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Zur Bildung einer Rückstellung im Falle einer gegen den Steuerpflichtigen angestrengten Klage

Das Schleswig-Holsteinische FG hatte erstmals zu entscheiden, ob es für eine Rückstellungsbildung bei einem gegen den Kaufmann gerichtlich geltend gemachten Anspruch auf die Erfolgsaussichten der Klage ankommt. (FG Schleswig-Holstein, Urteil v. 25.9.2012, 3 K 77/11)

16.01.2013

Die Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft, welche durch Verschmelzung im Wege der Neugründung durch Übertragung des Vermögens der O-AG am 1. Januar 2004 gegründet worden ist. Sie ermittelt ihren Gewinn nach der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG). Die O-AG ermittelte ihren Gewinn durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1, 5 EStG). Die C-AG verklagte die O-AG im Jahr 2003 auf Rückzahlung eines Beratungshonorars. Im darauffolgenden Jahr schlossen die Klägerin und die C-AG einen Prozessvergleich. Gegenstand dieses Vergleichs war die Verpflichtung der Klägerin, den Betrag in Höhe von 50 % der Klageforderung in sieben Raten zu entrichten.

Infolgedessen berücksichtigte 2004 die Klägerin in ihrer Gewinnermittlung die gezahlte Rate als laufende Betriebsausgabe. Durch den Wechsel von der Gewinnermittlungsart (vom Bestandsvergleich zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung) war in dem von ihr für 2004 ausgewiesenen Gesamthandsverlust ein Übergangsverlust enthalten. Die O-AG sah in ihrem Jahresabschluss 2003 bezüglich der Klage der C-AG keine Rückstellung vor. Demzufolge hatte die Klägerin in dem von ihr ermittelten Übergangsverlust eine (gewinnerhöhende) Auflösung einer solchen Rückstellung auch nicht berücksichtigt. Im Zuge einer Betriebsprüfung vertrat das beklagte FA die Meinung, dass wegen der auf klageweise geltend gemachten Ansprüche bei der O-AG eine Rückstellung hätte gebildet werden müssen. Auf Grundlage dessen sei dann der von der Klägerin erklärte Gesamthandsverlust 2004 um diesen Betrag zu reduzieren, weil sich der Rückstellungsbetrag bei der Ermittlung des Übergangsgewinns/Übergangsverlustes entsprechend gewinnerhöhend auswirke. Folglich hat das FA einen geänderten Feststellungsbescheid 2004 erlassen.

Entscheidung:

Das FG Schleswig-Holstein wies die Klage ab. Im Urteil wird klargestellt, dass bei der Rechtsvorgängerin (der O-AG) in 2003 wegen des anhängigen Zivilprozesses eine Rückstellung zu bilden gewesen sei. Zugleich wird betont, dass es bei einem klageweise geltend gemachten Anspruch für eine Rückstellungsbildung nicht auf die Erfolgssichten der Klage ankommt. Grundsätzlich sei im Fall eines im Klagewege gegen den Kaufmann geltend gemachten Anspruchs immer eine Rückstellung zu bilden. Der Ausgang eines Rechtsstreits ist regelmäßig unsicher, daher wird infolge einer Klageerhebung für das Bestehen einer Verbindlichkeit, ebenso für die Inanspruchnahme, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bejaht. So auch der BFH, Urteil v. 8. November 2000, I R 10/98, BStBl 2001 II S. 349. In Anbetracht des Vorsichtsprinzips muss der Kaufmann grundsätzlich damit rechnen, dass ein für ihn ungünstiges Urteil ergeht und er den Prozess verliert. Lediglich für Klagen, die offensichtlich willkürlich oder erkennbar nur zum Schein gegen den Steuerpflichtigen angestrengt werden, ist eine Ausnahme von der Bilanzansatzpflicht zuzulassen.

Hierzu hat der Senat die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen VIII R 45/12 anhängig.

Resümee:

Sofern ein Bilanzierender ernsthaft und nicht willkürlich verklagt wird, kann der Verklagte in Höhe der eingeklagten Forderung zzgl. der Kosten für die Verteidigung eine Rückstellung passivieren. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof diese Entscheidung bestätigt.

Es ist jedoch fraglich, dass die Finanzverwaltung sich dieser Auffassung anschließt. Sollte die Finanzverwaltung die Rückstellung nicht anerkennen, müsste insoweit Einspruch eingelegt und ggf. die Aussetzung der Vollziehung beantragt werden.

Der Vollständigkeit halber weisen wir darauf hin, dass beim Klagenden die eingeklagte Forderung nicht zu aktivieren ist.

Grundsätzlich müsste die Rechtsprechung auch auf Rückstellungsbildungen für Klageverfahren zwischen Gesellschaften, die gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden sind (z. B: Konzerngesellschaften) übertragbar sein. Hier gehen wir jedoch davon aus, dass die Finanzverwaltung in derartigen Konstellationen eine Rückstellungsbildung verneint.

Ansprechpartner:

Sören Münch, Steuerberater

Maximilian Lilienthal, Steuerberater

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