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Ausweitung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 d UStG?

Mit Urteil vom 21. September 2017 (C-616/15) hat der EuGH entschieden, dass die nach § 4 Nr. 14 d UStG auf Angehörige des Gesundheitswesens beschränkte Steuerfreiheit von Kostengemeinschaften dem EU-Recht widerspricht.

23.10.2017

Der deutsche Gesetzgeber befreit bislang nach § 4 Nr. 14 d UStG nur Leistungen einer Kostengemeinschaft an Ihre Mitglieder, sofern es sich bei den Mitgliedern ausschließlich um selbstständige Ärzte, die umsatzsteuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 14 a UStG erbringen, handelt (sog. Praxis- und Laborgemeinschaft). Das Gleiche gilt für Einrichtungen, die Leistungen nach § 4 Nr. 14 b UStG erbringen (z. B. Krankenhäuser).

Mit dieser engen Auslegung der 6. EG-Richtlinie/MwStSystRL verstößt Deutschland gegen das Unionsrecht, so der EuGH in seinem aktuellen Urteil. Die Regelungen von Artikel 132 (1) f MwStSystRL sehen ausdrücklich eine Steuerbefreiung für solche von einem Zusammenschluss erbrachten Dienstleistungen vor, wenn diese unmittelbar zur Ausübung von Tätigkeiten beitragen, die dem Gemeinwohl dienen. Neben Leistungen im Gesundheitsbereich soll die Steuerbefreiung danach auch für Zusammenschlüsse u. a. folgender Bereiche gelten:

  • Sozialfürsorge und soziale Sicherheit
  • Erziehung und Jugendhilfe
  • Sport und Kultur.

Zweck der Regelungen ist, den Zugang zu bestimmten Dienstleistungen unter Vermeidung höherer Kosten zu erleichtern.

Der EuGH gewährt dem deutschen Gesetzgeber zwar die Möglichkeit die Steuerbefreiung beim Risiko der Wettbewerbsverzerrung einzuschränken, dies müsse aber im Einzelfall beurteilt werden und nicht wie bisher per pauschaler Begrenzung auf eine Berufsgruppe.

Somit muss Deutschland die Regelungen von Artikel 132 (1) f MwStSystRL nunmehr in nationales Recht umsetzen. Solange dies nicht erfolgt ist, können sich Steuerpflichtige auf die Regelungen der MwStSystRL berufen, um u. U. eine Befreiung von der deutschen Umsatzsteuer zu erreichen.

So hat bspw. das FG Münster mit Urteil vom 14. Februar 2017 (15 K 33/14 U) entschieden, dass IT-Leistungen, die eine Genossenschaft an Krankenkassen erbringt, nach Art. 132 (1) f MwStSystRL von der Umsatzsteuer befreit sind.

Insbesondere vor dem Hintergrund der umsatzsteuerlichen Neuregelung der Besteuerung der öffentlichen Hand (§ 2b UStG) sind die Rechtsentwicklungen im Bereich von Art. 132 MwStSystRL weiter zu beobachten, da sich insoweit Gestaltungsspielraum ergeben kann.

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