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Bundesfinanzhof: „Tumormeldungen“ an Krebsregister sind keine steuerfreien Heilbehandlungen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 9. September 2015 (Az. XI R 31/13) in der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichtes (FG) Berlin-Brandenburg vom 18. Juni 2013 (Az. 5 K 5412/11) entschieden, dass Tumormeldungen eines Arztes für ein Krebsregister keine umsatzsteuerfreien Heilbehandlungen darstellen und die hierfür berechnete pauschale Vergütung der Umsatzsteuer unterliegt.

25.01.2016

25.01.2016

Die Klägerin, welche in den Streitjahren 2004 und 2005 eine urologische Gemeinschaftspraxis betrieb, erbrachte in den betreffenden Jahren sogenannte „Tumormeldungen“ für ein Krebsregister. Diese Meldungen beinhalteten bestimmte Daten der Patienten auf einem einheitlichen Formblatt. Für jede vorgenommene „Tumormeldung“ erhielt die Klägerin eine pauschale Vergütung, welche sie nach § 4 Nr. 14 UStG in der bis zum 31. Dezember 2008 gültigen Fassung als umsatzsteuerfrei ansah.

Der BFH wies die von der Gemeinschaftspraxis erhobene Revision gegen das Urteil des FG Berlin-Brandenburg als unbegründet zurück. Nach den Feststellungen des FG bestanden die Leistungen der Klägerin in der reinen Dokumentation der erfolgten Behandlungen und erforderten keinerlei gutachterliche oder fachliche Tätigkeit des Arztes. Sie waren weder als Abschluss noch als Vorbereitung einer Therapie anzusehen. Das FG folgerte daraus, dass die von der Klägerin vorgenommenen Tumormeldungen für das Krebsregister keinem therapeutischen Zweck dienten, da es an dem notwendigen unmittelbaren Bezug zu einer Heilbehandlungstätigkeit fehle. Im Ergebnis sah das FG Berlin-Brandenburg daher die Leistungen als umsatzsteuerpflichtig an.

Der BFH ist an diese Würdigung gebunden, da durch das FG nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen wurde. Für die Frage, ob die Leistungen einem therapeutischen Zweck dienen, genügt es nicht, dass sich möglicherweise oder mittelbar Auswirkungen auf eine Heilbehandlung ergeben. Die Tumormeldungen sind auch kein unerlässlicher, fester und untrennbarer Bestandteil der Heilbehandlung.

Auch Krankenhäuser führen entsprechende Meldungen an Krebsregister aus. Nach den Feststellungen des BFH sind Tumormeldungen nicht als umsatzsteuerfreie Heilbehandlungen einzustufen. Jedoch umfasst die Steuerbefreiung für Krankenhausbehandlungen auch die mit diesen Heilbehandlungen eng verbundenen Umsätze. Die Frage, ob eine Tumormeldung eine solche eng mit einer Krankenhausleistung verbundene Leistung ist, musste das Gericht im vorliegenden Fall nicht klären.

Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil „CopyGene“ vom 10. Juni 2010, C-262/08, insb. Rz. 48) ist dies theoretisch möglich. Ein hinreichend enger Zusammenhang zwischen einer (zukünftigen) Krankenhausbehandlung und der erfolgten Tumormeldung wäre gegeben, wenn

  • die Verwendung der Daten nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft für eine Behandlung oder Verhütung einer bestimmten Krankheit möglich und geboten wäre und
  • die Krankheit in einem bestimmten Fall auftritt oder aufzutreten drohe.

Ob zwischen einer Meldung und einer Krankenhausbehandlung möglicherweise eine erhebliche Zeitspanne läge, wäre unerheblich. Offen ist zudem, ob die Erhebung der Daten (auch) zu Forschungszwecken für die Annahme einer eng mit einer konkreten Krankenhausbehandlung verbundenen Leistung schädlich wäre. Problematisch für die Praxis ist aber, die vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen für die Steuerbefreiung mit hinreichender Sicherheit zu bejahen.

In der Praxis ist das Problem der Umsatzsteuerpflicht für die Tumormeldungen spätestens seit dem FG-Urteil aus dem Jahr 2013 bekannt. Daher wurde in § 2 Abs. 3 der Krebsregister-Meldevergütung-Vereinbarung nach § 65c Abs. 6 Satz 5 SGB zwischen dem GKV-Spitzenverband, dem Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V., der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung geregelt, dass – mit Blick auf das nunmehr entschiedene Verfahren – die Umsatzsteuer gegebenenfalls zusätzlich zu den vereinbarten Vergütungen zu entrichten sei.

Inwieweit die einzelnen Leistungserbringer nunmehr rückwirkend Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen müssen, ist an Hand der individuellen steuerlichen Situation zu klären. Gern unterstützen wir Sie hierbei.

Ihre Ansprechpartner:

Doreen Adam, Steuerberaterin

Corina Fensch, Steuerberaterin

 

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Partnerin, Steuerberaterin, Fachberaterin für das Gesundheitswesen (DStV e. V.)

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