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B2B-Margenbesteuerung kommt – und zwar schon sehr bald

Nach dem Bundestag hat nunmehr auch der Bundesrat am 29. November 2019 dem „Jahressteuergesetz 2019“ (BT-Drs. 19/14873) zugestimmt. Somit ist sicher, dass künftig die Margenbesteuerung zwingend auch beim Verkauf an B2B-Kunden anzuwenden ist. Unsicher ist lediglich der konkrete Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Gesetzesänderung. Dieser hängt davon ab, wann das Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet wird. Bereits am Tag nach der Verkündung ist die zwingende B2B-Margenbesteuerung – und zwar ohne Übergangsfrist – anzuwenden. Es ist davon auszugehen, dass dies spätestens ab 1. Januar 2020 der Fall sein wird.

12.12.2019

I. Auswirkungen der Margenbesteuerung in B2B-Fällen

Durch die Anwendung der Margenbesteuerung im B2B-Bereich geht – jedenfalls zum überwiegenden Teil – sowohl auf Ebene des Reiseveranstalters als auch auf Ebene des B2B-Kunden die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug verloren. Dies hat insbesondere für Paketer, B2B-Reiseveranstalter, MICE-Veranstalter und Incomingagenturen einen nicht unerheblichen Nachteil, der zur Verteuerung der Reisen führt. Da Reisen häufig über Zwischenhändler bezogen werden, sind davon nicht nur Geschäftsreisen, sondern auch die typischen Urlaubsreisen betroffen. Die Anwendung der Margensteuer auch auf B2B-Umsätze führt zu Wettbewerbsnachteilen der deutschen Unternehmen. Zur Verdeutlichung nachfolgendes Beispiel:

Beispiel 

Der Zwischenhändler Z kauft u.a. vom A-Hotel Übernachtungsleistungen (in Deutschland) ein und verkauft diese an verschiedene Reiseveranstalter (u.a. R) weiter, der die Reisen an Privatkunden (u.a. K) verkauft. Sein Einkaufspreis ist EUR 107,00 je Übernachtung und er möchte je Übernachtung EUR 20,00 Gewinn machen. Auch R muss beim Weiterverkauf an K, um seine Kosten zu decken und einen angemessenen Gewinn zu machen, EUR 20,00 als Netto-Marge veranschlagen.

 

a. Lösung bisher – Regelbesteuerung

Derzeit erhält Z eine Rechnung vom Hotelier über EUR 107,00 (EUR 100,00 zzgl. 7 % USt). Er macht die EUR 7,00 als Vorsteuer geltend, hat einen Einkaufspreis von EUR 100,00 und addiert seinen Aufschlag von EUR 20,00 dazu. Er stellt bislang dem Reiseveranstalter R eine Rechnung über EUR 128,40 (EUR 120,00 zzgl. 7 % USt). Der Reiseveranstalter darf die Vorsteuer nicht geltend machen und hat einen Aufwand von EUR 128,40.

Folgen für Z Folgen für R Folgen für K
Zahlung an A-Hotel -107,00 Zahlung an Z für A-Hotel -128,40 Zahlung an R für Hotel -152,20
Vorsteuerabzug   7 % 7,00 Vorsteuerabzug   7 % 0,00
Zahlung von R für A-Hotel 128,40 Zahlung von K für Hotel 152,20
USt-Schuld als   Leistender -8,40 USt-Schuld auf Marge 19 % -3,80
Netto-Ertrag in EUR 20,00 Netto-Ertrag in EUR 20,00    

 

b. Lösung künftig – zwingend Margenbesteuerung

Zukünftig erhält Z weiterhin von A-Hotel eine Rechnung über EUR 107,00 (EUR 100,00 zzgl. 7 % USt). Mangels Vorsteuerabzug hat Z einen Aufwand von EUR 107,00. Z addiert nun seinen Aufschlag von EUR 20,00 zzgl. 19 % Margensteuer, d.h. insgesamt EUR 23,80 dazu. Er stellt somit R EUR 130,80 in Rechnung. Z führt EUR 3,80 Margensteuer ab und hat wie bisher einen Gewinn von EUR 20,00. R erhält eine Rechnung über EUR 130,80 (vorher waren es EUR 128,40). R kann die Mehrkosten an den Reisenden (K) weiterleiten, im Ergebnis verteuert sich die Reise für den Privatkunden K um EUR 2,40.

 

Folgen für Z Folgen für R Folgen für K
Zahlung an A-Hotel -107,00 Zahlung an Z für A-Hotel -130,80 Zahlung an R für Hotel -154,60
Vorsteuerabzug   7 % 0,00 Vorsteuerabzug   7 % 0,00
Zahlung von R für A-Hotel 130,80 Zahlung von K für Hotel 154,60
USt-Schuld auf Marge 19 % -3,80 USt-Schuld auf Marge 19 % -3,80
Netto-Ertrag in EUR 20,00 Netto-Ertrag in EUR 20,00 Mehrkosten 2,40

 

Wegen der kurzfristigen Einführung der Änderungen und des langen Vorlaufs der Ein- und Verkäufe im Tourismus steht zu befürchten, dass weder Z noch R die höheren Umsatzsteueraufwendungen weiterreichen können, sondern zumindest für die bereits vereinbarten Umsätze selbst tragen müssen. Dies führt zu wesentlichen Mehrbelastungen der ohnehin nicht margenstarken Branche.

Fazit: Verlust der Wettbewerbsfähigkeit für B2B-Reiseanbieter

Wie das Beispiel zeigt, verteuert die Anwendung der Margenbesteuerung auch auf Vorstufenumsätze im Rahmen einer B2B-Leistungskette die bezogenen Leistungen für unternehmerische wie private Endkunden aufgrund des entfallenen Vorsteuerabzugs auf die Reisevorleistungen (Übernachtung, Beförderung, etc.) erheblich.

Das ist dem Umstand geschuldet, dass jedenfalls nach derzeitiger Auffassung der Finanzverwaltung bei Reiseleistungen i.S.v. § 25 UStG, soweit die ihr zuzurechnenden Reisevorleistungen in der EU bewirkt werden, grundsätzlich der gesonderte Steuerausweis unzulässig und ein Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen ausgeschlossen ist (vgl. Abschn. 14a.1 Abs. 10 S. 3 UStAE). Selbst wenn der Rechnungsaussteller entgegen der Verwaltungsauffassung zumindest die Umsatzsteuer auf seine Marge gesondert ausweisen und seinem B2B-Kunden zumindest insoweit den Vorsteuerabzug ermöglichen könnte (ob er dies wöllte, steht freilich – wegen der damit verbundenen Offenlegung seiner Marge – auf einem anderen Blatt), kommen betroffene Reiseunternehmer schon allein aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit nicht umhin, ihr Geschäftsmodell zu überdenken.

Ergänzend weisen wir darauf hin, dass der Rechnungsaussteller, selbst wenn er seine Marge nebst Umsatzsteuer offen ausweisen will, vor erheblichen praktischen Schwierigkeiten steht: Die Ermittlung der korrekten Vorsteuer setzt eine korrekte Ermittlung der Marge voraus. Die Gewinnmarge steht zum Zeitpunkt der Leistungserbringung / Rechnungsstellung in der Regel jedoch noch nicht fest; es sind oft nur kalkulatorische Kosten bekannt. Einkäufe von Kontingenten und nachträgliche Preisnachlässe in Form von Mengenboni, Kick-backs oder auch Reisepreisänderungen beeinflussen die Marge. Die Marge müsste somit in zahllosen Fällen berichtigt werden. Diese Problematik wird aktuell im Zusammenhang mit der voraussichtlich ab 2022 zwingenden Berechnung einer Einzelmarge diskutiert; soll ein Umsatzsteuerausweis auf die Marge erfolgen, so stellt sie sich bereits früher. Für den EuGH jedoch sind diese Bedenken im Ergebnis leider ebenfalls ohne Belang und im Interesse der unionsweit einheitlichen Anwendung der Margenbesteuerung hinzunehmen (vgl. EuGH, Urt. vom 8. Februar 2018, C-380/16, Kommission/Deutschland, Rn. 50).

Praxishinweis

Je nach B2B-Kundenstamm sowie Zusammensetzung und Verteilung der (Reisevorleistungs-)Umsätze auf EU- oder Drittländer könnte die zumindest teilweise Umstellung des Geschäftsmodells vom Eigenhandel auf die Vermittlung von Reise(vor)leistungen für betroffene Unternehmer einen Ausweg bieten, um insgesamt profitabel und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Bei den notwendigen Anpassungen unterstützen wir Sie gern, sprechen Sie uns an!

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