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Blickpunkt: Inkongruente Gewinnausschüttungen (Urteil des FG Köln vom 14. September 2016)

Inkongruente Gewinnausschüttungen sind seit vielen Jahren immer wieder ein Streitpunkt zwischen der Rechtsprechung und Finanzverwaltung.

14.11.2016

Bereits mit Urteil vom 19. August 1999 (I R 77/96) hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass von den Beteiligungsverhältnissen abweichende inkongruente Gewinnausschüttungen und inkongruente Wiedereinlagen steuerrechtlich anzuerkennen sind. Nach Auffassung der Rechtsprechung erfordern selbige lediglich eine zivilrechtlich wirksame Grundlage.

Mit BMF-Schreiben vom 17. Dezember 2013 hat auch die Finanzverwaltung inkongruente Gewinnausschüttungen anerkannt. Demnach setzt die steuerliche Anerkennung zunächst die zivilrechtliche Wirksamkeit einer abweichenden Gewinnverteilung voraus. Diese ist bei der GmbH gegeben, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

  • Die Regelung (auch nachträglich) eines abweichenden Maßstabs der Verteilung im Gesellschaftsvertrag. Für eine nachträgliche Satzungsänderung ist die Zustimmung aller beteiligten Gesellschafter erforderlich.
  • Die Satzung enthält eine Klausel, nach der jährlich mit Zustimmung der benachteiligten Gesellschafter oder einstimmig über eine abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden kann. Der Beschluss muss dann mit der in der Satzung bestimmten Mehrheit gefasst werden.

Bei Aktiengesellschaften müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Regelung eines gemäß § 60 Abs. 3 AktG vom Verhältnis der Anteile am Grundkapital abweichenden Gewinnverteilungsschlüssels in der Satzung. Für eine nachträgliche Satzungsänderung zur Änderung der Gewinnverteilung bedarf es gemäß § 179 Abs. 3 AktG der Zustimmung der benachteiligten Aktionäre.
  • Eine Öffnungsklausel (analog GmbH) für eine von der gesetzlichen Gewinnverteilung abweichende Verteilung ist für die Wirksamkeit einer inkongruenten Gewinnausschüttung nicht ausreichend.

Das BMF behält sich eine Missbrauchsprüfung i. S. v. § 42 AO vor. Von einem Missbrauch ist bei Vereinbarung einer inkongruenten Gewinnausschüttung nicht auszugehen, wenn beachtliche wirtschaftlich vernünftige außersteuerliche Gründe nachgewiesen werden. Ein Gestaltungsmissbrauch könne z. B. vorliegen, wenn die abweichende Gewinnverteilung nur kurzzeitig gelte oder wiederholt geändert werde.

Mit Urteil vom 14. September 2016 (9 K 1560/14) hat das Finanzgericht Köln den Anwendungsbereich des BMF-Schreibens vom 17. Dezember 2013 für GmbH ausgeweitet. Demnach bestehen grundsätzlich keine Bedenken, eine zivilrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommene inkongruente Gewinnausschüttung lediglich durch Gesellschafterbeschluss steuerlich anzuerkennen (selbst im Fall einer anschließenden inkongruenten Wiedereinlage). Dies soll auch dann gelten, wenn die Voraussetzungen des BMF-Schreibens (Öffnungsklausel oder abweichender Maßstab der Verteilung im Gesellschaftsvertrag) nicht erfüllt sind. Die zivilrechtliche Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses entfällt nicht nur deswegen, weil der Gesellschaftsvertrag der GmbH keinen abweichenden Gewinnverteilungsschlüssel bzw. eine Öffnungsklausel vorsieht.

Eine inkongruente Gewinnausschüttung ist demnach auch auf der Grundlage eines zivilrechtlich wirksam gefassten Gesellschafterbeschlusses anzuerkennen. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutungen über den entschiedenen Einzelfall hinaus ist die Revision beim BFH zugelassen.

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