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Ist die Besteuerung von Nebenleistungen zu Übernachtungsleistungen mit dem Regelsteuersatz unionsrechtswidrig?

Dies ist zumindest dem Urteil des EuGHs vom 18. Januar 2018 (C-463/16, Stadion Amsterdam CV) abzuleiten, wonach bei einheitlichen Leistungen, die aus zwei separaten Bestandteilen bestehen, nur ein einheitlicher Mehrwertsteuersatz anzuwenden ist.

15.05.2018

Der entschiedene Fall

Die Klägerin „Stadion Amsterdam“ bietet neben der Vermietung des Stadions für Sport- und Kulturveranstaltungen auch geführte Stadiontouren an. In der Stadiontour inbegriffen ist der Besuch des im Stadion gelegenen Vereinsmuseums des Fußballclubs AFC Ajax Amsterdam. Die Leistungen wurden als einheitliche Leistung beurteilt. Nunmehr sollte sich das Gericht dazu äußern, ob auch bei Vorliegen einer einheitlichen Leistung unterschiedliche Steuersätze Anwendung finden könnten; denn nach niederländischem Recht unterliegt die Stadiontour dem Regelsteuersatz, der Besuch des Museums dagegen dem ermäßigten Steuersatz.

Eine einheitliche Leistung kann nicht unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen

Die angebotenen Leistungen der Klägerin sind nach Auffassung des EuGH als einheitliche Leistung anzusehen, die aus der Hauptleistung Stadiontour und der Nebenleistung Museumsbesuch besteht. Das Gericht führt dabei aus, dass eine einheitliche Leistung ein und demselben Steuersatz unterliegen muss; eine Anwendung unterschiedlicher Steuersätze führe zu einer künstlichen Aufspaltung der Leistung und könne die Funktionalität des Mehrwertsteuersystems beeinträchtigen. Die Tatsache, dass der jeweilige Preis der einzelnen Bestandteile bestimmbar sei, spiele dabei keine Rolle.

Der EuGH sieht sich mit seiner Entscheidung nicht im Widerspruch zu seiner bisherigen Rechtsprechung.

Konsequenzen für die derzeitige Rechtslage in Deutschland

Grundsätzlich teilen Nebenleistungen das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistungen. Die deutsche Finanzverwaltung sowie die Rechtsprechung stellen jedoch derzeit ein Aufteilungsgebot über diesen allgemeinen Grundsatz. Danach ist für bestimmte Leistungsbündel eine Aufteilung vorzunehmen; eine Besteuerung zu einem einheitlichen Steuersatz kommt nicht in Frage.

Unter dieses Aufteilungsgebot fallen insbesondere Nebenleistungen zu Beherbergungsleistungen wie z.B. Verpflegungsleistungen, Transport oder das Bereitstellen von Parkmöglichkeiten (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG). Ein weiterer typischer Fall des Aufteilungsgebots ist die Nichtanwendung der Steuerbefreiung für Grundstückslieferungen auf mitüberlassene Betriebsvorrichtungen (§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG).

Unseres Erachtens ist das deutsche Aufteilungsgebot danach ebenfalls als unionsrechtswidrig einzustufen; dennoch ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung weiterhin den Aufteilungsgrundsatz anwendet, bis ggf. eine gerichtliche Entscheidung darüber eingeholt wird.

Betroffene Unternehmen können jedoch unter Bezug auf die EuGH- Rechtsprechung bereits jetzt auf eine Aufteilung von Haupt- und Nebenleistung verzichten und den einheitlichen Steuersatz der Hauptleistung anwenden. Damit könnten beispielsweise Hotelübernachtungen und Frühstück einheitlich mit sieben Prozent besteuert werden. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass hier die Finanzverwaltung widersprechen wird und die EuGH-Rechtsprechung im Rahmen eines Finanzgerichtsprozesses eingeklagt werden muss. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch die Rechnungen entsprechend ausgestellt werden müssen.

Auf alle Fälle sollten alle Umsatzsteuerbescheide offengehalten werden, sofern sie derartige Umsätze enthalten. Welcher der für Sie passende Weg ist, können wir gerne gemeinsam erörtern.

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