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Quo vadis, Stiftungsrecht? eureos diskutiert mit Fachvertretern und Stiftungen

Bundesweit diskutieren Interessenvertretungen von Stiftungen die geplante Reform des Stiftungsrechts. eureos beleuchtete in einem Praxisseminar wesentliche Aspekte der vorgeschlagenen Änderungen.

26.06.2017

Das Stiftungsrecht ist ein Bollwerk gegen Veränderungen – zum Schutz des Stifterwillens. Und doch ist die Flexibilität der Statuten eine wesentliche Möglichkeit, auf Änderungen von Rahmenbedingungen zu reagieren und auf diesem Wege eine dauerhafte Tätigkeit im Interesse des Stifters zu gewährleisten. Zwischen diesen Polen und unterschiedlicher Behördenpraxis befindet sich das Stiftungsrecht selbständiger Stiftungen im Umbruch.

Reformvorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe

Eine von der Innenministerkonferenz eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat nach über zweijähriger Beratung in ihrem Bericht zur Reform des Stiftungsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 80 ff. BGB) weitreichende Änderungen empfohlen (www.innenministerkonferenz.de) Reformziel ist die Vereinheitlichung der derzeit in 16 Landesstiftungsgesetzen teilweise sehr unterschiedlichen Vorgaben, v.a. zur Verwaltung und Beaufsichtigung von Stiftungen. Berührt sind die Kernthemen Vermögensverwaltung, Satzungsänderungen, darunter auch Sonderrechte von Stiftern, Voraussetzungen von Stiftungsfusionen sowie insgesamt der Bereich Beendigung/ Auflösung von Stiftungen. Die neuen Regelungen sollen klarer und verständlicher sein.

Bundesweit haben seit dem vergangenen Herbst zahlreiche Interessenvertretungen und auch regionale Stiftungstreffen die Änderungen auf eigene Bedarfe und ihrer Stiftungsgesetze hin analysiert. Die Stiftungen des mitteldeutschen Raumes hatten am 27. April 2017 diese Gelegenheit im Rahmen des eureos-Seminars „Neues Stiftungsrecht“.

Das Impulsreferat von Angelo Winkler, Ministerialrat im Innenministerium des Landes Sachsen-Anhalt a. D., führte die Teilnehmer mit einem kompakten Überblick in die geplanten Neuregelungen im Entwurf ein. Die anschließende Podiumsdiskussion mit weiteren Vertretern der Arbeitsgruppe sowie der Stiftungsbehörden aus Halle/Saale und Leipzig, moderiert von RAin Dr. Almuth Werner, ergänzte Hintergrundinformationen zum Regelungsbedarf und Diskussionen der Arbeitsgruppe außerhalb ihres Berichts.

Änderungsgegenstände und mitteldeutscher Bedarf

Intensiv wurden die Themen „Stifterrechte“ und „Satzungsänderungen“ diskutiert. Die angedachten Liberalisierungen treffen den Nerv der jungen mitteldeutschen Stiftungslandschaft: In den meisten Stiftungen sind die Stifter noch selbst aktiv, können damit die Satzung auf Praxistauglichkeit testen – und erkennen häufig Nachjustierungsbedarf. Ob die Möglichkeit einer drei- oder zehnjährigen Änderungsphase diesen Stiftern zur letztlich „richtigen“, sprich tragfähigen Satzungsfassung verhilft, wurde von etwa einem Drittel der Teilnehmer ausdrücklich begrüßt, von anderen wegen möglicher Begehrlichkeiten kritisch gesehen bzw. mit Verweis auf die Möglichkeiten der unselbständigen Stiftung abgelehnt (deren vertragliche Grundlage ermöglicht Anpassungen).

Erleichterungen, die für Satzungsänderungen unter Zweckmäßigkeitserwägungen eröffnet werden sollen, wurden allseits begrüßt.

Mitteldeutsche Stiftungen sind – der bundesweiten Statistik entsprechend – überwiegend kleine Organisationen mit einem überschaubaren Stiftungsvermögen von bis zu EUR 100.000. Bei einer üblichen Anlage des Stiftungsvermögens reichen die Erträge häufig nicht aus, um daraus die Stiftungszwecke zu erfüllen. Daher wünschen sich Stifter und Stiftungen größere Freiheiten bei der Vermögensbewirtschaftung. Insbesondere soll Stiftungsvermögen auch in Stiftungsprojekte mit garantiertem Rückfluss investiert werden können.

Klarheit soll geschaffen werden, dass eine reale Vermögenserhaltung nicht gesetzlich gefordert wird und der nominale Erhalt als Grundauftrag genügt. Die reale Erhaltung kann im Auftrag an die einzelne Stiftung formuliert werden (Satzung) oder dem Ermessen der Organe überlassen bleiben, die sodann auf Rahmenbedingungen reagieren können.

Ohnehin spielen Begrifflichkeiten eine häufig unterschätzte und dabei ganz entscheidende Rolle. Ob die Stiftungsmittel „sparsam“ oder „wirtschaftlich“ zu verwalten sind, versteht ein Stiftungsvorstand als treffenden Apell zur Kosteneinsparung, ein anderer als Gängelung und Eingrenzung der Möglichkeiten professioneller Verwaltung unter Effizienzgesichtspunkten.

Fazit

Die Vorschläge der Arbeitsgruppe an den Gesetzgeber, die Anpassung des Stiftungsrechts an moderne Verhältnisse eines vielfältigen gesamtdeutschen Stiftungswesens und die Überführung landesrechtlicher Regelungen in das BGB werden weitgehend begrüßt – wohl wissend, dass hier noch Widersprüche reduziert und Einzelregelungen geschärft werden müssen. Der Einblick in einen Gesetzgebungsprozess und die Wahrnehmung unterschiedlicher Stiftungsrechtstraditionen im Norden und Süden sowie auch im Osten Deutschlands wurde interessiert aufgenommen.

Und auch diese Einsicht fand Bestätigung: Entscheidend bleibt die Satzungsgestaltung mit allen Spielräumen oder Restriktionen, welche der Stifter seiner Organisation für die Zukunft mit auf den Weg gibt.

Gern werden Sie weiter zu diesem Thema informieren. Eine Folgeveranstaltung zu dem stattgefundenen Praxisseminar wird 2018 nach Beendigung des Gesetzgebungsverfahrens stattfinden. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

Ihre Ansprechpartner:

Dr. Almuth Werner, Rechtsanwältin

Dr. Ralph Bartmuß, Rechtsanwalt, Steuerberater

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