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Grunderwerbsteuerbefreiung bei Vereinigung der Anteile an einer Familien-Personengesellschaft

Auf dem Gebiet der Grunderwerbssteuer wendet die Rechtsprechung regelmäßig die Auslegungsmethode der Zusammenschau von Befreiungsvorschriften an (sog. interpolierende Betrachtungsweise). Das FG Baden-Württemberg hat sich nun in einem neuerlichen Urteil mit der Frage befasst, inwieweit die interpolierende Betrachtungsweise bei der Vereinigung von Anteilen an einer Personengesellschaft, an der die Kinder des Steuerpflichtigen beteiligt sind, zur Steuerbefreiung führt.

14.02.2025
Unternehmens- und Konzernsteuerrecht
Sachverhalt

Der Kläger war zusammen mit seinen beiden Söhnen Gesellschafter einer grundstücksbesitzenden KG. Seine ursprüngliche Beteiligung lag bei 50 %, die seiner Söhne bei jeweils 25 %. Später wurde die Beteiligung des Klägers auf 52,5 % erhöht und die der Söhne auf jeweils 23,75 % herabgesetzt.

Schließlich brachte der Kläger gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen ein Grundstück aus seinem Privatvermögen in die Gesellschaft ein. Der Kläger war fortan zu 97 % und seine beiden Söhne zu jeweils 1,5 % am Festkapital beteiligt.

Diesen Vorgang bewertete das Finanzamt als Vereinigung von Anteilen im Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG und setzte Grunderwerbsteuer fest. Dabei erkannte es nur eine Steuerbefreiung von 50 % nach § 6 Abs. 2 GrEStG an. Eine weitergehende Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG komme nicht infrage, da der Anteilserwerb von der Gesellschaft und nicht von den Söhnen erfolgt sei. Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers blieb erfolglos.

Entscheidung des FG Baden-Württemberg

In seinem Urteil vom 5. Juli 2024 (Az 5 K 2326/22) hat sich das FG Baden-Württemberg zu dem Fall positioniert. Zunächst geht das Gericht dabei der Vorfrage nach, welchem Steuertatbestand die Beteiligungserhöhung des Klägers unterliegt. Hier schließen sich die Richter tendenziell der bisherigen Rechtsprechungslinie des BFH an, wonach bei der unmittelbaren Anteilsvereinigung bei einer Personengesellschaft nicht § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, sondern § 1 Abs. 3a GrEStG einschlägig ist. Gleichwohl lässt das Urteil anklingen, dass in dieser Frage künftig eine Rechtsprechungsänderung bevorstehen könne.

Anschließend erörtert das Gericht die Kernfrage, inwieweit der Vorgang steuerfrei ist. Wie vom Finanzamt anerkannt, ergibt sich zunächst aus § 6 Abs. 2 GrEStG eine Steuerbefreiung in Höhe der ursprünglichen Beteiligung von 50 %. Nach Ansicht des Gerichts ist darüber hinaus aber zusätzlich noch eine Steuerbefreiung von 47,5 % gemäß § 3 Nr. 6 GrEStG zu berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift ist der Grundstückserwerb zwischen Personen in geradliniger Verwandtschaft von der Besteuerung ausgenommen. Die Argumentation des Finanzamts konnte die Richter indes nicht überzeugen. Entscheidend sei nämlich nicht, von wem die vereinigten Anteile erworben wurden, sondern von wem das Grundstück infolge dieser Anteilsvereinigung erworben wurde. Zwar erfolgte auch der (fingierte) Grundstückserwerb von der Personengesellschaft. Jedoch gebiete es die Rechtsnatur der Personengesellschaft, persönliche Eigenschaften der Gesellschafter anteilig zu berücksichtigen. Im Wege der interpolierenden Anwendung der Befreiungstatbestände des § 6 Abs. 2 GrEStG und § 3 Nr. 6 GrEStG ist daher durch die KG auf die Gesellschafter und deren persönlichen Verhältnisse – darunter auch die Verwandtschaftsverhältnisse – hindurchzusehen. Insofern führt die bisherige Beteiligung der beiden Söhne (je 23,75 %) als geradlinige Verwandte des Klägers zu einer Steuerbefreiung von 47,5 % nach § 3 Nr. 6 GrEStG.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das Gericht eine mögliche Revision zugelassen. Ob diese eingelegt wurde, ist zurzeit nicht bekannt.

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