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Ausweitung der Rückfallregelung (§ 50d Abs. 9 EStG sowie § 50d Abs. 12 EStG) – ein weiterer Baustein für Deutschland zur systematischen Beseitigung der Nichtbesteuerung von Einkünften

Für die Besteuerung von international tätigen Mitarbeitern hat die deutsche Regierung mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen“ vom 20. Dezember 2016 - etwas unscheinbar - zwei folgeschwere Punkte eingefügt, die bereits ab 1. Januar 2017 in Kraft getreten sind. Hierdurch soll im Fall von grenzüberschreitenden Sachverhalten vermieden werden, dass Einkünfte und, nunmehr, auch Teile von Einkünften von keinem Staat besteuert werden.

26.01.2017
Für die Besteuerung von international tätigen Mitarbeitern hat die deutsche Regierung mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen“ vom 20. Dezember 2016 – etwas unscheinbar – zwei folgeschwere Punkte eingefügt, die bereits ab 1. Januar 2017 in Kraft getreten sind. Hierdurch soll im Fall von grenzüberschreitenden Sachverhalten vermieden werden, dass Einkünfte und, nunmehr, auch Teile von Einkünften von keinem Staat besteuert werden.

Erste Maßnahme: Änderung des § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG

In verschiedenen DBA ist vereinbart, dass Deutschland als Ansässigkeitsstaat bei unbeschränkt Steuerpflichtigen eine Doppelbesteuerung vermeidet, indem er Einkünfte von der deutschen Besteuerung freistellt (sog. Freistellungsmethode).

Diese Steuerbefreiung macht Deutschland hingegen von der Besteuerung im anderen Staat abhängig. D.h. die Freistellung wurde bisher nach § 50d Abs. 9 EStG nicht gewährt, wenn

  • die Einkünfte aufgrund der (unterschiedlichen) Anwendung eines DBA durch den anderen Staat von einer dortigen Besteuerung ausgenommen oder die Einkünfte nur zu einem durch das DBA begrenzten Steuersatz besteuert werden

oder

  • der Steuerpflichtige im anderen Staat mit den Einkünften aufgrund einer dort nur beschränkten Steuerpflicht nicht besteuert wird.

Durch die Verwendung des Wortes „wenn“ wurde vom BFH in diversen Urteilen aus 2013, 2015 und 2016 mehrfach bestätigt, dass bereits eine deutsche Steuerbefreiung in Gestalt der Freistellung zu gewähren ist, auch wenn der andere Staat nur Teile der Einkünfte, die zu einer bestimmten Einkunftsart gehören, besteuert hat. Die aus deutscher Sicht damit bestehende Steuerlücke galt es nunmehr zu schließen. Dieses Ziel wurde mit dem charmanten Wortwechsel auf „soweit“ anstatt „wenn“ umgesetzt. Auf diese Weise ist ab 1. Januar 2017 bei der Bestimmung des Umfanges der Freistellung nicht mehr allein auf die Einkünfte an sich zu schauen, sondern auf einzelne Teile einer Einkunftsart. Damit kann es dazu kommen, dass einzelne (nur) im Ausland steuerfreie Komponenten grundsätzlich dort besteuerter Einkünfte im Ergebnis der deutschen Besteuerung zu unterwerfen sind.

Was heißt das genau für die Praxis? Wann sind beispielsweise Teile von Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit aus deutscher Sicht zu gering besteuert, oder wie geht man mit der unterschiedlichen Firmenwagenbesteuerung in den DBA-Staaten um? Hier wäre ein zeitnahes Anwendungsschreiben seitens der Finanzverwaltung für erste Klarstellungen sehr zu begrüßen, schlichtweg auch vor dem Hintergrund, dass derzeit eine Verunsicherung besteht, wie mit der neuen Formulierung umzugehen ist.

Schaut man sich die Neufassung des § 50d Abs. 9 EStG genau an, stellt sie die Lohnabrechner und Arbeitgeber bei grenzüberschreitenden Arbeitnehmer-Tätigkeiten vor große Herausforderungen bei der Beschaffung und Beurteilung von Informationen aus dem Ausland. Der Abstimmungsbedarf wird immens ansteigen und wäre mit Blick auf das monatliche Lohnsteuerverfahren in sehr kurzer Zeit notwendig. Ist dies wirklich so gewollt?

Somit ist es nicht verwunderlich, dass viele Verbände gegen diese Änderung Sturm gelaufen sind und die erheblichen Folgen für die Praxis sowie ihre kritischen Punkte ausführlich vorgebracht haben. Leider ohne Erfolg. Der Gesetzgeber hat keine Änderungen in seinem Gesetzesentwurf vorgenommen.

Wir werden für Sie die weitere Entwicklung verfolgen.

Zweite Maßnahme: Einführung eines § 50d Abs. 12 EStG

Mit der Einführung des § 50d Abs. 12 EStG sichert sich Deutschland ein (anteiliges) Besteuerungsrecht an Abfindungen bei internationalen Mitarbeitereinsätzen und fügt sich nach langjährigem Widerspruch gleichzeitig der internationalen Auffassung, wonach Abfindungen, die anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, für Zwecke der Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung als für frühere Tätigkeit geleistetes zusätzliches Entgelt anzusehen sind. Bisher ist der BFH sowie die Finanzverwaltung davon ausgegangen, dass Abfindungen für künftige (entgehende) Einnahmen gezahlt werden, d.h. für den Verlust des Arbeitsplatzes, und wies damit dem DBA-Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht dieser Abfindungen zu (vgl. u.a. Rz. 178 im BMF-Schreiben zur steuerlichen Behandlung des Arbeitslohns nach DBA vom 12. November 2014 – IV B 2 – S 1300/08/10027). Durch diese Unstimmigkeit zwischen den Ländern kam es teilweise zu Ungereimtheiten bei der Besteuerung. Die aus deutscher Sicht bestandene Steuerlücke wird nunmehr geschlossen.

Jedoch gilt zu beachten, dass, sofern in Abkommen abweichende Regelungen getroffenen werden, diese immer Vorrang haben (vgl. § 50d Abs. 12 Satz 2 EStG).

Für die Praxis heißt dies nunmehr, dass Abfindungen, die ab 1. Januar 2017 an ehemalig grenzüberscheitend tätige Mitarbeiter gezahlt werden, ab jetzt für lohnsteuerliche sowie einkommensteuerliche Zwecke neu zu überprüfen sind. Dies gilt ebenfalls für die Gültigkeit von eventuell bestehenden Lohnsteueranrufungsauskünften.

Gern beraten wir Sie persönlich.

Ihre Ansprechpartner:

Arell Buchta, Steuerberater, Rechtsanwalt

Cindy Budnick, Steuerberaterin

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Dr. Ralph Bartmuß
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