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BFH: Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes

Mit Beschluss vom 27. September 2012 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in der im Jahr 2009 geltenden Fassung i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verfassungswidrig ist.

11.10.2012

Mit Beschluss vom 27. September 2012 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in der im Jahr 2009 geltenden Fassung i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verfassungswidrig ist.

§ 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG verstoße deshalb gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgingen.

Im Einzelnen stützt der BFH seine Vorlage auf folgende Gesichtspunkte:

Die weitgehende bzw. vollständige steuerliche Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften stelle eine verfassungswidrige Überprivilegierung zum Nachteil der übrigen Steuerpflichtigen, welche diese Begünstigung nicht beanspruchen können, dar. Auch ist diese Privilegierung nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigt.

Eine typische Gefährdung der Betriebsfortführung durch die Erbschaftssteuer könne nicht unterstellt werden. Es gehe weit über das verfassungsrechtlich Gebotene und Zulässige hinaus, Betriebsvermögen ohne Rücksicht auf den Wert des Erwerbs und die Leistungsfähigkeit des Erwerbers freizustellen und zwar auch dann, wenn die für eine Erbschaftsteuerzahlung erforderlichen liquiden Mittel vorhanden seien oder ohne weiteres beschafft werden könnten.

Der Begünstigungsgrund „Arbeitsplatzerhalt“ erweise sich als nicht tragfähig, weil weit mehr als 90 % aller Betriebe nicht unter die „Arbeitsplatzklausel“ fielen. Ferner lässt das Gesetz Gestaltungen zu, die es in vielen Fällen auf einfache Art und Weise ermöglichten, den Verschonungsabschlag zu erhalten.

§§ 13a und 13b ErbStG wiesen ferner einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang auf. Der Steuerpflichtige hat die Möglichkeit, nicht betriebsnotwendiges Vermögen, das den Begünstigungszweck nicht erfülle, in unbegrenzter Höhe ohne oder mit nur geringer Steuerbelastung zu erwerben. Vermögensgegenstände, die nicht ihrer Natur nach der privaten Lebensführung dienen, können zu gewillkürten Betriebsvermögen erklärt werden. Folglich können alle Gegenstände, die üblicherweise in Form der privaten Vermögensverwaltung gehalten werden (z. B. vermietete Grundstücke, Beteiligungen an Kapitalgesellschaften) als steuerbegünstigtes Betriebsvermögen gehalten werden.

Die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG zusammen mit zahlreichen anderen Verschonungen führten dazu, dass die Steuerbefreiung die Regel und die tatsächliche Besteuerung die Ausnahme sei.

Diese Verfassungsverstöße führten nach Meinung des BFH teils für sich allein, teils in ihrer Kumulation zu einer durchgehenden, das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung, durch die diejenigen Steuerpflichtigen, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen können, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt werden.

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