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Bundesarbeitsgericht zum Mindestlohn: Vorbehaltlose und unwiderrufliche Sonderzahlungen, die monatlich anteilig ausgezahlt werden, dürfen angerechnet werden!

Knapp eineinhalb Jahre nach der Einführung des Mindestlohns zum 1. Januar 2015 fällt das Bundesarbeitsgericht seine erste Entscheidung zu diesem Thema und die hat es gleich in sich.

27.05.2016

27.05.2016

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16

Sachverhalt

Im schriftlichen Arbeitsvertrag einer Arbeitnehmerin waren neben einem Monatsgehalt besondere Lohnzuschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld geregelt. Im Dezember 2014 schloss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Auszahlung der Jahressonderzahlungen. Seit Januar 2015 zahlt er der Arbeitnehmerin jeden Monat neben dem Bruttogehalt je 1/12 des Urlaubs- und des Weihnachtsgelds aus. Nach Auffassung der Arbeitnehmerin stünden ihr die Jahressonderzahlungen und die Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit neben dem gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro brutto/Stunde zu.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) widersprach der Arbeitnehmerin zum größten Teil. Die Arbeitnehmerin habe auf Grund des Mindestlohngesetzes keinen Anspruch auf erhöhtes Monatsgehalt, erhöhte Jahressonderzahlungen sowie erhöhte Lohnzuschläge. Der gesetzliche Mindestlohn trete als eigenständiger Anspruch neben die bisherigen Anspruchsgrundlagen, verändere diese aber nicht. Das BAG führt aus, dass der nach den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden bemessene Mindestlohnanspruch der Arbeitnehmerin erfüllt sei, weil auch den Jahressonderzahlungen, die vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat zu 1/12 gezahlt wurden, Erfüllungswirkung zukomme. Die Erfüllungswirkung fehle nur solchen Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf die tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen, wie dies z.B. bei Zuschlägen für Nachtarbeit gem. § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) der Fall sei.  

Unser Kommentar

Diese Entscheidung des BAG entspricht der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum tariflichen Mindestlohn. Auch diesbezüglich hielt das BAG als Grundsatz fest, dass jede Vergütung mit Entgeltcharakter, die unmittelbar die Arbeitsleistung vergüten soll, auf den Mindestlohn anzurechnen ist.

Mit Blick auf gewährte Sonderzahlungen hielt das BAG nunmehr fest, dass diese dann anrechenbar sind, wenn der jeweiligen Sonderzahlung Erfüllungswirkung zukommt. Dies soll bei einer vorbehaltlosen und unwiderruflichen Sonderzahlung, die monatlich zu je 1/12 ausgezahlt wird, der Fall sein. Der bisherigen Presseerklärung des BAG ist jedoch noch nicht zu entnehmen, ob eine Sonderzahlung auch dann anrechenbar ist, wenn diese zwar ebenfalls vorbehaltlos und unwiderruflich, aber nur einmalig im Jahr als Ganzes ausgezahlt wird. Insoweit ist zunächst die Veröffentlichung der ausführlichen Begründung des Urteils abzuwarten.

Ebenfalls noch nicht geklärt ist die Frage, wie Sonderzahlungen mit Mischcharakter zu behandeln sind. Mit solchen Sonderzahlungen sollen neben der tatsächlichen Arbeitsleistung auch die Betriebstreue des Arbeitnehmers honoriert werden. Auch insoweit bleibt abzuwarten, ob sich das BAG in der Urteilsbegründung ausführlicher geäußert hat.

Fest steht jedoch, dass sämtliche Zahlungen, die keine tatsächliche Arbeitsleistung vergüten sollen, und dazu gehören auch solche, die eine besondere gesetzliche Zweckbestimmung verfolgen, wie Nachtarbeitszuschläge (Zweck: Eindämmung der Nachtarbeit, Gesundheitsschutz), nicht auf den Mindestlohn anrechenbar sind.

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