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Die Abgabe von Zytostatika zur ambulanten Behandlung gehört zum Zweckbetrieb des Krankenhauses

Zwischen der Finanzverwaltung und den betroffenen Steuerpflichtigen wird seit längerem kontrovers darüber diskutiert, ob die Abgabe von Zytostatika durch eine Krankenhausapotheke zur ambulanten Behandlung von Patienten im Krankenhaus dem Zweckbetrieb des Krankenhauses zuzuordnen ist oder nicht.

09.01.2014

Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen, sind dem steuerbefreiten Zweckbetrieb des Krankenhauses zuzurechnen. Bei einem gemeinnützigen Krankenhaus ist die Steuerbefreiung nicht auf die unmittelbare ärztliche und pflegerische Leistung begrenzt, sondern schließt alle Leistungen ein, die typischerweise von einem Krankenhaus gegenüber seinen Patienten erbracht werden.

Das Leistungsspektrum von Krankenhäusern wurde im Laufe der Zeit um eine Vielzahl von ambulanten Leistungen erweitert. Die Zuordnung solcher ambulanter Leistungen zum Zweckbetrieb soll nach Ansicht des BFH ausgehend von dem Zweck des § 67 AO a.F. (Entlastung der Sozialversicherungsträger) erfolgen. Danach handelt es sich um eine typischerweise gegenüber den Patienten erbrachte Leistung, wenn das Krankenhaus zur Sicherstellung seines Versorgungsauftrages von Gesetzes wegen zu dieser Leistung befugt ist und der Sozialversicherungsträger als Kostenträger für seine Versicherten grundsätzlich zahlen muss.

Danach ist auch die Abgabe von Zytostatika an ambulant behandelte Patienten durch eine Krankenhausapotheke eine typischerweise gegenüber den Patienten erbrachte Leistung, die zur Gewährleistung einer effektiven ambulanten onkologischen Behandlung im Krankenhaus erbracht wird und daher dem Zweckbetrieb zuzuordnen ist. Dass die Behandlung ambulant erfolgt, ist kein Grund, sie nicht als von § 67 AO erfasste ärztliche Leistung zu begreifen.

Im Übrigen lehnt der BFH die von der Finanzverwaltung bisher vertretene Auffassung ab, dass die Abgabe von ambulanten Zytostatika in Anlehnung an die umsatzsteuerliche Behandlung eine selbstständige Leistung darstellt. Er stellt vorliegend klar, dass die Übertragung spezifisch umsatzsteuerrechtlicher Grundsätze zu § 4 Nr. 16 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes i.d.F. vom 21. Februar 2005 auf die Auslegung des § 67 AO nicht zulässig ist und daher die Einengung durch den Wortlaut des § 4 Nr. 16 Buchst. b) UStG, wonach nur eng verbundene Umsätze von der Umsatzsteuer befreit sind, für körperschaftsteuerliche Zwecke nicht von Bedeutung sein kann.

Um die ambulante onkologische Behandlung effektiv wahrnehmen zu können, besitzt die Krankenhausapotheke – als unselbstständige Funktionseinheit des Krankenhauses – die gesetzlich eingeräumte Befugnis, Zytostatika an Patienten abzugeben. Dabei ist es unschädlich, dass die Lieferung – formal betrachtet – nicht an den ermächtigten Krankenhausarzt bzw. die ermächtigte Ambulanz des Krankenhauses erfolgt, sondern an die Patienten selbst und zwar zwecks unmittelbar anschließender Verabreichung in der onkologischen Ambulanz des Krankenhauses.

Schließlich geht der BFH auch auf die Frage ein, ob das potentielle Wettbewerbsverhältnis zu anderen nicht steuerbegünstigten Apotheken für die Zuordnung der hier in Rede stehenden Leistungen von Bedeutung ist. Da § 67 Abs. 1 AO die Einrichtungen, die die Definition des Krankenhauses erfüllen, ohne Einschränkungen zu Zweckbetrieben erklärt, sei dies jedoch nicht der Fall. Die Regelung des § 65 AO wird durch die Spezialregelung des § 67 AO verdrängt, so dass das Wettbewerbskriterium für die Steuerbefreiung nicht von Bedeutung ist.

Im weiteren Kontext können die vorinstanzlichen Urteile des Finanzgerichtes Münster auch nicht aufgrund von beihilferechtlichen Regelungen, insb. Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV, aufgehoben werden, da die Körperschaftsteuerbefreiung für Krankenhäuser eine bestehende Beihilfe („Alt-Beihilfe“) sei, für die das Durchführungsverbot nicht gilt. Der BFH hat in diesem Zusammenhang jedoch klar zum Ausdruck gebracht, dass die EU-Kommission berufen wäre, die Steuerbefreiungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht zu prüfen und den Gesetzgeber ggf. zu einer Anpassung der deutschen Rechtslage aufzufordern.

Die vorstehenden Urteile wurden bisher noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Die Reaktion der Finanzverwaltung darauf bleibt abzuwarten. Gleichwohl bestehen für die betroffenen Steuerpflichtigen gute Chancen, die Gewinne aus der Abgabe von Zytostatika an ambulante Patienten dem steuerbefreiten Zweckbetrieb zuzuordnen. Selbstverständlich werden wir Sie zu diesem Thema – auch aufgrund unserer eigenen Erfahrungen in der Beratungspraxis – weiterhin zeitnah über neue Entwicklungen informieren.

Abschließend möchten wir darauf hinweisen, dass derzeit noch die umsatzsteuerliche Behandlung der hier besprochenen Leistungen auf dem „Prüfstand“ (BFH vom 15. Mai 2012, V R 19/11 (EuGH-Vorlage)) steht.

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