Nachdem die Finanzmärkte durch das Aufkommen der Corona-Krise weltweit erhebliche Kursrückgänge verzeichnen mussten, haben sie in den letzten Wochen eine dramatische Aufholjagd erfahren. Der Optimismus, dass sich die Wirtschaft von dem Einbruch relativ schnell erholt, ist groß.
Dies kann auf mehrere Faktoren zurückgeführt werden: Erstens ist es zu einer, bisher nie da gewesenen, massiven geld- und fiskalpolitischen Reaktion der Politik und der Zentralbanken gekommen. Zweitens wurde der Pandemie in den meisten Staaten mit drakonischen Maßnahmen begegnet, die zumindest in den entwickelten Ländern weitgehend gefruchtet und zu einer spürbaren Verlangsamung der Infektionszahlen geführt haben. Drittens zeichnen sich nach dem großen Einbruch der wirtschaftlichen Aktivitäten klare Erholungstendenzen ab.
Wie immer bei Krisen, auch wenn die Umstände jeweils andere sind (z. B. Weltfinanzkrise), antizipieren die Märkte sehr schnell eine Rückkehr zur Normalität. Die Kurse eilen somit den realen Verhältnissen oft voraus, so wie jetzt auch geschehen. Trotzdem haben die Märkte weiterhin Potential. Der strukturelle Wandel, der durch die Krise beschleunigt wird, ist ein unvermeidlicher Begleiter. Festzuhalten ist, dass die Krise auch als ein Katalysator für bereits bestehende Trends wirkt. So wird das derzeitige weltweit ultratiefe Zinsniveau für eine noch längere Zeit Bestand haben. Als Konsequenz sind nennenswerte Erträge daher nur in mit Risiken verbundenen Vermögenswerten erzielbar.
Anleger sollten sich die Chancen auf dem Kapitalmarkt mit einem diversifizierten Portfolio eröffnen. Es gilt, eine persönlich passende Positionierung zu finden, das heißt, nicht zu viele aber auch nicht zu wenige Risikopositionen zu halten. Die Aktienmärkte bieten nach wie vor Chancen, um am zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen zu partizipieren. Dabei sollte in der Titelauswahl Wachstum und Qualität der Unternehmen vorrangig sein. Die zukunftsträchtigen Firmen des Technologiebereiches, defensivere im Gesundheitswesen, aber auch Industrietitel, in denen die wirtschaftliche Erholung noch nicht eingepreist ist, gehören u. a. ins Portfolio. Generell lässt sich sagen, dass das, was vor Corona vielversprechend und erfolgreich war, erfolgreich bleibt.
Eine Branche, die erst später die alten Niveaus erreichen wird, ist z. B. die Tourismusbranche. Auch ist zu beachten, dass neue Trends, wie Homeoffice, bleiben werden. Begünstigt durch staatliche Förderungen und Regulierungen sind auch Umweltthemen als Chancen zu betrachten. Bei der Aktienauswahl sollten bevorzugt Unternehmen ausgewählt werden, die in Wachstumsmärkten erfolgreich unterwegs sind. Die enorme Geldschöpfung der Zentralbanken und auch Ausgaben der Regierungen wecken Befürchtungen, dass in den nächsten Jahren Inflation entstehen könnte. Ein weiterer Grund, neben Aktien auch in andere reale Güter zu investieren. Neben Immobilien bietet sich hier auch Gold an. Festverzinsliche Anlagen dienen eher zu Diversifizierung. Sie sollten in den Bereichen vorgenommen werden, in denen noch positive Renditen erzielt werden können, um Schwankungen im Portfolio zu begrenzen. Aus deutscher Sicht sollten Anleger eine internationale Perspektive nicht aus den Augen verlieren, findet das wirtschaftliche Wachstum doch überwiegend außerhalb Europas statt. Aus diesem Grund sollte daher eine geographische Diversifikation vorgenommen werden.
Autor: Frank Hansen, Chefanlagestratege der Reuss Private AG
Die eureos corporate finance gmbh und die Rocco Damm AG / Reuss Private AG kooperieren seit 2018 projektbezogen im Bereich betriebs- und volkswirtschaftlicher sowie kapitalmarktbezogener Fragestellungen.