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BVerfG: Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung von Grundstücken für die Grundsteuer

Mit Urteil vom 10. April 2018 (Az. 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11 und 1 BvR 889/12) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer seit dem 1. Januar 2002 als mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und damit als verfassungswidrig eingestuft. Der Gesetzgeber wurde dazu aufgefordert, bis spätestens zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu schaffen.

13.04.2018
Mit Urteil vom 10. April 2018 (Az. 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11 und 1 BvR 889/12) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer seit dem 1. Januar 2002 als mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und damit als verfassungswidrig eingestuft. Der Gesetzgeber wurde dazu aufgefordert, bis spätestens zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu schaffen.

Kernpunkt der Entscheidung ist der Einheitswert für den Grundbesitz, der in den „alten“ Bundesländern auf Basis der Wertverhältnisse zum 1. Januar 1964 (Hauptfeststellungszeitpunkt) ermittelt wird. In den „neuen“ Bundesländern wird der Einheitswert eines Grundstücks mit den Wertverhältnissen zum 1. Januar 1935 festgestellt.

In seiner Entscheidung führte das BVerfG aus, dass das Aussetzen der periodischen Hauptfeststellung seit dem Jahr 1964 bei der Grundsteuer zu Ungleichbehandlungen durch Werteverzerrungen führt, die jedenfalls seit dem Jahr 2002 nicht zu rechtfertigen seien. Eine bis dato hinnehmbare Ungleichbehandlung sei im Jahr 2002 und damit nahezu 40 Jahre nach dem letzten Hauptfeststellungszeitpunkt nicht mehr anzunehmen.

Das BVerfG wies zudem darauf hin, dass die Verwendung von Bewertungsregeln, die in ihrer Relation keine realitätsnahe Bewertung ermöglichen, selbst bei Vermeidung eines noch so großen Verwaltungsaufwandes nicht zu rechtfertigen sei und dass selbst die geringe Höhe einer Steuer die Verwendung realitätsferner Bewertungsregeln nicht rechtfertige.

Der Gesetzgeber ist nun angehalten, bis spätestens zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu schaffen, die den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG genügt. Die durch das BVerfG als verfassungswidrig eingestufte Einheitsbewertung ist weiterhin für fünf Jahre nach der Verkündung der Neuregelung, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024 zulässig. Das BVerfG hat damit insbesondere einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung der Kommunen und einem gleichmäßigen Verwaltungsvollzug Rechnung getragen. Die zeitlich begrenzte Weitergeltung der Einheitsbewertung sei nach Auffassung des BVerfG demnach ausnahmsweise gerechtfertigt.

Beratungshinweise

Die dem BVerfG zur Überprüfung vorgelegten Normen betreffen lediglich die Bewertung von Grundvermögen auf dem Gebiet der „alten“ Bundesländer. Nicht Teil der Entscheidung sind somit die Einheitsbewertung für land- und fortwirtschaftliches Vermögen und für Grundvermögen in den ostdeutschen Ländern. Das BVerfG schließt jedoch nicht aus, dass die in der aktuellen Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte auf die Beurteilung der Vorschriften zur Bewertung land- und fortwirtschaftlichen Vermögens sowie Grundvermögens in den „neuen“ Bundesländern übertragen werden können.

Ausblick

Wie der Gesetzgeber auf das Urteil reagiert, ist bislang offen. Jedoch ist zu erwarten, dass auf Basis einer neuen Bewertung Steuerlasten lediglich umverteilt werden und die eingeforderte Neuregelung damit aufkommensneutral konzipiert werden soll.

In der aktuellen öffentlichen Diskussion werden insbesondere die folgenden Modelle zur Neuregelung der Ermittlung der Bemessungsgrundlage diskutiert:

  • Kostenwertmodell: Anhand der aktuellen Bodenrichtwerte und der Baukosten für die Gebäude könnte eine Kombination aus Grundstücks- und Gebäudewert als mögliche Bemessungsgrundlage dienen. Eine Umsetzung dieses Modells innerhalb der nun festgesetzten Fristen zur Reformierung schätzen Experten bei ca. 35 Millionen Grundstücken allerdings als unrealistisch ein.

  • Bodenwertmodell: Unabhängig davon, ob ein Grundstück bebaut oder unbebaut ist, könnte allein der Bodenwert eines Grundstücks als Bemessungsgrundlage herangezogen werden. Mit den bereits durch die regionalen Gutachterausschüsse ermittelten Bodenrichtwerten stünde eine verlässliche Bewertungsbasis zur Verfügung, so dass zudem der Verwaltungsaufwand vergleichsweise geringgehalten werden könnte.

  • Flächenmodell: Das wertunabhängige Modell sieht vor, dass die Grundstücksgröße, die Nutzungsfläche und die Nutzungsart als Bemessungsgrundlage herangezogen werden könnten. Neben dem Vorteil, dass die Daten zur Grundstücksgröße und der jeweiligen Bebauung den Behörden bereits vorliegen, hätte das Modell den Vorteil, dass wiederkehrende Neubewertungen nicht notwendig würden.

Wir werden den Verfahrensgang weiter beobachten und Sie bei neuen Entwicklungen an dieser Stelle über mögliche steuerliche und bewertungsrechtliche Auswirkungen informieren.

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