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15.12.2021
Nach überwiegender Auffassung stellen Kryptowährungen immaterielle Wirtschaftsgüter im Sinne des § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG dar (so beispielsweise das FG Berlin-Brandenburg, das Finanzministerium Hamburg oder das Bundesministerium der Finanzen [BMF] laut der Entwurfsfassung zu einem BMF-Schreiben zur steuerlichen Behandlung von Kryptowährungen). Verkäufe werden daher wie private Veräußerungsgeschäfte behandelt. Diese Auffassung hat das FG BaWü mit dem oben genannten Urteil bestätigt. Damit sind Verkäufe, die außerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vorgenommen werden und zu Gewinnen führen, steuerfrei.
In seiner Einkommensteuererklärung 2017 erklärte der Kläger Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen. Im Innenverhältnis erfolgte der An- und Verkauf der Kryptowährung (Bitcoin) treuhänderisch durch dessen Sohn in dessen eigenem Namen. Dieser kaufte mit US-Dollar Bitcoin, die er zum Teil direkt handelte und außerdem teilweise zum Erwerb weiterer Kryptowährungen nutzte. Der Erwerb und die Veräußerung erfolgten jeweils innerhalb eines Jahres. Das Finanzamt (Beklagte) nahm daher Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften an, wogegen sich der Kläger im Rahmen eines Einspruchsverfahrens zur Wehr setzte. Zur Begründung führte der Kläger an, dass kein „anderes Wirtschaftsgut“ im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vorliege. Weitere Gründe, die der Kläger ins Feld führte, waren:
Das FG BaWü wies diese Auffassung entschieden und mit einer umfassenden Begründung zurück.
Der Begriff des Wirtschaftsgutes sei weit auszulegen und umfasse sämtliche vermögenswerte Vorteile, deren Erlangung sich der Steuerpflichtige etwas kosten lässt und die einer selbstständigen Bewertung zugänglich sind. Durch den Erwerb der Kryptowährungen habe der Kläger einen vermögenswerten Vorteil erlangt. Insbesondere wies das Gericht darauf hin, dass dem Erwerber von Kryptowährungen im Blockchain verbindlich ein Anteil an der Währung zugerechnet wird, der die Chance auf Wertsteigerung in sich trage und zu dem nur der Erwerber Zugang hatte (sogenannter Private Key). Darüber hinaus sei die Kryptowährung an sich einer besonderen Bewertung zugänglich; der Wert ermittle sich durch Angebot und Nachfrage. Technische Details seien für die rechtliche Bewertung des Wirtschaftsguts nicht entscheidend.
Auch strukturelle Vollzugsdefizite seien nicht ersichtlich. Insbesondere bei Auslandssachverhalten habe der Steuerpflichtige eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Darüber hinaus seien zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe sowie Sammelauskunftsersuchen zur Einholung erforderlicher Auskünfte bei Internethandelsplattformen möglich.
Ein Kontenabruf sei insbesondere bei solchen Kryptobörsen möglich, die Finanzkommissionsgeschäfte betreiben, da sie in diesem Fall als Kreditinstitute gelten.
Abschließend wies das Gericht darauf hin, dass die aktuelle Regulatorik auf die neuartigen Fälle im Zusammenhang mit Kryptowährungen anzuwenden sei, da dem Gesetzgeber eine sofortige Regulierung aller technischer Neuerungen nicht zumutbar sei.
Kryptowährungen nehmen eine immer größere Rolle bei Anlage- und Spekulationsgeschäften ein. Ihre steuerliche Behandlung muss daher, mangels gesetzlicher Regelungen, auf Basis der aktuell zur Verfügung stehenden Regelungen vorgenommen werden. Das FG BaWü bestätigte mit seinem Urteil die aktuell herrschende Meinung im Zusammenhang mit der Besteuerung von Kryptowährungen. Es ist daher, insbesondere vor dem Hintergrund möglicher unbegrenzter Wertsteigerungen, genauestens darauf zu achten, welche Art von Investition im Zusammenhang mit Kryptowährungen vorgenommen wird und wie diese nach aktuellem Recht besteuert werden. Das BMF hat bisher kein finales BMF-Schreiben zur Besteuerung von Kryptowährungen herausgegeben. Neben den teils komplizierten technischen Details erschwert dieser Umstand entsprechende Investitionsvorhaben.
Gegen das Urteil des FG BaWü wurde Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt. Das Aktenzeichen ist noch nicht bekannt.
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