Fachnews
EuGH zur Kleinunternehmerregelung: maßgeblich ist Gesamtumsatz, nicht die Handelsspanne

Mit seinem Urteil vom 29. Juli 2019 (C-388/18) beantwortet der EuGH die Vorlagefrage des BFH (Beschluss vom 7. Februar 2018, XI R 7/16 unser Newsbeitrag vom 28. Juni 2018), ob für die Anwendung der Kleinunternehmerreglung in Fällen der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG auf die Handelspanne oder auf das vereinnahmte Entgelt abzustellen ist.

29.08.2019

Gesamtbetrag ohne Mehrwertsteuer der besteuerten Lieferungen und Leistungen maßgebend

Nach Auffassung des Gerichts ermittelt sich der maßgebende Umsatz i. S. d. Kleinunternehmerreglung schon nach dem Wortlaut des Artikel 288 Satz 1 Nr. 1 MwStSystRL aus dem Gesamtbetrag ohne Mehrwertsteuer der besteuerten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen. Das Wort „besteuert“ beziehe sich dabei nicht auf das Wort „Betrag“, sondern auf „Lieferungen“ und „Leistungen“. Dies sei auch bei Wiederverkäufern der Fall, da die Lieferungen nach einer Sonderregelung besteuert würden.

Kein Abstellen auf die Handelsspanne

Aus der wörtlichen Auslegung folgt damit, dass der maßgebende Umsatz nicht die Handelspanne darstellt. Es handle sich bei den beiden Regelungen um zwei voneinander unabhängige autonome Sonderregelungen. Die vom Wiederverkäufer erzielte Differenz (Handelsspanne) hat demnach keinen Einfluss darauf, wie der Begriff des Umsatzes i. S. d. Kleinunternehmerreglung auszulegen ist.

Weiterhin steht diese Auslegung des Gerichts auch im Einklang mit der Entstehungsgeschichte und Zielsetzung der Sonderreglung, denn diese soll in erste Linie der Verwaltungsvereinfachung für Gründungen und Tätigkeiten von Kleinunternehmen dienen sowie diese fördern und deren Wettbewerbsfähigkeit stärken. Würde auf die Handelsspanne abgestellt werden, könnten auch Unternehmen mit hohen Umsätzen, aber geringen Margen unter die Sonderreglung fallen und von einem ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil profitieren.

Praxishinweis

Zu Ungunsten des Steuerpflichtigen bestätigt das Urteil des EuGH die in Deutschland angewandte Verwaltungspraxis (Abschnitt 19.3 Abs. 1 S. 5 UStAE). Auch zukünftig bemisst sich der Umsatz i. S. d. Kleinunternehmerregelung nach dem vereinnahmten Entgelt.

Dieses Urteil findet auch auf die Besteuerung von Reiseleistungen (§ 25 UStG) entsprechende Anwendung. Aufgrund der vergleichsweisen hohen Umsätze, aber geringen Margen in der Reisebranche, ist die Kleinunternehmerreglung daher nur in den seltensten Fällen anwendbar.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

Wir beraten persönlich

Ihre Ansprechpartner
Ines Kanitz
Ines Kanitz

Partnerin, Steuerberater

Dr. Kerstin Desens
Dr. Kerstin Desens

Senior Associate, Rechtsanwältin

eureos Infoservice

Wir behalten den Überblick für Sie: Mit unserem multidisziplinären Newsletter informieren wir Sie einmal monatlich über aktuelle Fachthemen und senden Ihnen Einladungen zu unseren Fach- und Netzwerkveranstaltungen.

Jetzt anmelden