Der Bundesrat hat am 16. Dezember 2022 dem Jahressteuergesetz 2022 zugestimmt. Das Gesetz enthält zahlreiche Änderungen im Steuerrecht. Darunter Anpassungen an das EU-Recht und EuGH-Rechtsprechung sowie Reaktionen auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die wesentlichen Änderungen, die sich dadurch ergeben.
1. Änderungen im Einkommensteuergesetz:
a) Sonderleistungen für Pflegekräfte
Beschäftigte in voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen und in stationären Hospizen erhalten nach § 150c SGB XI eine monatliche Sonderleistung von bis zu EUR 1.000,00, je nach Einrichtungsgröße.
b) Grundrentenzuschlag
Nach § 3 Nr. 14a EStG wird der Betrag der Rente, der auf Grund des Grundrentenzuschlags geleistet wird, steuerfrei gestellt. Dies gilt rückwirkend ab dem 1. Januar 2021.
c) Homeoffice-Pauschale
Die Homeoffice-Pauschale wird auf EUR 6,00/Tag angehoben, dauerhaft entfristet und der maximale Abzugsbetrag wird von EUR 600,00 auf EUR 1.260,00 erhöht. Bei mehreren Tätigkeiten sind die Tagespauschale und der Höchstbetrag auf die verschiedenen Betätigungen aufzuteilen.
d) Erhöhung von Pauschbeträgen
Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG wird von EUR 1.200,00 auf EUR 1.230,00 erhöht.
Der Sparerpauschbetrag wird von EUR 801,00 auf EUR 1.000,00 und bei Zusammenveranlagung von EUR 1.602,00 auf EUR 2.000,00 erhöht.
e) Altersvorsorgeaufwendungen
Ab 2023 ist der vollständige Abzug von Altersvorsorgeaufwendungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG als Sonderausgaben möglich. Diese Änderung soll dazu beitragen, eine doppelte Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung langfristig zu vermeiden.
f) Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau
Für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung werden die Voraussetzungen an die Wohnungen zukünftig an bestimmte Effizienzvorgaben gekoppelt. Die Baukostenobergrenze und die maximal förderfähige Bemessungsgrundlage werden angepasst. Das gilt für Wohnungen, die aufgrund eines Bauantrags oder einer entsprechenden Bauanzeige in den Jahren 2023 bis 2026 errichtet werden.
g) Immobilienabschreibung
Der lineare Afa-Satz zur Abschreibung von Wohngebäuden, die nach dem 31. Dezember 2022 fertiggestellt werden, wird von zwei auf drei Prozent angehoben. Daraus resultiert eine kürzere Abschreibungsdauer von 33 Jahren. Auf die Möglichkeit des Nachweises der tatsächlichen Nutzungsdauer hat das aber keinen Einfluss.
Die Möglichkeit des Nachweises einer kürzeren Nutzungsdauer für die Gebäudeabschreibung nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG bleibt bestehen.
h) Ertragsteuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen
Rückwirkend ab dem 1. Januar 2022 wird eine Ertragsteuerbefreiung für Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 kW auf Einfamilienhäuser und Gewerbeimmobilien und 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen Gebäuden eingeführt. Die Steuerbefreiung gilt für den Betrieb einer einzelnen Anlage oder mehrerer Anlagen bis max. 100 kW (peak). Die Grenze ist pro Steuerpflichtigem bzw. Mitunternehmerschaft zu prüfen und gilt unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms.
i) Rechnungsabgrenzungsposten
Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungsposten kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme den Betrag des § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG, der aktuell bei EUR 800,00 liegt, nicht übersteigt. Dadurch soll erheblicher Bürokratieaufwand vermieden werden. Das Wahlrecht ist einheitlich auszuüben.
j) Energiepreispauschale für Rentner und Versorgungsbezieher
Die Energiepreispauschale für Renten- und Versorgungsbeziehende wird als steuerpflichtige Einnahme der vollständigen Besteuerung unterliegen.
k) Riester-Verfahren (§ 10a Abs. 1a EStG)
Das Riester-Verfahren soll durch eine Neuregelung für Personen, die aufgrund der Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei inländischen gesetzlichen Rentenversicherungsträgern zum förderberechtigten Personenkreis angehören, vereinfacht werden.
l) Verluste bei Kapitaleinkünften (§ 20 Abs. 6 Satz 3 EStG)
Eine ehegattenübergreifende Verlustverrechnung (Ausgleich nicht ausgeglichener Verluste des einen Ehegatten mit positiven Kapitalerträgen des anderen Ehegatten) in der Veranlagung wird nun gesetzlich ermöglicht.
m) Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b Abs. 2 Satz 1 EStG)
Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird von EUR 4.008,00 auf EUR 4.260,00 angehoben. Die Arbeitgeber haben den höheren Entlastungsbetrag ab Januar 2023 zu berücksichtigen.
n) Ausbildungsfreibetrag
Der Ausbildungsfreibetrag wird von EUR 924,00 auf EUR 1.200,00 angehoben.
o) Bausteuerabzug (§ 48a Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG)
Leistungsempfänger von Bauleistungen werden verpflichtet, ihre Steueranmeldungen elektronisch abzugeben, um den Verwaltungsaufwand allgemein zu reduzieren.
2. Änderungen im Umsatzsteuergesetz:
a) Unternehmereigenschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UstG)
Die Unternehmereigenschaft i. S. d. Umsatzsteuerrechts kann unabhängig davon bestehen, ob der Handelnde nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist (z. B. Bruchteilsgemeinschaften).
b) Lieferung und Installation von Photovoltaikanlagen (§ 12 Abs. 3 UStG)
Auf die Lieferung, Einfuhr und innergemeinschaftlichen Erwerb von Photovoltaikanlagen ab 2023 ist ab 2023 ein Nullsteuersatz anzuwenden. Die Vorschrift gilt für Anlagen, deren installierte Bruttoleistung nicht mehr als 30 kW beträgt.
c) Zahlungsdienstleister (§ 22g UStG)
Die Vorschrift dient der Umsetzung von Unionsrecht und soll Zahlungsdienstleister verpflichten, über bestimmte grenzüberschreitende Zahlungen zu informieren.
d) Steuerbegünstigte Körperschaften
Die Betragsgrenze zur Steuererleichterung von steuerbegünstigten Körperschaften nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG wird von EUR 35.000,00 auf EUR 45.000,00 angehoben.
e) Ist-Besteuerung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts
Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine juristische Person des öffentlichen Rechts die Ist-Versteuerung anwenden, auch wenn die Umsatzgrenzen überschritten werden. Wir verweisen auf unseren Newsbeitrag vom 20. Dezember 2022.
f) Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand – Übergangsregelung § 2b UStG (§ 27 Abs. 22a UStG)
Die Übergangsfrist für die zwingende Anwendung der Neuregelung wird um zwei Jahre verlängert. Ab dem 1. Januar 2025 sind die Neuregelungen auch für alle juristische Personen des öffentlichen Rechts anzuwenden. Wir verweisen auf unseren Newsbeitrag vom 20. Dezember 2022.
3. Änderungen im Bewertungsgesetz:
Die wichtigste Änderung im Bewertungsgesetz stellt die Anpassung des Ertrags- und Sachwertverfahrens zur Bewertung von bebauten Grundstücken sowie die Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund dar. Wir verweisen auf unseren Newsbeitrag vom 23. November 2022.
4. Änderungen in der Abgabenordnung:
a) Öffentliche Zustellung (§ 122 Abs. 5 Satz 2 und 4 AO)
Die Finanzbehörden können Steuerverwaltungsakte auch durch die Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf einer Internetseite der Finanzverwaltung oder in einem elektronischen Portal zustellen.
b) Zahlung öffentlicher Leistungen (§ 139b AO)
Mit der Vorschrift wird ein direkter Auszahlungsweg für öffentliche Leistungen unter Nutzung der Steueridentifikationsnummer geschaffen. Dadurch soll der Zufluss solcher Leistungen in Zukunft erleichtert werden.
c) Zahlungsverjährung (§§ 229, 230 AO)
Die Zahlungsverjährungsfrist des gesamten Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis im Fall der Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Festsetzung oder Anmeldung des Anspruchs beginnt erst mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung wirksam geworden ist. Das gilt für alle Verjährungsfristen, die am Tag der Verkündung noch nicht abgelaufen sind.
Durch die aufgezählten Änderungen ergeben sich Steuervorteile unter anderem für den Neubau von Mietwohnungen, den Betrieb kleiner Solaranlagen und das Arbeiten im Homeoffice. Die Änderungen im Bewertungsgesetz können hingegen einer höheren Erbschafts- oder Schenkungsteuer bei Übertragung von Immobilien führen.
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