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Berichtigung eines unrichtigen Steuerausweises nach § 14c Abs. 1 UStG erfordert Rückzahlung

Mit Urteil vom 16. Mai 2018 (Az. XI R 28/16, veröffentlicht am 1. August 2018) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die wirksame Berichtigung eines (überhöhten) Steuerbetrags nach § 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 UStG grundsätzlich erfordert, dass der Unternehmer die vereinnahmte Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat.

23.08.2018
Sachverhalt

Die Klägerin betrieb ein Pflegeheim zunächst selbst. Später verpachtete sie dieses an eine KG, deren Komplementärin und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin die Klägerin war. In ihren Umsatzsteuer-Erklärungen behandelte die Klägerin die Grundstücksverpachtung als steuerfrei, die Vermietung der Einrichtungsgegenstände dagegen als steuerpflichtig. Der diesbezügliche Heimausstattungsmietvertrag sah hierzu eine Miete zuzüglich EUR Umsatzsteuer vor.

Später beantragte die Klägerin, die Umsatzsteuerfestsetzungen nach § 164 AO zu ändern und die jeweilige Umsatzsteuer bzw. Umsatzsteuer-Vorauszahlung herabzusetzen, weil die entgeltliche Überlassung der Einrichtungsgegenstände des Pflegeheims an die KG nach dem Urteil des BFH vom 20. August 2009 (V R 21/08) als Nebenleistung zur steuerfreien Verpachtung des Grundstücks gemäß § 4 Nr. 12 lit. a UStG ebenso steuerfrei sei.

Das Finanzamt lehnte die beantragten Änderungen ab, die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Hiergegen richtete sich die vom Finanzamt eingelegte Revision.

Urteil des BFH

Der BFH wies die Klage ab und gab der Revision des Finanzamtes statt. Er führte an , dass das Finanzgericht zwar zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Klägerin den unrichtigen Steuerausweis gegenüber der KG berichtigt hat.

Jedoch hätte das Finanzgericht verkannt, dass die Berichtigung eines Steuerbetrags nach § 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 UStG zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Bereicherung grundsätzlich ferner voraussetzt, dass der Rechnungsaussteller die vereinnahmte und abgeführte Steuer an den Leistungsempfänger zurückzuzahlen hat. Ist dies nicht geschehen, ist das Finanzgericht berechtigt, die Erstattung der zu Unrecht erhobenen Umsatzsteuer zu verweigern.

Zwar setzt der Wortlaut von § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG nicht voraus, dass der Rechnungsaussteller über die Berichtigung der Rechnung hinaus den berichtigten Steuerbetrag an den Leistungsempfänger zurückzuzahlen hätte. Jedoch würde der Leistende ohne jene Rückzahlung ungerechtfertigt bereichert. Zudem müsse der Fiskus befürchten, vom Leistungsempfänger auf Erstattung der Umsatzsteuer an ihn in Anspruch genommen zu werden. Nach Ansicht des BFH führe nur die Rückzahlung des berichtigten Steuerbetrags an den Leis-tungsempfänger in der Regel zu einem gerechten Interessenausgleich im Dreiecksverhältnis zwischen Finanzamt und Leistendem bzw. Leistungsempfänger und gewährleistet so letztlich auch die Neutralität der Mehrwertsteuer.

Dem steht das Unionsrecht im Lichte der EuGH-Rechtsprechung auch nicht entgegen. Zwar setzt Art. 203 MwStSystRL bei der Rechnungsberichtigung keine Rückzahlung des Umsatzsteuerbetrags an den Leistungsempfänger voraus. Allerdings ist es einem Mitgliedstaat unionsrechtlich nicht verwehrt, die Berichtigung der Mehrwertsteuer von jener Rückzahlung abhängig zu machen. Denn das Unionsrecht verbietet es nach ständiger EuGH-Rechtsprechung nicht, dass ein nationales Rechtssystem die Erstattung von zu Unrecht erhobenen Steuern u. U. ablehnt, die zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Anspruchsberechtigten führen würden.

Auswirkungen auf die Praxis

Mit dem Urteil schließt sich der Bundesfinanzhof der bislang von der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsauffassung an (vgl. UStAE Abschnitt 14c.1 Abs. 5 Satz 4). Sofern dem Leistungsempfänger auf Grund der Berichtigung eines zu hohen Umsatzsteuerbetrages ein Rückforderungsanspruch zusteht, lässt die Finanzverwaltung eine Berichtigung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG erst nach entsprechender Rückzahlung an den Leistungsempfänger zu.

Hat der Leistungsempfänger hingegen im Falle einer Bruttopreisvereinbarung gegenüber dem leistenden Unternehmer keinen Anspruch auf Erstattung der zu hoch ausgewiesenen Umsatzsteuer und bleibt damit der Gesamtrechnungsbetrag unverändert, ist nach den Ausführungen im UStAE (Abschnitt 14c.1 Abs. 5 Beispiel Sätze 4 und 5) eine Berichtigung der zu hoch ausgewiesenen Umsatzsteuer auch ohne Rückzahlung an den Leistungsempfänger möglich.

Dies sollte ungeachtet des vorliegenden Urteils auch weiterhin gelten, da es gerade Sinn einer Bruttopreisvereinbarung ist, dass der leistende Unternehmer das Risiko bzw. die Chance einer ggf. höheren bzw. einer niedrigeren Umsatzsteuer trägt. Leistungsvereinbarungen sollten daher klar und eindeutig ausgestaltet werden.

Dass eine Abgrenzung zwischen Brutto- und Nettopreisvereinbarung erhebliche praktische Bedeutung hat, zeigt sich derzeit auch an verschiedenen Urteilen der Zivilgerichte bzgl. der von den privaten Krankenversicherungen geltend gemachten Ansprüche aus überzahlter Umsatzsteuer bei ambulanten Zytostatikabehandlungen. Bei einer Bruttopreisvereinbarung besteht von vornherein kein Anspruch der Krankenkassen auf Rückzahlung von überzahlter Umsatzsteuer. Diese Auffassung wird inzwischen von zahlreichen Gerichten vertreten (s. aktuell z. B. LG Dresden, Urteil vom 22.06.2018, Az. 4 O 130/18; LG Tübingen, Urteil vom 07.08.2018, Az. 2 O 365/17).

Sofern bei den vorstehend genannten Zytostatikafällen eine Bruttopreisvereinbarung gegeben ist, hätte dies zur Folge, dass eine Berichtigung der bislang zu hoch ausgewiesenen Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG keine Rückzahlung an die Krankenkassen voraussetzen würde. Gleichwohl bedarf es aber der Berichtigung der ursprünglich gestellten Rechnungen, was in der Praxis zu einem erheblichen administrativen Aufwand führt. Jedoch haben wir erhebliche Bedenken, ob der Anwendungsbereich des § 14c Abs. 1 UStG überhaupt eröffnet und damit Umsatzsteuer nach § 14c UStG festzusetzen ist.

Zu beachten ist ferner, dass eine umsatzsteuerfreie Behandlung bislang umsatzsteuerpflichtiger Umsätze dazu führt, dass ein bislang vorgenommener Vorsteuerabzug wegfällt. Dies wiederum hat Auswirkungen auf die Kalkulation der Abgabepreise, da bezogene Leistungen nunmehr mit Bruttopreisen in die Kalkulation einzubeziehen sind. Fraglich ist, ob es für eine Berichtigung der Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG insoweit ausreichend ist, wenn bei einer Einigung mit dem Leistungsempfänger nur ein Teilbetrag der bislang ausgewiesenen Umsatzsteuer zurückgezahlt wird. Unseres Erachtens sollte dies der Fall sein.

Zudem verdeutlicht das Urteil, dass an eine Berichtigung von Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG deutlich höhere Ansprüche gestellt werden als bei einer Berichtigung einer Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG. Zum einen ist – wie das Urteil zeigt – unabhängig von einem möglichen Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers eine Berichtigung gegenüber dem Finanzamt erst nach Berichtigung der Rechnung und Rückzahlung an den Leistungsempfänger möglich. Hingegen kann eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG bei einem nicht vorgenommenen Vorsteuerabzug durch den Leistungsempfänger bereits „rückwirkend“ im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung berichtigt werden (vgl. UStAE Abschnitt 14c.2 Abs. 5 Satz 6), was in der Regel zu einer Verzinsung der Erstattung führt. Auch ist bei einer Zustimmung durch das Finanzamt zunächst keine Rückzahlung an den Leistungsempfänger erforderlich (vgl. UStAE Abschnitt 14c.2 Abs. 3 Satz 7). Daher ist es für die Praxis unabdingbar zu prüfen, nach welcher Regelung in § 14c UStG ein nicht rechtmäßiger Umsatzsteuerausweis geschuldet wird.

Für Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung. Den Volltext des Urteils vom 16. Mai 2018 finden Sie hier.

 

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