Das BMF plant mit einem neuen Schreiben mit Wirkung bereits ab 1. Januar 2022 eine Umstrukturierung bezüglich der Tankkartenumsätze. Ziel ist, Tankkartenumsätze künftig als Kreditgewährleistungen zu qualifizieren. Die Umstrukturierung hat zur Folge, dass die branchenübliche Annahme von Tankkartenumsätzen als Reihengeschäfte gekippt wird.
1. Hintergrund
Bisher werden Tankkartenumsätze als umsatzsteuerliche Reihengeschäfte abgewickelt. Mineralölgesellschaften rechnen dabei ihre Warenbezüge an den Kartenemittenten ab, der wiederum seine eigene Lieferung an seinen Kartenkunden abrechnet.
Grundlage für den neuen BMF-Entwurf bildet das Urteil des EuGH vom 6. Februar 2003 in der Rs. Auto Lease Holland (C-185/01). Kernaussage dieser Entscheidung ist, dass Tankstellen bei der Abgabe von Kraftstoffen gegen Verwendung einer Tankkarte die Verfügungsmacht am Treibstoff direkt an den Leasingnehmer bzw. den Kartenkunden übertragen. Ein erstmaliger Verkauf an den Leasinggeber bzw. Kartenemittenten mit anschließender Weiterveräußerung an den Kartenkunden im Sinne eines Reihengeschäfts findet demzufolge nicht statt. Dabei stellt die Leistung des Leasinggebers an den Leasingnehmer eine steuerfreie Finanzierungsdienstleistung dar.
2004 reagierte das BMF auf das entsprechende Urteil des EuGH mit starken Einschränkungen für die Anwendung der Urteilsgrundsätze. Insbesondere normierte das Schreiben einen Katalog an Voraussetzungen, wann Kraftstofflieferungen bei der Verwendung von Tankkarten als Reihengeschäft zu verstehen sind.
2019 bestätigte der EuGH im Zuge der Rs. Vega International (C-235/18) seine Ausführungen zu Tankkartenumsätzen aus dem o.g. Urteil aus 2003, sodass für das BMF zunächst kein Handlungsbedarf bestand.
Nun modernisiert und überarbeitet das BMF sein Verständnis der Tankkartenumsätze und schließt sich der Rechtsprechung des EuGH mit weitreichenden Folgen an.
2. Inhalt des BMF-Entwurfs
Tankkartenumsätze werden auf eine Stufe mit Kreditkartenumsätzen gestellt, indem Tankkartenumsätze als Zahlungsmittel verstanden und behandelt werden.
Bereits zu Beginn des Entwurfs definiert das BMF Tankkartenumsätze als umsatzsteuerlichen Regelfall der Erbringung steuerfreier Kreditgewährleistungen. Zukünftig sollen entsprechende Geschäfte nicht mehr als Reihengeschäfte qualifiziert werden. Kraftstofflieferungen sollen zukünftig nur in Ausnahmefällen als Reihenlieferung angesehen werden. Eine solche Ausnahme liegt vor, wenn der Kartenemittent den Liefergegenstand in der Absicht erhält, diesen an den Kartenkunden weiterzuliefern und dabei selbstständig über Qualität, Menge, Ort und Zeitpunkt der Lieferung entscheidet. Ein Ausnahmefall liegt dagegen dann nicht vor, wenn der Kartenemittent nur automatisiert zu entscheiden hat, ob bestehende Bedingungen (z.B. Prüfen Kartenlimit) eingehalten sind.
3. Praxishinweis
Der BMF-Entwurf mit den darin vorgesehenen Änderungen zu den Tankkartenumsätzen beinhaltet für alle an Tankkartenumsätzen beteiligten Unternehmen zeitnahen Handlungsbedarf, da die neuen Grundsätze bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2022 gelten sollen. Es muss geprüft werden, ob und inwieweit die Änderungen in die Beibehaltung und Abwicklung der Reihengeschäfte eingreifen und ob vertragliche, abrechnungstechnische und umsatzsteuerliche Umstrukturierungen erforderlich werden.
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