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Ein Beratungsvertrag zwischen einer Gesellschaft und einer anderen, lediglich von einem Aufsichtsratsmitglied vertretenen Gesellschaft, ist unwirksam.

Verträge zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Aufsichtsratsmitglied bedürfen gemäß § 114 AktG der Zustimmung des Aufsichtsrates. Fehlt diese, kann das gezahlte Entgelt zurückgefordert werden. Der Bundesgerichtshof hat jetzt klargestellt, dass dies auch dann gilt, wenn der Vertrag zwischen der Aktiengesellschaft und einer weiteren Gesellschaft geschlossen wird, die durch ein Aufsichtsratsmitglied lediglich gesetzlich vertreten wird. (BGH, Urteil vom 29. Juni 2021, Az: II ZR 75/20).

15.09.2021
Sachverhalt

Eine Aktiengesellschaft (A-AG) erteilte einer anderen Gesellschaft (B-AG) einen Beratungsauftrag. Vorstandsvorsitzender und somit gesetzlicher Vertreter der B-AG war C, der gleichzeitig Mitglied des Aufsichtsrates der A-AG war. C war jedoch weder an der B-AG beteiligt noch erhielt er eine erfolgsabhängige Vergütung.

Im vorliegenden Rechtsstreit verlangte die A-AG das an die B-AG gezahlte Honorar zurück, da der Vertrag – unstreitig – nicht gemäß §§ 114 AktG vom Aufsichtsrat genehmigt worden sei. Die B-AG wehrte sich gegen den Anspruch mit dem Argument, § 114 AktG seien nicht einschlägig, da diese nur für Aufträge an das Aufsichtsratsmitglied gälten, nicht jedoch für Aufträge an einen Dritten, der lediglich durch ein Aufsichtsratsmitglied der Auftraggeberin gesetzlich vertreten werde, insbesondere dann, wenn der gesetzliche Vertreter selbst von der Auftragserteilung gar nicht unmittelbar profitiere.

Entscheidungsgründe

Nachdem das Landgericht die Klage abgewiesen hatte, entschied das Oberlandesgericht in der Berufung anders und gab der Klage statt. Der Bundesgerichtshof schloss sich der Auffassung des Oberlandesgerichts an.

Zur Begründung führt er aus, dass der Beklagten zuzugeben sei, dass sich § 114 Abs. 1 AktG seinem Wortlaut nach nur auf Verträge beziehe, die direkt mit dem Aufsichtsratsmitglied geschlossen würden. Diese Auffassung werde auch dadurch gestützt, dass § 115 Abs. 3 AktG, der die Vergabe von Krediten an Aufsichtsratsmitglieder zum Gegenstand hat, Verträge zwischen der Aktiengesellschaft und einer anderen Gesellschaft, die lediglich durch das Aufsichtsratsmitglied gesetzlich vertreten wird, ausdrücklich erwähnt, während eine solche Erwähnung in § 114 AktG fehlt.

Der Bundesgerichtshof ist jedoch der Auffassung, dass es sich hierbei nicht um eine bewusste Differenzierung handele. Es müsse vielmehr zum richtigen Verständnis der §§ 113, 114 AktG eine wirtschaftliche Betrachtung angestellt werden. Dann sei der Interessenkonflikt aber vergleichbar mit dem Fall einer unmittelbaren Beauftragung des Aufsichtsratsmitglieds. Denn auch als Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft habe das Aufsichtsratsmitglied Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des von ihm vertretenen Unternehmens, der ihm zugerechnet und daher mittelbar auch sein eigener Erfolg sei.  Auch seine eigene Vorstandsvergütung müsse vom Unternehmen verdient werden. Daher bestehe der Interessenkonflikt selbst dann, wenn das Vorstandsmitglied weder an der beauftragten Aktiengesellschaft beteiligt sei noch eine erfolgsabhängige Vergütung erhalte.

Auch bei Verträgen zwischen Aktiengesellschaft und einer durch das Aufsichtsratsmitglied vertretenen anderen Gesellschaft könne deshalb die unvoreingenommene und unabhängige Überwachung der Aktiengesellschaft, die zu den Pflichten es Aufsichtsrats gehöre, gefährdet sein. Gerade diese Gefährdung solle durch die Vergütungsvorschriften in §§ 113, 114 AktG verhindert werden.

Fazit

§ 113, 114 AktG sollen die Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds sichern. Um eine mögliche Gefährdung der Unabhängigkeit zu erkennen, ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise erforderlich. Dies bedeutet, dass auch Geschäfte, von denen das Aufsichtsratsmitglied mittelbar profitiert, als Umgehungsgeschäfte gemäß § 114 AktG unwirksam sind, wenn sie nicht gegenüber dem Aufsichtsrat offengelegt und von diesem genehmigt wurden. Daher sollten alle Rechtsgeschäfte mit Dritten, die in irgendeiner Weise mit einem Aufsichtsratsmitglied verbunden sind, dem Aufsichtsrat zur Genehmigung vorgelegt werden. Geschieht dies nicht, kann die Gesellschaft zur Rückforderung des gezahlten Entgeltes berechtigt sein.

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