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DAC 7 - Umsetzungsgesetz als Instrument zur Verschärfung verfahrensrechtlicher Verrechnungspreisvorschriften

Das Bundeskabinett hat am 24. August 2022 das sog. DAC 7 – Umsetzungsgesetz beschlossen. Die Änderungen betreffen die Verschärfung verfahrensrechtlicher Verrechnungspreisvorschriften durch die Einführung der verkürzten Vorlagefrist der Verrechnungspreisdokumentation und eines neuen Sanktionssystems.

10.11.2022

Verrechnungspreise haben in den letzten Jahren stetig an Bedeutung zugenommen, insbesondere aufgrund der steuerlichen Relevanz der Dokumentationspflichten. Der Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 6. Juli 2022 zur Umsetzung der europäischen DAC 7 Richtlinie und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts verschärft die aktuell geltenden Vorschriften deutlich. Die deutsche Finanzverwaltung erhöht zum einen die Anforderungen zur Erstellung von Verrechnungspreisdokumentationen mit dem Ziel, eine möglichst große Transparenz der gruppeninternen Preisgestaltung zu schaffen. Im Falle einer Verletzung der Aufzeichnungspflichten sollen darüber hinaus die Sanktionsmechanismen geändert und insbesondere auch verschärft werden.

Geplante Änderungen im Verfahrensrecht
  • Verkürzung der Frist zur Vorlage von Verrechnungspreisdokumentationen

Das Recht der Finanzbehörde zur Vorlage von Verrechnungspreisdokumentationen wird im neuen Wortlaut § 90 Abs. 4 AO-E deutlich erweitert. Die Finanzbehörde kann künftig „jederzeit“ die Aufzeichnungen verlangen, und zwar unabhängig von der Durchführung einer Betriebsprüfung. Bisher soll die Finanzbehörde die Aufzeichnungen nur im Rahmen einer Außenprüfung anfordern (§ 90 Abs. 3 S. 5 AO). Die Frist beginnt mit der Anforderung oder bereits mit der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung und beträgt nunmehr 30 Tage (bisher 60 Tage nach Aufforderung, soweit kein außergewöhnlicher Sachverhalt vorliegt). Im Falle einer Außenprüfung ist die Verrechnungspreisdokumentation „ohne gesondertes Verlangen“ vorzulegen.

  • Neue Fassung des § 200 AO-E und Einführung des Mitwirkungsverzögerungsgeldes

Bei einer Verletzung der oben genannten Pflichten oder bei unzureichenden Aufzeichnungen drohen schon bisher für den Steuerpflichtigen nach § 162 Abs. 3 und 4 AO unterschiedliche Rechtsfolgen, wie etwa die Umkehr der Beweislast, erweiterte Schätzungsbefugnis des Finanzamtes und die Festsetzung eines Zuschlags für die verspätete Vorlage in Höhe von EUR 100,00 für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung (bis maximal EUR 1 Million).
Zusätzlich soll nun ein „qualifiziertes Mitwirkungsverlangen“ geregelt und ein sogenanntes „Mitwirkungsverzögerungsgeld“ eingeführt werden mit der Begründung, die Mitwirkungspflichten durch den Steuerpflichtigen sicher herzustellen und die Verzögerungen bei der Durchführung einer Außenprüfung zu vermeiden. Das qualifizierte Mitwirkungsverlangen ist generell innerhalb einer Frist von einem Monat zu erfüllen. Ein Verstoß dagegen hat die Festsetzung eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes zur Folge, ein Ermessen der Finanzbehörde besteht nicht. Das Mitwirkungsverzögerungsgeld beträgt EUR 100,00 für jeden vollen Kalendertag der Mitwirkungsverzögerung und ist für höchstens 100 Kalendertage festzusetzen. Das Mitwirkungsverzögerungsgeld beträgt damit maximal EUR 10.000,00. In bestimmten Fällen, insbesondere immer dann, wenn die Umsatzerlöse in einem der von der Außenprüfung umfassten Kalenderjahre mindestens EUR 12 Mio. oder im Konzern die konsolidierten Umsätze mindestens EUR 120 Mio. betragen haben, werden die Finanzbehörden nach ihrem Ermessen berechtigt, das Mitwirkungsverzögerungsgeld zu erhöhen und höchstens EUR 10.000,00 pro Tag (höchstens für 100 Tage und damit maximal EUR 1 Million) festzusetzen.

  • Ablaufhemmung für Außenprüfungen

Die neue Fassung des § 171 Abs. 4 AO-E regelt die Ablaufhemmung bei Betriebsprüfungen neu. Wenn die Außenprüfung vor Ablauf der Festsetzungsfrist begonnen hat, soll die Festsetzungsfrist spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde, enden. Mitwirkungsverzögerungen sollen den Fristablauf hemmen.

Einschätzung und Ausblick

Das Gesetz muss erst noch durch den Bundestag und den Bundesrat beschlossen werden. Da es sich jedoch um unionsrechtliche Vorgaben handelt, ist nicht mit größeren Änderungen zu rechnen.

Die geplanten Änderungen sind grundsätzlich kritisch zu sehen. Nach der Argumentation des Gesetzgebers sollen die neuen Regelungen die bisher bestehenden Beweisvorsorgepflichten unterstreichen und den Ablauf von Betriebsprüfungen beschleunigen. Es erscheint in diesem Zusammenhang jedoch unverhältnismäßig, mit Beginn einer Außenprüfung auch Fristen zur Vorlage von Dokumentationen auszulösen, wobei die Vorlage der übrigen, im Rahmen der Außenprüfung vorzulegenden Unterlagen auch erst nach Anforderung durch den Betriebsprüfer herauszugeben sind. Die Gefahr, dass der Vorlagepflicht nicht nachgekommen wird, weil der Fristablauf schlichtweg vergessen wird, ist groß. Wie durch die Neuregelungen der Ablauf steuerlicher Außenprüfungen beschleunigt werden soll, ist darüber hinaus nicht erkennbar. Das Gesetzesvorhaben zielt vorrangig darauf ab, den Handlungsspielraum der Finanzverwaltung deutlich zu erweitern. Das belegt auch der Umstand, dass Verrechnungspreisdokumentationen künftig jederzeit angefordert werden dürfen.

Weiterhin werden die neuen Sanktionsmechanismen, gemeinsam mit den steigenden Dokumentationsanforderungen, bei den Steuerpflichtigen zu erhöhten Kosten führen. Die vorgesehenen engen zeitlichen Anforderungen werden nur erfüllt werden können, wenn die Verrechnungspreisdokumentationen in regelmäßigen (engen) Abständen und bereits vor Anforderung erstellt bzw. überarbeitet werden. Die Neuregelungen sollen zwar erst nach dem 31. Dezember 2024 angewendet werden, so bleibt noch etwas Zeit, sich auf die wesentlich erhöhten Anforderungen vorzubereiten, dennoch empfehlen wir, dies zeitnah im Auge zu behalten.

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