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Bundeswirtschaftsministerium schlägt steuerliches Zehn-Punkte-Aktionsprogramm vor

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat im Rahmen eines wirtschaftspolitischen Aktionsprogramms auch ein steuerliches Zehn-Punkte-Aktionsprogramm vorgeschlagen, um Impulse für mehr Investitionen setzen zu können.

Das Aktionsprogramm soll vor allem darauf ausgelegt sein, den Investitions- und Unternehmensstandort Deutschland zu stärken. Nach Ansicht des BMWi sind die nachfolgend aufgeführten Aktionspunkte besonders hervorzuheben:

Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung (FuE)

Das BMWi schlägt vor, Innovationen in Deutschland durch eine steuerfreie Zulage auf Basis der Personal- und Auftragskosten, insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen, zu fördern.

Verbesserung von Abschreibungsbedingungen auch für nicht digitale Innovationsgüter

Anfang des Jahres 2018 wurden im Bundestag erste Diskussionen im Hinblick auf die steuerbegünstigte Abschreibung von sogenannten digitalen Innovationsgütern aufgenommen, um den Mittelstand zu stärken. Der Antrag der FDP-Fraktion vom 27. Februar 2018 sah vor, eine einheitliche, maximale Nutzungsdauer von drei Jahren für digitale Innovationsgüter einzuführen. Der Bundestag hat hierüber erstmals am 1. März 2018 beraten. Das BMWi fordert die Regierung nun erneut auf, die Nutzungsdauer unter anderem für die Abschreibung digitaler Innovationsgüter und darüber hinaus für andere Wirtschaftsgüter zu verkürzen, um Investitionsanreize zu schaffen.

Keine zusätzliche Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen

Der Rat „Wirtschaft und Finanzen“ der Europäischen Union (EU) hat am 13. März 2018 beschlossen, eine Richtlinie zur europaweiten Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle zu verabschieden (Newsbeitrag vom 27. März 2018). Die Bundesregierung hatte hierzu bereits erste Unklarheiten beseitigt (Newsbeitrag vom 5. Juni 2018). Zusätzlich zur europaweiten Anzeigepflicht für Steuergestaltungen soll nun nach Ansicht des Bundesrates auch eine Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen eingeführt werden (Newsbeitrag vom 24. Mai 2018). Das BMWi schlägt nun vor, die beabsichtigte Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen fallen zu lassen und stattdessen die Richtlinie der EU nur im geringsten geforderten Umfang (1:1) umzusetzen.

Zeitnahe Erhöhung der Grenze für Sofortabschreibungen für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG)

Die Grenze für sogenannte GWGs sollte nach Ansicht des BMWi von derzeit EUR 800 auf EUR 1.000 angehoben und der Sammelposten abgeschafft werden.

Anpassung der Verlustverrechnung bei Anteilseignerwechsel

Nach § 8c Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG entfällt der bis zu einem Anteilseignerwechsel nicht genutzte steuerliche Verlustvortrag anteilig bzw. vollständig. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG a. F. (anteiliger Untergang des Verlustvortrags bei einem Anteilseignerwechsel in Höhe von 25% bis 50%) wurde vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits als verfassungswidrig eingestuft. Über die Verfassungsmäßigkeit von § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG a. F. (vollständiger Untergang der Verluste bei einem Anteilseignerwechsel über 50 %) wird vom BVerfG derzeit entschieden. Von den Entscheidungen sind jedoch nur die Verlustabzugsbeschränkungen bis 2015 betroffen. Die Verlustabzugsbeschränkung in der aktuellen Fassung des KStG wird durch § 8d KStG (fortführungsgebundener Verlustvortrag) auf Antrag unter bestimmten Voraussetzungen abgefedert. Das BMWi regt an, die Begrenzung des Verlustabzugs auch über das Jahr 2015 hinaus vollständig zu streichen, um mehr Rechtssicherheit zu schaffen.

Vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags

Zwar wird derzeit über die Abschaffung des Solidaritätszuschlags diskutiert, allerdings ist bislang unklar, wann genau und in welcher Höhe eine Abschaffung geplant ist. Besonders fraglich ist die Anwendung der Entlastung auch für Unternehmen. Das BMWi schlägt daher vor, dass auch Unternehmen von der Entlastung profitieren sollten.

Mittelstandsfreundliche Thesaurierungsbegünstigung

Nach Ansicht des BMWi sollten reinvestierte Gewinne steuerlich begünstigt und mit einem geringeren Steuersatz belegt werden. Weiterhin wird angeregt, die Besteuerung von Personengesellschaften und die Besteuerung von Kapitalgesellschaften anzugleichen.

Ausbau der Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer

Im Rahmen der Einkommensbesteuerung ist es möglich, maximal das 3,8-Fache des Gewerbesteuermessbetrags auf die Einkommensteuer anzurechnen. Für Körperschaften besteht diese Begünstigung bislang nicht. Daher sollte nach Ansicht des BMWi die Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer auch bei der Körperschaftsteuer Beachtung finden. Weiterhin wird angeregt, zukünftig das 4-Fache des Gewerbesteuermessbetrags auf die Steuer anzurechnen.

Reform der Hinzurechnungsbesteuerung im Außensteuerrecht

Das Zehn-Punkte-Programm sieht weiterhin vor, die Komplexität des Außensteuerrechts zu verringern und Doppelbesteuerung weiter zu reduzieren. So schlägt das BMWi beispielsweise vor, das Kriterium der Niedrigbesteuerung im Ausland als Anwendungsvoraussetzung der Hinzurechnungsbesteuerung von derzeit 25 % auf das Niveau des Körperschaftsteuersatzes von 15 % in Deutschland zu verringern.

Anpassung der Verzinsung an das Marktniveau

Derzeit beträgt die Höhe der Nachzahlungszinsen für Steuerforderungen und -erstattungen 6 % p. a. (§§ 233a, 238 AO). Mit Beschluss vom 25. April 2018 (Az. IX B 21/18) hat der BFH jedoch überraschend erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an der aktuellen Zinshöhe geäußert (Newsbeitrag vom 15. Mai 2018). Das Bundesministerium der Finanzen gewährte daraufhin Aussetzung der Vollziehung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2015. Das BMWi fordert konkret eine Senkung des derzeitigen Zinssatzes auf maximal 3% p. a. für Steuernachzahlungen und -erstattungen, um die Marktzinsentwicklung auch im Steuerrecht angemessen zu berücksichtigen.

 

Bei den oben genannten Punkten handelt es sich gegenwärtig jedoch nur um Vorschläge des BMWi zur Förderung von Investition und Innovation in Deutschland. Ein konkreter Zeitplan hinsichtlich der Umsetzung der Anregungen wurde bisher nicht festgelegt. Obwohl derzeit bereits einige der genannten Vorschläge öffentlich diskutiert werden (Abschaffung Solidaritätszuschlag, Anpassung der Verlustabzugsbeschränkung, Anpassung der Verzinsung) ist auch fraglich, ob und in welchem Umfang die Aktionspunkte überhaupt vom Gesetzgeber angegangen werden. Allerdings lässt die öffentliche Debatte eine Tendenz erkennen, Hürden der Unternehmensbesteuerung zu verringern.

Das BMWi weist darauf hin, dass bei vollständiger Umsetzung der Aktionspunkte die Unternehmen in Deutschland um insgesamt ca. EUR 20 Mrd. pro Jahr entlastet werden könnten. Wir werden Sie zum weiteren Verlauf informiert halten.

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