zudem habe der Gerichtshof den Begriff „Reisender“ bereits ausgelegt, wobei er ihm einen weiteren Sinn zugeschrieben habe als dem Begriff des Endverbrauchers. Die Auslegung der entsprechenden Bestimmungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Art. 306 bis 310 MwStSystRL) ergebe daher, dass die Sonderregelung nicht auf den Verkauf von Reisen an Reisende beschränkt sei.
Unzulässigkeit der Gruppen- oder Gesamtmarge:
Zudem stellt der EuGH im Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien fest, dass die spanischen Vorschriften, nach denen die Steuerbemessungsgrundlage Marge für einen bestimmten Besteuerungszeitraum pauschal als Handelsspanne für alle Reiseleistungen in diesem Zeitraumermittelt werden können, keine Rechtsgrundlage in der Richtlinie fänden. Eine pauschale Ermittlung sehe die Mehrwertsteuersystemrichtlinie nur für bestimmte Bereiche vor (vgl. Art. 318 MwStSystRL), zu denen derjenige der Reiseveranstalter nicht gehöre (vgl. Art 308 MwStSystRL). Daher müsse auf jede einheitliche Dienstleistung des Veranstalters Bezug genommen werden.
Der EuGH bestätigt damit, dass das höherrangige EU-Recht für den Reisebereich nur die Bildung von Einzelmargen vorsieht. Daher spricht vieles dafür, dass auch das in Deutschland verfahrensvereinfachend vorgesehene Wahlrecht zur Bildung von Gruppen- und Gesamtmargen (§ 25 Abs. 3 S. 3 UStG), nicht von der Mehrwertsteuersystemrichtlinie gedeckt ist.
Der deutsche Gesetzgeber wird daher unter Berücksichtigung von Vertrauensschutzaspekten und Einräumung von Übergangsregelungen Konsequenzen aus den Urteilen des EuGH ziehen müssen. Über aktuelle Entwicklungen informieren wir Sie gern. Angesichts des insbesondere mit der transaktionsbezogenen Margenbesteuerung verbundenen Aufwands empfiehlt sich eine frühzeitige Prüfung der insofern bestehenden Abrechnungsmöglichkeiten. Dabei unterstützen wir Sie gern.
Gern übersenden wir Ihnen das im Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien ergangene Urteil des EuGH vom 26. September 2013 (i.d.R. C-189/11) im Volltext.
Ansprechpartner:
Ines Kanitz, Steuerberater
Sören Münch, Steuerberater