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BFH: Keine Einkünfteminderung durch Übernahmeverlust bei Formwechsel

Mit Urteil vom 22. Oktober 2015 (Az.: IV R 37/13) hat der BFH zur beschränkten Berücksichtigung eines Übernahmeverlustes nach § 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG 2006 bei Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft entschieden. Die Beschränkung sei auch in den Fällen verfassungsgemäß, in denen der Übernahmeverlust vollständig außer Ansatz bleibt, weil keine Bezüge im Sinne des § 7 UmwStG 2006 (offenen steuerbilanziellen Gewinnrücklagen) angefallen sind.

31.03.2016

31.03.2016

I. Sachverhalt

Streitig war die Nichtberücksichtigung eines Übernahmeverlustes des Klägers aus dem Formwechsel einer Kapitalgesellschaft (GmbH) in eine Personenhandelsgesellschaft (GmbH & Co. KG) und die Höhe seines Gewinns aus der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils an der GmbH & Co. KG.

Der Kläger erwarb zunächst einen Anteil am Stammkapital der GmbH in Höhe von 40 % (Nennwert: EUR 10.000) für EUR 180.000. Im Nachgang wurde die GmbH dann im Jahr 2007 zu Buchwerten formwechselnd in die GmbH & Co. KG umgewandelt. Der Kläger erhielt einen Kapitalanteil bei der GmbH & Co. KG entsprechend seiner bisherigen Beteiligung an der GmbH. Im Rahmen des Gewinnfeststellungsverfahrens bei der GmbH & Co. KG begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Anschaffungskosten der Beteiligung an der GmbH abzüglich des Nennkapitals als Übernahmeverlust (EUR 180.000 ./. EUR 10.000 = EUR 170.000) und die entsprechende Minderung des Gewinnanteils des Klägers. Dies lehnte das beklagte Finanzamt ab.

Nachdem die übrigen Mehrheitsgesellschafter den Kläger aus der GmbH & Co. KG auszuschließen versuchten, veräußerte der Kläger im Jahr 2008 dann im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung seine Gesellschaftsanteile für EUR 180.000 an einen der Mitgesellschafter. Das Finanzamt stellte mit Gewinnfeststellungsbescheid für das Streitjahr 2008 für die GmbH & Co. KG unter anderem einen auf den Kläger entfallenden Veräußerungsgewinn in Höhe von EUR 162.226 fest (Veräußerungspreis in Höhe von EUR 180.000 ./. Kapitalkonto von EUR 10.000 ./. Veräußerungskosten von EUR 7.774). Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und begehrte die Feststellung eines Veräußerungsverlustes aus seiner Beteiligung an der GmbH & Co. KG in Höhe der Veräußerungskosten. Der Veräußerungspreis für den Mitunternehmeranteil sollten mit den Anschaffungskosten für den Beteiligungserwerb an der GmbH in gleicher Höhe saldiert werden. Der Einspruch wurde vom Finanzamt als unbegründet zurückgewiesen.

Die hiergegen erhobene Klage wurde vom FG in erster Instanz vollumfänglich als unbegründet abgewiesen.

II. Entscheidungsinhalt

Der BFH hat die Revision des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzamt habe den streitigen Übernahmeverlust zu Recht im Gewinnfeststellungsbescheid für 2007 außer Ansatz gelassen (1.) und darüber hinaus den Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils an der GmbH & Co. KG im Gewinnfeststellungsbescheid für 2008 zutreffend berechnet (2.).

1. Kein Übernahmeverlust

a. Rechtsgrundlagen

Im Fall des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft ergibt sich grundsätzlich ein Übernahmegewinn oder Übernahmeverlust (§ 9 Satz1 UmwStG i.V.m. §4 Abs.4 Satz1 UmwStG: Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind ./. Kosten für den Vermögensübergang ./. Wert der Anteile an der übertragenden Körperschaft). Zum steuerlichen Übertragungsstichtag im Privatvermögen gehaltene Anteile an der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 17 EStG (mindestens 1 % Beteiligung) gelten dabei in das Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft mit den Anschaffungskosten eingelegt (§ 5 Abs. 2 UmwStG). Ein Übernahmegewinn vermindert und ein Übernahmeverlust erhöht sich außerdem um die Bezüge, die nach § 7 UmwStG (offenen steuerbilanziellen Gewinnrücklagen) zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören (§ 4 Abs. 5 Satz 2 UmwStG).

Der Ansatz eines Übernahmeverlustes ist allerdings nach § 4 Abs. 6 UmwStG begrenzt. Ein auf eine natürliche Person entfallender Übernahmeverlust ist gemäß § 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG 2006 zur Hälfte (seit dem Jahr 2009 i.H.v. 60 %), höchstens in Höhe der Hälfte (seit dem Jahr 2009 i.H.v. 60 %) der Bezüge im Sinne des § 7 UmwStG zu berücksichtigen.

b. Anwendung auf den Streitfall

Im Streitfall des BFH schied der Ansatz eines Übernahmeverlustes des Klägers nach § 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG vollständig aus, weil keine Bezüge im Sinne des § 7 UmwStG (offenen steuerbilanziellen Gewinnrücklagen) angefallen sind.

c. Keine einschränkende Auslegung der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 4 Satz 4 UmwStG

Auch eine teleologische Reduktion des § 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG komme nicht in Betracht, da dies den Zielen Gesetzgebers widerspräche, der darin bestehe, eine Einmalbesteuerung bei Umwandlungsvorgängen unter Geltung des Halbeinkünfteverfahrens (nunmehr Teileinkünfteverfahren) auf Dauer zu gewährleisten. Dem sog. Step-Up-Modell, bei dem Veräußerer eine Beteiligung (teilweise) steuerfrei veräußert, während der Erwerber in Höhe des Übernahmeverlusts die stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern aufdeckt und neues Abschreibungsvolumen schafft, ohne später seinerseits einen Veräußerungsgewinn zu versteuern, weil die stillen Reserven bereits zuvor aufgedeckt wurden, sollte der Boden entzogen werden. Dieser Zweck verbiete nach wie vor eine teleologische Reduktion.

d. Keine Ergänzungsbilanzen

Die das Kapitalkonto der Kommanditbeteiligung übersteigenden Anschaffungskosten für die Beteiligung an der GmbH könnten auch nicht in einer Ergänzungsbilanz des Klägers bei der GmbH & Co. KG aktiviert und in Form von Absetzungen auf diese Bilanzwerte mindernd geltend gemacht werden. Die Bildung einer solchen Ergänzungsbilanz sei mangels hierfür erforderlichen Tauschvorgangs ausgeschlossen. Die formwechselnde Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft sei nicht als Tausch, sondern als Einlage anzusehen.

e. Kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz

Die Nichtberücksichtigung des Übernahmeverlustes des Klägers stelle zwar eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips dar. Diese Durchbrechung sei aber im Ergebnis aus Vereinfachungserfordernissen gerechtfertigt, da das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel (Sicherstellung einer „Einmalbesteuerung“ der stillen Reserven) sich anderenfalls – wenn überhaupt – nur um den Preis sehr komplizierter gesetzlicher Regelungen erreichen ließe.

2. Veräußerungsgewinn

Unter Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung (BFH vom 12. Juli 2012 – IV R 39/09, BStBl. II 2012, 728) hat der BFH zudem die Berücksichtigung der ursprünglichen Anschaffungskosten für die Beteiligung an der GmbH bei der Ermittlung des Gewinnes aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils an der GmbH & Co. KG abgelehnt. Werden die von der formwechselnden Kapitalgesellschaft übertragenen Wirtschaftsgüter bei der übernehmenden Personengesellschaft mit dem Buchwert fortgeführt, bestimme sich der Anteil an der Personengesellschaft ausschließlich nach dem Buchwert der (Mitunternehmer-)Beteiligung.

III. Folgen der Entscheidung

Im Vorfeld formwechselnder Umwandlungen einer Kapitalgesellschaft in eine Personenhandelsgesellschaft sollte aufgrund der besprochenen Entscheidung des BFH sorgfältig geprüft werden, ob und inwieweit ein unter den gemeinen Werten der Wirtschaftsgüter der Kapitalgesellschaft liegender Buch- bzw. Zwischenwertansatz gewählt wird. Im Einzelfall kann durch den gezielten Ansatz der gemeinen Werte der Verlust von Anschaffungskosten für die Beteiligung an der übertragenden GmbH verhindert werden. Erfolgt jedoch eine sog. Aufstockung (z.B. Ansatz mit einem Zwischenwert), löst diese sog. Aufstockung auf Ebene der Kapitalgesellschaft zunächst eine Steuerbelastung aus. Spiegelbildlich entsteht jedoch auch insoweit Abschreibungspotential.

Bereits bei der Gestaltung von Beteiligungserwerbverträgen sollte außerdem die Aufnahme von Freistellungsklauseln zur Verminderung steuerlicher Risiken für den Erwerber geprüft werden.

Gern sind wir Ihnen hierbei sowie bei sonstigen Fragen im Zusammenhang mit formwechselnden Umwandlungsvorgängen und sonstigen Umstrukturierungsmaßnahmen behilflich.

Für weitere Rückfragen und Informationen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung.

Ihre Ansprechpartner:

Sören Münch, Steuerberater

André Blischke, Rechtsanwalt

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