Fällt jetzt die Schriftform? - Die geplanten Änderungen des Nachweisgesetzes im Zuge des Entbürokratisierungspaketes

Die mit dem 4. Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) vorgesehene Herabstufung des Schriftformerfordernisses im Nachweisgesetz (NachwG) soll nach einer Ankündigung des Bundesjustizministers nochmals eine Anpassung hin zur Textform erfahren. Dadurch könnte die Vertragsschlusspraxis für Unternehmen effektiver und bürokratiearmer werden.

Arbeitsrecht
Aktuelle Rechtslage

Ein Arbeitsvertrag unterliegt grundsätzlich keinem Formerfordernis, sondern er kann mündlich geschlossen werden, auch wenn dies (insbesondere aus Beweisgründen) nicht empfehlenswert ist. Ausnahmen bilden nur gesetzliche Schriftformerfordernisse, wie z. B. in § 14 Abs. 4 TzBfG (Schriftform der Befristungsabrede) oder § 74 Abs. 1 HGB (Schriftform des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes).

Nichtsdestotrotz sind aktuell nach dem NachwG die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses zur Klarstellung sowie zur Bekämpfung illegaler Beschäftigungsverhältnisse schriftlich (d. h. Papierform mit Originalunterschrift) niederzulegen. Die unterzeichnete Niederschrift ist innerhalb der jeweiligen Fristen gem. § 2 NachwG dem/der Arbeitnehmer/in auszuhändigen, es sei denn, der/die Arbeitgeber/in ist dieser Pflicht durch Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages bereits in ausreichendem Maße nachgekommen.

Die Schriftform zum Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen ist erst durch eine Änderung des NachwG am 1. August 2022 in Kraft getreten. Dies hat erhebliche Kritik erfahren, zumal die zugrundeliegende EU-Richtlinie 2019/1152 in Art.3 („Arbeitsbedingungenrichtlinie“, Richtlinie (EU) 2019/ des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union (europa.eu)) ausdrücklich die elektronische Form hierfür zulässt.

Geplante Änderungen im Zuge des 4. Bürokratieentlastungsgesetzes

Die zuletzt veröffentlichte Fassung des Regierungsentwurfs zur Änderung des NachwG durch das BEG IV (Link: RegE_BEG_IV.pdf (bmj.de)) vom 19. März 2024 sieht noch vor, dass das Schriftformerfordernis im NachwG unverändert bleibt, aber durch einen Arbeitsvertrag in ausdruckbarem Format sowie in elektronischer Form, d. h. mit qualifizierter Signatur ersetzt werden kann.

Zur Vereinfachung des Digitalisierungsprozesses hat der Bundesjustizminister am 21. März 2024 (Link: BMJ – Expertensuche – Zitat) bekanntgegeben, dass der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen künftig auch komplett digital möglich sein soll, wenn die Zugänglichkeit sowie die Speicher- und Druckmöglichkeit des Vertragsdokuments sichergestellt ist und der/die Arbeitgeber/in einen Übermittlungs- oder Empfangsnachweis über den Arbeitsvertrag erhält.

Damit können Arbeitsverträge künftig in Textform (§ 126b BGB) abgeschlossen werden bzw. die Niederschrift nach dem NachwG kann in Textform erfolgen. Dies wäre z. B. per E-Mail ausreichend.

Ein schriftlicher oder mit qualifizierter Signatur versehener Nachweis wird nicht mehr erforderlich sein. Etwas anderes gilt nur, wenn der/die Arbeitnehmer/in dies ausdrücklich verlangt oder es sich um ein Arbeitsverhältnis aus einem Wirtschaftsbereich oder -zweig nach § 2a Abs.1 SchwarzArbG handelt (z. B. im Bau-, Gebäudereinigungs- oder Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe).

Unser Fazit

Der geplante Wegfall der Schriftform im NachwG ist zu begrüßen. Dies bringt Arbeitgebern insbesondere nach der Änderung des NachwG im Jahre 2022 Entlastung. Die Vorgabe einer qualifizierten elektronischen Signatur, wie im noch aktuellen Gesetzesentwurf enthalten, ist u.E. nicht hilfreich. Diese könnte wiederum eine Hürde für Arbeitnehmer darstellen.

Gleichzeitig wird der mit dem NachwG verfolgten Beweis- und Transparenzfunktion ausreichend Rechnung getragen, indem die wesentlichen Arbeitsbedingungen zugänglich, speicher- und druckbar sind, sodass eine Absenkung des Schutzniveaus für Arbeitnehmer nicht zu befürchten ist. Allen Arbeitgebern ist in diesem Zusammenhang dringend anzuraten, für ein vollständiges und funktionsfähiges Dokumentenmanagement Sorge zu tragen!

Ferner ist zu berücksichtigen, dass die o. g. Schriftformerfordernisse nach dem TzBfG und HGB weiterhin bestehen bleiben.

Da die vom Bundesjustizminister angekündigte Anpassung des NachwG noch nicht in den Gesetzesentwurf eingearbeitet ist und darüber noch im Bundesrat sowie im Bundestag entschieden werden muss, bleibt abzuwarten, wann die Schriftform im NachwG tatsächlich entfällt.

Wir halten Sie selbstverständlich auf dem Laufenden und stehen Ihnen für alle arbeitsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Abschluss und Gestaltung von Arbeitsverträgen zur Verfügung.

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Franziska Häcker
Franziska Häcker

Partnerin, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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