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Vorlage an den EuGH: Anwendbarkeit der Margensteuer bei Überlassung einer Ferienwohnung und ermäßigtem Steuersatz

Der Bundesfinanzhof hinterfragt die Anwendbarkeit der Margenbesteuerung bei einer Leistung, die in der Überlassung einer Ferienwohnung und zusätzlichen Leistungselementen besteht, die nur als unselbständige Nebenleistungen anzusehen sind. Gleichzeitig zweifelt er, ob – falls die Margensteuer anwendbar ist – die Leistung auch dem ermäßigten Steuersatz für die Beherbergung in Ferienwohnungen unterliegt. Er hat dazu ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet (Beschluss vom 3. August 2017; VR 60/16).

23.10.2017

Das Verfahren

Im betreffenden Revisionsverfahren vermietete die Klägerin im eigenen Namen Häuser im Inland sowie Österreich und Italien zu Urlaubszwecken an Privatkunden, die sie selbst von den jeweiligen Eigentümern anmietete. Die Kundenbetreuung erfolge durch die jeweiligen Eigentümer vor Ort. Sie berechnete die Steuer nach der Margenbesteuerung (§ 25 UStG) unter Anwendung des Regelsteuersatzes.

Später beantragte die Klägerin die Änderung der Steuerfestsetzung und die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Beherbergung in Ferienwohnungen. Das Finanzamt und das Finanzgericht lehnten dies unter der Begründung, dass im Streitfall die Margenbesteuerung für Reiseleistungen nach § 25 UStG anzuwenden sei, ab. Die zusätzliche Anwendung des ermäßigten Steuersatzes komme nicht in Betracht, da die Reiseleistung des § 25 UStG  nicht im Katalog der Steuerermäßigungen des § 12 Abs. 2 UStG genannt sei.

Vorlagefragen des BFH

Der EuGH soll nun entscheiden, ob die Überlassung von Ferienwohnungen im eigenen Namen Handelnder der Margenbesteuerung unterliegt, wenn sich die Leistung als bloße Vermietung ohne weitere Reiseleistungen, wie z. B. Beförderung des Reisenden, darstellt. Zwar hatte der EuGH in seiner bisherigen Rechtsprechung bereits entschieden, dass eine Leistung, die nur in der Überlassung einer Ferienunterkunft besteht, selbst dann mehr als eine Leistung umfassen kann, da neben die Überlassung noch Leistungen, wie Unterrichtung und Beratung, treten (Urteil Van Ginkel vom 12. November 1992, C-163/91). Auch im Urteil Minerva-Kulturreisen vom 9. Dezember 2010 (C-31/10) hat der EuGH an dieser Rechtsprechung festgehalten. Dennoch zweifelt der 5. Senat des BFH nunmehr auf Grund der neueren Rechtsprechung des EuGH zur Haupt- und Nebenleistung nunmehr an der Rechtfertigung der Anwendbarkeit der Margensteuer, denn die Unterrichtung und Beratung sind – vergleichbar einer reinen Produktberatung vor einem Kauf oder der Beratung im Rahmen einer Kreditvermittlung (Urteil Ludwig vom 21. Juni 2007, C-453/05) – nur unselbständige Nebenleistung zur Hauptleistung Überlassung der Ferienwohnung. Er fragt den EuGH, ob diese lediglich als Nebenleistungen hinzutretenden Leistungsbestandteile die Anwendbarkeit der Margenbesteuerung rechtfertigen.

Sollte diese Frage bejaht werden, so schließt der BFH die Frage an, ob im Rahmen der Margenbesteuerung auch der ermäßigte Umsatzsteuersatz Anwendung finden kann. Diese Frage war bisher noch nicht Gegenstand einer Entscheidung des EuGH: Für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes spricht aus Sicht des BFH die Gleichbehandlung der unterschiedlichen Formen der Überlassung von Ferienunterkünften. Gegen eine solche würde sprechen, dass die „Umsätze von Reisebüros“ im Sinne des Art. 306 MwStSystRL als solche nicht explizit in der Aufzählung der Lieferungen und Leistungen aufgeführt sind, auf die der ermäßigte Steuersatz  angewendet werden darf (Anhang III zur Richtlinie).

Auswirkungen für die Praxis

Sowohl die Frage der Anwendbarkeit der Margenbesteuerung bei nur einer Hauptleistung (Reiseleistung) als auch die Frage der Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes im Rahmen der Margenbesteuerung sind für die Umsatzbesteuerung in der Reisebranche von enormer Bedeutung. Zu wünschen wäre, dass die Anwendung der Margenbesteuerung als verfahrensvereinfachende Sonderregelung bestätigt wird und gleichzeitig die gleiche umsatzsteuerliche Belastung der Umsätze durch eine Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gewährleistet würde.

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