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Vergabeverfahren: Folgen des Fehlens einer ordnungsgemäßen Kostenermittlung

Gehen in einem Vergabeverfahren keine wirtschaftlichen Angebote ein, kann ein Vergabeverfahren mangels Finanzierbarkeit aufgehoben werden. Voraussetzung dafür ist eine ordnungsgemäße Ermittlung des Kostenbedarfs, so die Vergabekammer Sachsen-Anhalt in aktuellen Entscheidungen.

17.10.2018

Wenige Angebote, hohe Summen

Aktuell ist festzustellen, dass sich die öffentlichen Auftraggeber bei der Ausschreibung vor allem von Bauaufträgen deutlich höheren Angebotspreisen gegenübersehen, als dies in der Vergangenheit üblich war. Dieser Umstand ist offenbar der aktuellen Konjunktur geschuldet.

Außerdem gehen bei öffentlichen Auftraggebern häufig nur wenige, teilweise gar keine Angebote ein. Nicht selten liegen diese Einzelangebote dann über den Kostenschätzungen des Auftraggebers bzw. übersteigen das veranschlagte Budget.

Ausweg: Aufhebung des Vergabeverfahrens

In diesen Fällen ist der Auftraggeber häufig gezwungen, das Vergabeverfahren zu beenden, da ein wirtschaftliches Angebot nicht gegeben ist. Grundsätzlich ist der Auftraggeber in einem solchen Fall regelmäßig berechtigt, das Vergabeverfahren kostenneutral aufzuheben.

Die rechtmäßige Aufhebung wegen mangelnder Finanzierbarkeit setzt aber voraus, dass der Auftraggeber den Kostenbedarf ordnungsgemäß ermittelt hat.

Die Auffassung der Vergabekammer Sachsen-Anhalt

In einer Reihe aktueller Entscheidungen hat die Vergabekammer Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 15. Januar 2018, 3 VK LSA 100/17; Beschluss vom 9. Februar 2018, 3 VK LSA 03/18; Beschluss vom 12. September 2018, 3 VK LSA 49/18) entschieden, dass die der jeweiligen Vergabeverfahren zu Grunde liegende Kostenschätzung nicht ordnungsgemäß erfolgt war. Das hatte zur Folge, dass sich der Auftraggeber daher nicht auf den Aufhebungsgrund der mangelnden Finanzierbarkeit berufen konnte.

Diese Entscheidungen machen deutlich, dass die Auftraggeber vor Einleitung eines Vergabeverfahrens größte Sorgfalt bei der Kostenschätzung walten lassen müssen.

Zeitnahe und korrekte Ermittlung des Kostenbedarfs

Der Kostenbedarf muss zeitnah und korrekt ermittelt werden, etwa auch durch Hinzuziehung der Ingenieurbüros, welche die Leistungsverzeichnisse erstellen. Außerdem muss ein Auftraggeber die Finanzierung für ein Bauvorhaben vorab sicherstellen.

Nur in diesen Fällen ist der Auftraggeber sachlich berechtigt, das Vergabeverfahren aufzuheben. Anderenfalls ist die Aufhebung zwar wirksam, der Auftraggeber läuft aber Gefahr, dass er sich gegenüber den Bietern schadensersatzpflichtig macht. Unter engen Voraussetzungen steht einem Bieter dann sogar Ersatz des entgangenen Gewinns zu.

Auch hier hat die Vergabedokumentation eine wichtige Bedeutung. In ihr muss sich die ordnungsgemäße Kostenermittlung nachvollziehen lassen.

 

Gerne unterstützen wir Sie in den einzelnen Stadien des Vergabeverfahrens, insbesondere bereits bei der Prüfung der Ausschreibungsreife.

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