Fachnews
Arbeitsunfall im Homeoffice – und nun?

In vielen Unternehmen hat das Thema Homeoffice spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie erheblich an Bedeutung gewonnen. Es ist davon auszugehen, dass auch nach dem Ende der Corona-Pandemie viele Arbeitnehmer/innen aus dem Homeoffice heraus tätig sein werden. Neben vielen Fragen zu den Themen Organisation, Datenschutz etc. ist die Frage nach dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz nicht weniger von Bedeutung. In einer aktuellen Entscheidung hat sich das Bundessozialgericht (erneut) mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen ein Unfall im Homeoffice unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fällt.

14.01.2022

Bundessozialgericht, Urteil vom 8. Dezember 2021, B 2 U 4/21 R

Erweiterter Unfallversicherungsschutz durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz

Vor dem Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes galt bereits, dass Beschäftigte im Homeoffice in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen. Versichert sind grundsätzlich die Arbeitstätigkeit und sog. Betriebswege, z. B. der Weg zum Arbeitsplatz. Im Homeoffice nicht versichert waren hingegen Wege in die Küche (z. B., um sich ein Getränk zu holen), der Gang zur Toilette oder Unfälle, die sich auf dem Hin- oder Rückweg zur/von der Kita ins Homeoffice ereigneten, da diese nach bisheriger Rechtslage vielmehr eigenwirtschaftlichen und nicht betrieblichen Interessen dienten. Die Abgrenzung war mitunter schwierig.

Mit Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes am 18. Juni 2021 änderte sich dies. Arbeitnehmer sind zukünftig im selben Umfang versichert, wie dies bei Ausübung der Tätigkeit im Betrieb der Fall ist (§ 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII). Nach dem Willen des Gesetzgebers sind Beschäftigte nun auch auf Wegen zur Nahrungsaufnahme und zur Toilette versichert. Ausdrücklicher Versicherungsschutz besteht zudem dann, wenn das im gemeinsamen Haushalt lebende Kind zu einer externen Betreuung gebracht wird. Auf dem Hin- und Rückweg besteht folglich Versicherungsschutz. Dies ist sehr zu begrüßen.

Urteil des Bundessozialgerichts

In dem der Entscheidung aus Dezember 2021 zugrunde liegenden Sachverhalt erkannte das Bundessozialgericht einen Arbeitsunfall an. Der im Homeoffice tätige Beschäftigte stürzte auf dem Weg in sein Homeoffice-Büro eine Wendeltreppe hinab. Die Richter sehen hierin einen versicherten Betriebsweg. Der Weg diente allein der Tätigkeitsaufnahme und somit dem Interesse des Arbeitgebers.

Zu erwähnen ist, dass der hier zu entscheidende Fall – im Vergleich zu zahlreichen anderen Fällen – relativ eindeutig war. Auch ohne die Gesetzesänderung wäre dieser nicht anders zu beurteilen gewesen. Bereits im Jahr 2018 urteilten die Richter in einem ähnlichen Fall, dass ein Treppensturz auf dem direkten Weg ins Homeoffice zum Zwecke der Arbeitsaufnahme im konkreten Einzelfall einen Arbeitsunfall darstellen kann.

Anmerkung

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von Homeoffice ist die Gesetzesänderung zu begrüßen. Beschäftigten im Homeoffice kommt ein erweiterter Schutz in der gesetzlichen Unfallversicherung zugute. Dies ist auch sachgerecht, da diese Beschäftigten nicht schlechter stehen sollen als jene im Betrieb. Durch die Gesetzesänderung wird der lückenhafte Versicherungsschutz den heutigen Arbeitsbedingungen angepasst.

Zu beachten ist, dass nicht jeder Unfall im Homeoffice per se einen Arbeitsunfall darstellt. Es kommt stets auf die Umstände des konkreten Einzelfalls an.

Bei Fragen zum Thema stehen wir gern zur Verfügung.

Wir beraten persönlich

Ihre Ansprechpartner
Nicole Jochheim
Nicole Jochheim

Senior Associate, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Verwaltungsrecht, Fachanwältin für Sozialrecht

eureos Infoservice

Wir behalten den Überblick für Sie: Mit unserem multidisziplinären Newsletter informieren wir Sie einmal monatlich über aktuelle Fachthemen und senden Ihnen Einladungen zu unseren Fach- und Netzwerkveranstaltungen.

Jetzt anmelden