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BFH: Rabatte eines Dritten als Lohn?

Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung führen Rabatte eines Dritten grundsätzlich nicht zu Arbeitslohn und unterliegen deshalb nicht der Lohnsteuer. Nun hob der BFH im Revisionsverfahren zum FG Köln dessen Urteil vom 11.10.2018 (AZ: 7 K 2053/17) auf. Bedeutet dies eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung?

12.07.2022

Das Finanzgericht Köln (FG Köln 11.10.2018 – 7 K 2053/17, DStRK 2019, 56) hatte entschieden, dass Rabatte innerhalb einer Unternehmensgruppe nicht dem Arbeitgeber zuzurechnen sind, denn einen Konzernarbeitgeber gibt es steuerlich nicht.

1. Rabatte sind als Drittlohn zu beurteilen

Der BFH hob die Entscheidung zwar nun mit seinem Urteil vom 16.2.2022 – VI R 53/18 (BFH 16.2.2022 – VI R 53/18, BFH/NV 2022, 587 (NV)) auf und entschied, dass im speziellen Fall die Gewährung von Rabatten Drittlohn darstellt. Dennoch widerspricht er nicht der Aussage, dass Rabatte innerhalb einer Unternehmensgruppe grundsätzlich nicht dem Arbeitgeber zuzurechnen, sondern nach den Grundsätzen für Drittrabatte zu beurteilen sind. Im vorliegenden sehr speziellen Fall räumte ein Automobilhersteller Arbeitnehmern eines Zulieferers – an dem er kapitalmäßig beteiligt ist und dem er eigene Arbeitnehmer überlässt – Rabatte ein, die den Rabatten entsprachen, die der Automobilhersteller seinen eigenen Arbeitnehmern gewährte.

Arbeitslohn kann ausnahmsweise auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn die Zuwendung ein Entgelt für eine Leistung des Arbeitnehmers im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber bildet. Für den BFH kam es im vorliegenden speziellen Fall nicht auf das Näheverhältnis zwischen dem Automobilhersteller und dem Arbeitgeber, sondern auf die Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles an. Darüber hinaus war der Arbeitgeber im Streitfall auch kein verbundenes Unternehmen im Sinne des § 15 AktG bzw. § 271 HGB.

2. Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteil und Arbeitsverhältnis

Der BFH stellte jedoch fest, dass die „materiellrechtlichen Anforderungen an den Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteil und Dienstverhältnis und an dessen tatsächliche Feststellung bei Drittzuwendungen grundsätzlich nicht anders zu beurteilen sind, als bei Zuwendungen durch den Arbeitgeber (Senatsurteil in BFHE 255, 125, BStBl II 2017, 69, Rz 31)“; auch bei Drittzuwendungen ist deshalb kein „eindeutiger“ Veranlassungszusammenhang erforderlich. Entscheidend war für den BFH hier, dass die besonderen Umstände des Einzelfalles trotz eines vorhandenen eigenen wirtschaftlichen Interesses des Automobilherstellers den Streitfall prägten und sich der gewährte Preisvorteil damit als Arbeitslohn darstellte. Im entschiedenen Fall wurden Personalrabatte neben eigenen Arbeitnehmern nur Arbeitnehmern verbundener bzw. gemeinschaftlicher Unternehmen eingeräumt, über die Hälfte der Belegschaft waren vom Automobilhersteller entliehene Mitarbeiter und die Rabattvereinbarung hatte eine besondere Historie.

3. Nur im Ausnahmefall Arbeitslohn

Auch nach diesem Urteil bleibt es dabei, dass Drittrabatte nur ausnahmsweise zu Arbeitslohn führen.

Voraussetzung dafür, dass Rabatte oder Vergünstigungen einen geldwerten Vorteil für den Arbeitnehmer bilden, ist, dass sie sich als „Frucht seiner Arbeit“ erweisen, die er seinem Arbeitgeber gegenüber erbringt bzw. erbracht hat und die Vorteilsgewährung also in einem direkten konkreten Veranlassungszusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht. Dazu reicht ein einfacher Kausalzusammenhang zwischen der Leistung des Dritten und dem Arbeitsverhältnis allein nicht aus. Der Dritte muss dem Arbeitnehmer die Vorteilsentlohnung, für die dem Arbeitgeber gegenüber geleistete Arbeit, final zuwenden.

Weiterhin ist Voraussetzung, dass es sich nicht um einen sogenannten „Jedermann-Rabatt“ handelt. Jedermann-Rabatte sind Vorteile, die auch anderen Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, eingeräumt werden. Ein Vorteil der auch Fremden eingeräumt wird, kann also keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen.

Arbeitslohn von Dritten kann jedoch auch dann vorliegen, wenn der Dritte ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Einräumung des Rabattes hat. Solche Gründe sind z. B. Umsatzsteigerung, Auslastungsoptimierung, Ausbau der Marktpräsenz oder eine Erweiterung des Kundenstamms. Wenn dennoch nach dem Gesamtbild der Verhältnisse der Vorteil im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht und sich dieser für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt, kann laut BFH „Arbeitslohn bei einer Zahlung an einen Dritten auch dann vorliegen, wenn dieser — wie im Streitfall — ein (Eigen–)Interesse an der Vorteilsgewährung hat (vgl. Senatsurteil in BFHE 255, 125, BStBl II 2017, 69, Rz 39).“ Eigene wirtschaftliche Gründe des Dritten schließen dies jedoch nicht von vornherein aus.

4. Auswirkungen für die Praxis

Dieses Urteil zu einem sehr speziellen Sachverhalt rüttelt nicht an der Aussage des Finanzgerichtes Köln, dass Rabatte, die im eigenwirtschaftlichen Interesse der rabattgewährenden Konzerngesellschaft und nicht als Entgelt für die Arbeitsleistung bei der Arbeitgebergesellschaft erfolgen, keinen Arbeitslohn darstellen. Die Widersprüche zur derzeitigen Verwaltungsauffassung bleiben weiterhin bestehen: Zum einen fordert die Finanzverwaltung in ihrem „Rabatterlass“ ein Überwiegen eigenwirtschaftlicher Interessen des Dritten und geht damit über die Anforderung der Rechtsprechung hinaus.

Zum anderen spricht nach der Auffassung der Finanzverwaltung bereits eine enge wirtschaftliche oder tatsächliche Verflechtung, oder enge Beziehung sonstiger Art zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten dafür, dass die Vorteile zum Arbeitslohn gehören (BMF v. 20.01.2015 – IV C 5 – S 2360/12/10002 BStBl 2015 I S. 143). Auch dies ist durch die ständige Rechtsprechung nicht gedeckt.

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