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BFH zur Abfärbung bei gewerblichen Beteiligungseinkünften

Der Bundesfinanzhof hat sich mit Urteil vom 6. Juni 2019 (Az. IV R 30/16) zur Verfassungsmäßigkeit von § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG sowie § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG im Zusammenhang mit der Abfärbung der Gewerblichkeit aufgrund der Beteiligung von einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft an einer gewerblich tätigen Personengesellschaften geäußert.

06.08.2019

Geklagt hatte eine Kommanditgesellschaft (KG), an welcher als Komplementäre ein Ehepaar und als Kommanditisten deren Kinder beteiligt waren. Die Klägerin erzielte zunächst Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen. In 2008 übertrug einer der Komplementäre Beteiligungen an zwei Flugzeugleasingfonds (jeweils gewerblich tätige GmbH & Co. KG) unentgeltlich auf die Klägerin, sodass ab 2008 sämtliche Einkünfte der Klägerin nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 (Personengesellschaft bezieht gewerbliche Einkünfte von einer anderen Personengesellschaft) in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb festzustellen waren. Die GmbH & Co. KG‘s veräußerten in den Jahren 2008 und 2010 das im jeweiligen Vermögen befindliche Flugzeug an die Leasingnehmer. In 2011 wurden für beide Gesellschaften negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb gesondert und einheitlich festgestellt. Das Finanzamt vertrat weiterhin die Auffassung, dass die vermögensverwaltende Tätigkeit der Klägerin dennoch durch die negativen gewerblichen Beteiligungseinkünfte infiziert sei und qualifizierte demnach die Einkünfte der Klägerin in Einkünfte aus Gewerbebetrieb um. Die Klägerin machte in ihrem hiergegen gerichteten Einspruch geltend, dass die unternehmerische Tätigkeit der Fondsgesellschaften mit dem Verkauf der Flugzeuge eingestellt wurde, da diese nach Veräußerung der Flugzeuge in die gesetzliche Liquidationsphase eingetreten waren, sodass eine Abfärbung nicht mehr in Betracht komme. Sowohl Einspruch als auch Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatten keinen Erfolg.

Der BFH urteilte, dass § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG auch ohne Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze, bis zu deren Erreichen die gewerblichen (Beteiligungs-)Einkünfte nicht auf die übrigen Einkünfte abfärben, verfassungsgemäß sei. Gleichwohl sei darüber hinaus § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass ein Unternehmen, welches nur kraft der Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG als Gewerbebetrieb gilt, nicht der Gewerbesteuer unterliege, da § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG eine nicht gerechtfertigte Schlechterstellung der Personengesellschaft gegenüber dem Einzelunternehmer enthalte. Diese Ungleichbehandlung sei durch den Umstand geschuldet, dass die Einkünfte einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft kraft Gesetzesfiktion vollständig in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umqualifiziert würden, wohingegen der Einzelunternehmer gleich mehrere Einkunftsarten verwirklichen kann, wobei jedoch lediglich die originär gewerbliche Tätigkeit der Gewerbesteuer unterliegt. Diese Ungleichbehandlung gegenüber dem Einzelunternehmer sei für § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 EStG sachlich zu rechtfertigen. Demnach werden die Einkünfte einer Personengesellschaft ebenfalls vollständig in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umqualifiziert, sofern sie neben anderen Einkünften auch Einkünfte im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) bezieht. Jedoch ist der BFH der Auffassung, dass die durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgenommene verfassungsrechtliche Argumentation zur Verfassungsmäßigkeit des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 EStG nicht für Alternative 2 übernommen werden könne, da keine hinreichend gewichtigen Gründe bestünden, welche die erhebliche Schlechterstellung von Personengesellschaften gegenüber Einzelunternehmer rechtfertigen würden. Auch der Schutz des Gewerbesteueraufkommens sei nicht als Begründung heranzuziehen.

In einkommensrechtlicher Sicht sieht der BFH die Schlechterstellung der Personengesellschaft durch § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG ohne Bagatellgrenze jedoch als sachlich gerechtfertigt an. Auch die Verhältnismäßigkeit sei gegeben, insbesondere da eine gewerbesteuerliche Belastung nicht vorliege.

Der BFH kommt daher zu dem Schluss, dass es keiner Einführung einer Bagatellgrenze für § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG bedarf, da die Regelung bereits verfassungskonform sei. Die erforderliche Beschränkung der Folgen der Abfärberegelung im Hinblick auf die Gewerbesteuer erfolgt durch die verfassungskonforme Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG.

In einer früheren Entscheidung hatte der BFH die Auffassung vertreten, dass negative gewerbliche Beteiligungseinkünfte § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 EStG (Personengesellschaft selbst übt auch eine gewerbliche Tätigkeit aus) nicht zu einer Abfärbung der übrigen Einkünfte führen (Urteil vom 12. April 2018, Az. IV R 5/15). Dies versucht der Gesetzgeber mit einer Regelung im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2019 (JStG 2019) zu umgehen, indem § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG dahingehend geändert werden soll, dass künftig auch negative gewerbliche Einkünfte auf die übrigen Einkünfte abfärben sollen. Inwiefern diese Regelung verfassungskonform ist, werden die Gerichte zu entscheiden haben. Einen Überblick über die weiteren Änderungen im Rahmen des JStG 2019 finden Sie hier.

 

Fazit:

Übt eine nicht originär gewerblich tätige Personengesellschaft auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, färbt diese gewerbliche Tätigkeit auf die andere Tätigkeit in der Weise ab, dass die Personengesellschaft insgesamt gewerbliche Einkünfte erzielt, wenn die Einkünfte aus der gewerblichen Tätigkeit positiv sind und eine Wesentlichkeitsgrenze überschritten ist. Ist dies der Fall, so unterliegen alle Einkünfte auch der Gewerbesteuer. Hintergrund ist u.a., dass die Einkünfte aus der gewerblichen Tätigkeit der Gewerbesteuer unterliegen sollen.

Erzielt eine nicht originär gewerblich tätige Personengesellschaft gewerbliche Einkünfte aus einer anderen Personengesellschaft, so erzielt die Personengesellschaft insgesamt gewerbliche Einkünfte. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die gewerblichen Beteiligungseinkünfte positiv sind oder eine Wesentlichkeitsgrenze überschritten wird. Die Einkünfte aus der nicht originär gewerblichen Tätigkeit unterliegen aber nicht der Gewerbesteuer. Dies ist gerechtfertigt, weil die gewerblichen Beteiligungseinkünfte bei der Tochterpersonengesellschaft schon der Gewerbesteuer unterlegen haben.

Bei der Anwendung der Abfärbevorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist daher zwingend insbesondere für Zwecke der Gewerbesteuer zu unterscheiden, nach welcher Alternative die Abfärbung geschieht.

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