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OLG Naumburg bestätigt die von eureos-Anwalt Lars Mörchen geltend gemachten Schadensersatzansprüche

Schuldet ein Planer einem öffentlichen Auftraggeber sämtliche Grundleistungen der Leistungsphasen 6 „Vorbereitung der Vergabe" und 7 „Mitwirkung bei der Vergabe" des Leistungsbildes des § 34 HOAI, können sich aus dem Ingenieurvertrag Regressansprüche ergeben, wenn die Auftragsvergabe fehlerhaft war.

28.02.2023
Vergaberecht
Problem/Sachverhalt

Eine Kommune, die zum damaligen Zeitpunkt über keine eigene Vergabestelle verfügte, beauftragte ein Planungsbüro mit der Ausschreibung, der Vergabe und der örtlichen Bauüberwachung für die Errichtung eines Bauwerks. Im Ingenieurvertrag wurden als Grundleistungen insbesondere die „Vorbereitung der Vergabe“ (Leistungsphase 6) und die „Mitwirkung bei der Vergabe“ (Leistungsphase 7) vereinbart.
Für das Bauvorhaben waren Fördermittel bewilligt worden. Der Zuwendungsgeber widerrief den Fördermittelbescheid und kürzte die Zuwendung in voller Höhe. Er stützte seine Entscheidung u. a. darauf, dass in Bezug auf die Vergabe der Bauleistungen Vergabeverstöße festzustellen waren.
Die Kommune nahm daraufhin das Planungsbüro auf Schadensersatz aus dem Ingenieurvertrag in Anspruch und verlangte einen Betrag von ca. EUR 27.000,00. Das Landgericht gab der Klage statt. Hiergegen legte das Planungsbüro Berufung ein.

Entscheidung

Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht Naumburg (OLG Naumburg, Urteil vom 16. Dezember 2022 – 7 U 40/22) bestätigte mit seiner Entscheidung das Urteil des Landgerichts Halle (Saale) in vollem Umfang.
Verursacht ein Planer Vergabeverstöße, muss er einem ihn beauftragenden öffentlichen Auftraggeber Schadensersatz leisten, wenn er sich zur Erbringung sämtlicher Grundleistungen der Leistungsphasen 6 „Vorbereitung der Vergabe“ und 7 „Mitwirkung bei der Vergabe“ des Leistungsbildes des § 34 HOAI vertraglich verpflichtet hat.
Ein öffentlicher Auftraggeber und Zuwendungsempfänger ist – als Normadressat des Vergaberechts – grundsätzlich für die Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens eigenverantwortlich. Das führt aber nicht zu einer Beschränkung der vom Planer vertraglich übernommenen Leistungspflichten.
Den öffentlichen Auftraggeber trifft ein Mitverschulden nur dann, wenn er in der Lage ist, die Pflichtwidrigkeiten des Planers zu erkennen. Eine fahrlässige Mitverursachung des Vergaberechtsverstoßes kommt daher in Betracht. Der Auftraggeber und Zuwendungsempfänger war nicht verpflichtet, gegen den Widerrufsbescheid einen Rechtsbehelf einzulegen. Vor dem Hintergrund der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB besteht eine Pflicht nur dann, wenn für den Rechtsbehelf hinreichende Erfolgsaussichten bestehen.

Praxishinweise

Architekten und Planungsbüros sollten sich bewusst sein, dass die Übernahme der Organisation und Abwicklung des Vergabeverfahrens grundsätzlich eine zulässige rechtsberatende Nebenleistung des Planers ist. Bei Abschluss eines Ingenieurvertrages sollte der konkrete Leistungsumfang klar definiert werden, um mögliche Regressforderungen von vornherein auszuschließen.
Für Zuwendungsempfänger gilt, dass sie ihre vergaberechtlichen Verpflichtungen nicht auf von ihr beauftragte Berater abwälzen können. Im Verhältnis zum Zuwendungsgeber bleiben sie grundsätzlich in der Verantwortung und haben die ordnungsgemäße Durchführung des Vergabeverfahrens zu beachten.

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