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BFH: Kein Wegfall des Buchwertprivilegs bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Teils an einem Mitunternehmeranteil trotz späterer Ausgliederung eines zunächst zurückbehaltenen Wirtschaftsguts des Sonderbetriebsvermögens (§ 6 Abs. 3 EStG)

Mit Urteil vom 12. Mai 2016 (Az.: IV R 12/15) hat der BFH entschieden, dass das sog. Buchwertprivileg nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Teils an einem Mitunternehmeranteil (Teilmitunternehmeranteil) nicht deshalb rückwirkend entfällt, weil ein zunächst zurückbehaltenes Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens zu einem späteren Zeitpunkt von dem Übertragenden zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen übertragen wird.

16.09.2016

I. Sachverhalt

Der Klägerin, einer gewerblichen GmbH & Co. KG, wurde durch deren Kommanditisten (A) ein Betriebsgrundstück vermietet, das nach ständiger Rechtsprechung dadurch zum Teil des sog. Sonderbetriebsvermögens des A bei der Klägerin geworden ist.

A übertrug aus Gründen der Generationsnachfolge später (u.a.) 90 % seines Kommanditanteils an der Klägerin unentgeltlich auf seinen Sohn B. Das Betriebsgrundstück wurde aber nicht – auch nicht teilweise – mitübertragen. Die Klägerin führte die Buchwerte des Gesamthandsvermögens in Handels- und Steuerbilanz unverändert fort. Durch zeitlich nachgelagerte Veräußerung, aber vor Ablauf von drei Jahren nach der Übertragung des Teilmitunternehmeranteils, übertrug A das Betriebsgrundstück sodann unentgeltlich auf eine weitere KG, an deren Vermögen er allein beteiligt war.

Der Beklagte (das Finanzamt) ging infolge einer Außenprüfung bei der Klägerin davon aus, dass wegen der Übertragung des Betriebsgrundstücks an die andere KG die Übertragung des Teilmitunternehmeranteils von A an B nicht gemäß § 6 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG zum Buchwert möglich sei und nahm im Ergebnis die Aufgabe des Teilmitunternehmeranteils nach § 16 Abs. 3 EStG mit der Folge eines entsprechenden Aufgabegewinns des A an. Eine Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG hänge in analoger Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG i.V.m. § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG („weiterhin“) davon ab, dass zurückbehaltenes (funktional wesentliches) Sonderbetriebsvermögen mindestens eine Zeitspanne von drei Jahren im Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft verbleibe (Verbleibensvoraussetzung). Diese Frist wurde im Streitfall nicht gewahrt. Der gegen den nachfolgend erlassenen Gewinnfeststellungsbescheid eingelegte Einspruch der Klägerin wurde durch das beklagte Finanzamt abgelehnt.

Das Finanzgericht gab der Klage in erster Instanz statt, da die Voraussetzungen der Buchwertfortführung gemäß § 6 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG im Streitfall erfüllt seien. Insbesondere sei die Zurückbehaltung des Betriebsgrundstücks im Sonderbetriebsvermögen des A ebenso gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG unschädlich gewesen wie die nachfolgende unentgeltliche Übertragung des Betriebsgrundstücks auf die andere KG (Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG). Eine Behaltefrist, deren Einhaltung das beklagte Finanzamt verlange, sehe § 6 Abs. 3 EStG nicht vor.

II. Entscheidungsgründe

Der BFH hatte trotz verfahrensrechtlicher Fehler die Entscheidung des Finanzgerichts in der Sache bestätigt und dabei trotz eines Nichtanwendungserlasses des BMF vom 12. September 2013 (BStBl. I 2013, 1164) an seiner bisherigen, gefestigten Rechtsprechung zu § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG (BFH, Urt. v. 2. August 2012 – IV R 41/11 und BFH, Urt. v. 9. Dezember 2014 – IV R 29/14) festgehalten.

Die unentgeltliche Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils erfolge gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG zwingend zum Buchwert. Eine zeitlich nachfolgende, unentgeltliche Übertragung von zuvor zurückbehaltenem Sonderbetriebsvermögen, sei unschädlich.

§ 6 Abs. 3 Satz 1 EStG sieht vor, dass bei unentgeltlicher Übertragung von Mitunternehmeranteilen und von Teilen an Mitunternehmeranteilen die Buchwerte fortzuführen sind. Dabei ist zwar grundsätzlich auch das zum Mitunternehmeranteil gehörende, funktional wesentliche Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers mit zu übertragen. Bei unentgeltlicher Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils setzt die Buchwertfortführung dementsprechend grundsätzlich auch die Mitübertragung eines Bruchteils am funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögen voraus. Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes (UntStFG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) ist die Übertragung des Teilmitunternehmeranteils zum Buchwert aber auch dann angeordnet, wenn der bisherige Betriebsinhaber (Mitunternehmer) Wirtschaftsgüter, die weiterhin zum Betriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft gehören, nicht überträgt, sofern der Rechtsnachfolger den übernommenen Mitunternehmeranteil über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren nicht veräußert oder aufgibt.

§ 6 Abs. 3 EStG verlange darüber hinaus aber nicht, dass das zurückbehaltene Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens dauerhaft im Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft verbleibt. Der BFH wandte sich damit ausdrücklich gegen die Rechtsauffassung des BMF, das dem Revisionsverfahren beigetreten war und das aus der Gesetzesformulierung „(…) Wirtschaftsgüter, die weiterhin zum Betriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft gehören, nicht überträgt, sofern (…)“ (§ 6 Abs. 3 Satz 2 EStG) den Wille des Gesetzgebers entnahm, dass das anlässlich der Teilmitunternehmeranteilsübertragung zurückbehaltene Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens dem (Gesamt-)Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft auf unbestimmte Dauer zugehören müsse. Wäre ein solcher Verbleib intendiert gewesen, hätte der Gesetzgeber eine entsprechende Behaltefrist für den übertragenden Mitunternehmer ausdrücklich geregelt. Stattdessen sei in § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG nur eine Behaltefrist für den übernehmenden Rechtsträger vorgesehen. Auch den Gesetzgebungsmaterialien zu § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG und dem Sinn und Zweck des § 6 Abs. 3 EStG lasse sich die vom beklagten Finanzamt und vom BMF geforderte Behaltefrist für den übertragenden Mitunternehmer im Ergebnis nicht entnehmen.

III. Bewertung und Folgen der Entscheidung

Die dogmatisch überzeugende Entscheidung des BFH ist unseres Erachtens zu begrüßen. Eine Behaltefrist zulasten des übertragenden Mitunternehmers hinsichtlich des zurückbehaltenden, funktional wesentlichen Betriebsvermögens lässt sich dem Gesetz richtigerweise in § 6 Abs. 3 EStG nicht entnehmen. Die Rechtsprechung erleichtert zudem die sog. gleitende Generationsnachfolge.

Für die Gestaltungspraxis ist allerdings davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung aufgrund des Nichtanwendungserlasses des BMF vom 12. September 2013 (BStBl. I 2013, 1164) und der Nichtveröffentlichung des besprochenen Urteils des BFH die Entscheidung zunächst nicht anwenden wird. Zurückbehaltenes, funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen sollte daher vorsorglich zumindest drei Jahre nach unentgeltlicher Übertragung eines (Teil-)Mitunternehmeranteils im (Gesamt-)Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft verbleiben.

Gern sind wir Ihnen bei diesen und sonstigen Fragen im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Generationsnachfolge behilflich.

Für weitere Rückfragen und Informationen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung.

Ihre Ansprechpartner:

Sören Münch, Steuerberater

André Blischke, Rechtsanwalt

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