Fachnews
Endlich Klarheit für wirtschaftliche Vereinstätigkeiten

ADAC bleibt Idealverein, ADAC-Rechtsprechung des BGH bestätigt.

15.03.2017

Gemäß § 21 BGB erlangt nur ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister. Anerkannt ist allerdings eine wirtschaftliche Tätigkeit, sofern diese dem nichtwirtschaftlichen Hauptzweck zu und untergeordnet und Hilfsmittel zu dessen Erreichung ist (sog. Nebenzweckprivileg). Diese Begrenzung der Tätigkeit von Vereinen und vor allem die Prüfung des Einzelfalls (Abgrenzung zulässiger wirtschaftlicher Nebenzwecke von unzulässigen wirtschaftlichen Hauptzwecken des Vereins), sprich das Thema wirtschaftliche Vereinstätigkeit, ist ein juristischer Dauerbrenner. Eine solche Zweckbeschränkung kennen andere Rechtsformen nicht, sie sind andererseits aber mit einem Stammkapital ausgestattet und damit auf die Teilnahme am Wirtschaftsverkehr vorbereitet (Stichwort: Gläubigerschutz). Vor allem kleine unternehmerische Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement hatten es in der Vergangenheit indes schwer, überhaupt als Idealverein anerkannt und eingetragen zu werden. Alternative Rechtsformen erwiesen sich oft als strukturell überdimensioniert und zu kostenintensiv.

Am 8. Februar 2017 hat das Kabinett daher einen Gesetzentwurf zur Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement beschlossen (PM BMJV vom 08. 02. 2017). Ziel ist die Konkretisierung und Vereinheitlichung der Voraussetzung, unter denen solche Initiativen in der Rechtsform des wirtschaftlichen Vereins (§ 22 BGB), oder unter erleichterten Voraussetzungen als eingetragene Genossenschaft aktiv werden können.

Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement und zum Bürokratieabbau bei Genossenschaften

Gesetzgebungsverfahren 14. 11. 2016 (Den vollständigen Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz finden Sie hier)

Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 14. November 2016 verfolgt das Ziel, Projekten des bürgerschaftlichen Engagements (Dorfläden, Kultureinrichtungen, Kitas, Sozialgenossenschaften oder Energievorhaben) den Zugang zu Rechtsformen der eingetragenen Genossenschaft oder des wirtschaftlichen Vereins zu erleichtern. Die Schaffung einer neuen Rechtsform „Kooperationsgesellschaft“ – die sog. UG des Genossenschaftsrechts – ein Vorstoß aus dem Jahr 2013, wird hingegen nicht weiterverfolgt.

 

  1. Der Entwurf sieht für das Genossenschaftsrecht vor allem bürokratische Entlastungen vor, darunter die Veröffentlichung von Informationen über das Internet sowie Prüfungserleichterungen für kleine Genossenschaften, deren jährliche Umsatzerlöse nicht mehr als 600.000 Euro sowie Jahresüberschüsse nicht mehr als 60.000 Euro betragen, und deren Satzungen keine Nachschusspflichten der Mitglieder vorsehen. Die sog. vereinfachte Prüfung betrifft jede zweite Prüfung und umfasst die Durchsicht gesetzlich genannter Unterlagen (u.a. Satzung, Jahresabschluss und Veröffentlichung, Protokolle von Organsitzungen, Mitgliederliste, Mitgliederdarlehen) und die Feststellung, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, an der Angemessenheit der Vermögenslage oder der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung zu zweifeln.

Desweitern sollen Mitgliederdarlehen bei Einhaltung gesetzlich vorgegeben Voraussetzungen nicht mehr durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) genehmigungsbedürftig sein.

  1. Ergänzend sollen bundeseinheitliche, erleichterte Voraussetzungen für unternehmerische Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement in Form des wirtschaftlichen Vereins geschaffen werden. Bislang scheidet die Form des sog. Idealvereins aus, wenn der Hauptzweck ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist, bzw. eine wirtschaftliche Tätigkeit den Umfang eines Nebenzwecks überschreitet. Die Voraussetzungen für eine Tätigkeit in Form des wirtschaftlichen Vereins, die behördliche Verleihung der Rechtsfähigkeit, sind in den einschlägigen Landesgesetzen sehr unbestimmt geregelt und unterliegen zudem einer uneinheitlichen Behördenpraxis.

Nach dem Entwurf soll die Anerkennung eines wirtschaftlichen Vereins mit einem Geschäftsbetrieb von geringerem Umfang zulässig sein, wenn die Verfolgung des Zwecks in einer anderen Rechtsform unzumutbar wäre. Die „Unzumutbarkeit“ wird in einer Rechtsverordnung konkretisiert. In dieser können zum Schutz von Mitgliedern und Dritten auch weitere Voraussetzungen für die Verleihung der Rechtsfähigkeit festgelegt werden, etwa besondere Anforderungen an die Mitgliederstruktur, die Satzung und die Betätigung des Vereins.

Gerade kleineren Vereinen, deren wirtschaftliche Tätigkeit nicht durch ein großes ideelles Geschäftsfeld relativiert wird, ermöglicht diese Regelung den Verbleib im kostengünstigen und von Satzungsautonomie geprägten Vereinsrecht.

 Fazit

Dieser nach dem Gesetzentwurf aus dem Jahr 2013 lange erwartete neuerliche Vorstoß einer kleinen Reform des Vereins- und Genossenschaftsrechts bestätigt den anhaltenden Bedarf einer Rechtsanpassung zugunsten kleinere Projektinitiativen. Auch wenn auf ein entsprechendes Gesetz wohl noch einige Zeit zu warten sein wird, bringt der Entwurf die oft übersehenen Möglichkeiten der Rechtsform „eingetragene Genossenschaft“ und den wohlmeinenden Umgang mit überschaubaren wirtschaftlichen Betätigungen von Vereinen in das Bewusstsein der angesprochenen Kreise wie ihrer Berater.

Der ADAC bleibt Idealverein – Geschäftstätigkeiten von Beteiligungsgesellschaften sind keine Tätigkeit des Vereins, Bestätigung des Zurechungsausschlusses des ADAC-Urteils von 1982

 Das bekannte ADAC-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 29.9.1982, Az. I ZR 88/80 hatte Maßstäbe damit gesetzt, dass durch die rechtliche und organisatorische Trennung von Verein und Beteiligungsgesellschaften deren Geschäftstätigkeit vereinsrechtlich nicht als (schädliche wirtschaftliche) Tätigkeit des Vereins anzusehen ist (Ausschluss der Zurechnung wirtschaftlicher Tätigkeit von Tochter- und Enkelgesellschaften). Dies galt selbst dann, wenn dem Verein sämtliche Anteile an den Beteiligungsgesellschaften gehören und er mit ihnen personell in vielfacher Hinsicht verflochten ist, sowie geschäftsleitende Befugnisse in der von ihm allein beherrschten Gesellschaft ausgeübt. In dieser Offenheit hatte das Urteil seinerzeit viel Kritik erfahren, die vor allem auf den fehlenden Schutz der Vereinsgläubiger abstellte. Nun hatte das AG München – Beschluss vom 17. Januar 2017, Az. VR 304 – Gelegenheit, erneut über den Status des ADAC e.V., aber auch die Maßstäbe des BGH zu befinden. Dem ADAC kam bei dieser erneuten Überprüfung dessen umfassende Neustrukturierung zugute, eine auf drei Säulen basierende Organisationskultur. Zugleich hat das AG München nach dreijähriger intensiver Prüfung die Rechtsprechung des BGH bestätigt.

Der ADAC hat kommerzielle Tätigkeiten, die nicht bereits den Beteiligungsgesellschaften zugeordnet waren, und nicht mit dem Nebenzweckprivileg vereinbar sind, auf eine europäische Aktiengesellschaft S.E. (Holdinggesellschaft) und ihre Tochtergesellschaften ausgelagert, an denen die neue selbständige ADAC Stiftung mit einer Sperrminorität von 25,1 % beteiligt ist. Die Stiftung selbst bündelt alle gemeinnützigen Aktivitäten der ADAC Gruppe. Durch den ADAC e.V. selbst werden damit ausschließlich ideale Tätigkeiten erbracht. Ihm und der Stiftung kommen anteilig die Erträge der Beteiligungsgesellschaften zugute. Eine Beherrschung der Aktiengesellschaft bzw. deren Tochtergesellschaften durch den Verein sind wegen der Weisungsfreiheit des S.E.-Vorstands ebenso ausgeschlossen, wie durch Vermeidung personeller Verflechtungen auf Vorstands- und Aufsichtsratsebene von Verein und S.E. bzw. Stiftung.

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