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9 häufig übersehene Risiken für den Verkäufer beim Verkauf gebrauchter Immobilien

Nachdem der Basiszinssatz schon seit Jahren nahe 0% verharrt, erfreuen sich Immobilien, insbesondere vermietete Mehrfamilienhäuser, steigender Beliebtheit bei Investoren. Der eine oder andere Eigentümer denkt daher über einen Verkauf nach. Im Folgenden sollen einige Risiken für den Verkäufer im Rahmen von Kaufverträgen dargestellt werden, auf die der beurkundende Notar möglicherweise nicht oder nicht ausreichend hinweist.

23.01.2018

 

1. Erstattung geltend gemachter Vorsteuer

Der Verkauf einer vermieteten Immobilie, bei dem die Vermietung durch den Erwerber ohne größere Investitionen fortgeführt wird, dürfte in der Regel einen nicht steuerbaren Vorgang in Form einer Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG, vgl. § 1 Abs. 1a UStG) darstellen, unabhängig davon, ob sie ertragsteuerlich zum Privatvermögen zählt. Hierbei tritt der Erwerber in die Rechtsstellung des Veräußerers, insbesondere hinsichtlich laufender Berichtigungszeiträume nach § 15a UStG, ein.

Liegt keine GiG vor, ist der Kaufpreis zwar grundsätzlich steuerbar, aber befreit (§ 4 Nr. 9a UStG). Es handelt sich dabei um einen sog. vorsteuerschädlichen Umsatz (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG), in Folge dessen grundsätzlich die in den letzten 10 Jahren geltend gemachte Vorsteuer zurückgezahlt werden muss (Vorsteuerberichtigung, § 15a UStG). Der Verkäufer kann dies vermeiden, indem er auf die Steuerfreiheit verzichtet und für einen Verkauf mit Umsatzsteuer votiert (§ 9 Abs. 1 UStG).

Es besteht das Risiko für den Verkäufer, dass nachträglich das Finanzamt zum Schluss kommt, dass keine GiG vorliegt, was unter anderem dazu führt, dass der Verkäufer Vorsteuer erstatten muss. Der umgekehrte Fall kann zu Problemen für den Käufer führen.

Empfehlung:

Wenn zumindest der Veräußerer Unternehmer ist, sollte im Vertrag ggf. festgehalten werden, dass beide Vertragsparteien übereinstimmend von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen ausgehen. Zur Absicherung des Falls, dass die zuständige Finanzbehörde des Veräußerers von einer steuerbaren Grundstückslieferung ausgeht, empfiehlt sich eine „vorsorgliche“ Option zur Umsatzsteuerpflicht. Aus Gründen der späteren Streitvermeidung sollte klargestellt werden, ob die Umsatzsteuer zum Kaufpreis hinzukommt (sog. Nettopreisvereinbarung, z. B. „zzgl. gesetzlich geschuldeter Umsatzsteuer“, die regelmäßig zu empfehlen ist) oder in diesem enthalten wäre (sog. Bruttopreisvereinbarung, z. B. „inklusive gesetzlich geschuldeter Umsatzsteuer“). Details der Formulierung sollten zur Vermeidung der Nichtanerkennung durch die Finanzverwaltung mit dem Steuerberater abgestimmt werden.

 

2. Unvollständiger Gewährleistungsausschluss

Der Verkäufer möchte beim Verkauf von gebrauchten Immobilien die Gewährleistung in der Regel weitestgehend ausschließen. Dabei werden oft Fehler gemacht, die die Gewährleistung für den Verkäufer in wichtigen Teilen bestehen lassen.

  • a) „Gekauft wie gesehen“

Bei dieser Formulierung handelt es sich nicht um einen vollständigen Ausschluss der Gewährleistung, sondern es wird nur die Gewährleistung für offensichtliche Mängel ausgeschlossen. Der Verkäufer haftet also lediglich nicht für Mängel, die ein durchschnittlicher Käufer bei einer gründlichen Besichtigung der Immobilie ohne Sachverständigen hätte erkennen können. Versteckte Mängel werden dagegen nicht erfasst (vgl. BGH, Urt. v. 11.06.1979, Az. VIII ZR 224/78).

Empfehlung: Die Gewährleistung sollte ausdrücklich ausgeschlossen werden, etwa durch den Satz „unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung für Sach- und Rechtsmängel, auch aus verborgenen Mängeln“.

  • b) Mängel nach Beurkundung vor Gefahrübergang

Ein Gewährleistungsausschluss gilt grundsätzlich nur für Mängel, die im Zeitpunkt der Beurkundung entstanden waren, nicht aber für Mängel, die nach Beurkundung bis zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs entstanden sind, auch wenn sie der Verkäufer nicht zu vertreten hat. Der Käufer kann nämlich das Risiko von bei Beurkundung erkannten oder verborgenen Mängeln begrenzen und etwa im Kaufpreis berücksichtigen, anders als bei nach Beurkundung entstandenen Mängeln. Dass ein Käufer zu einem Gewährleistungsausschluss auch für solche Mängel im Regelfall bereit ist, kann nicht angenommen werden (BGH, Urteil vom 24.1.2013, Az V ZR 248/02). Dieses Risiko kann für den Verkäufer existenziell sein, wenn möglicherweise die Gebäudeversicherung den Schaden nicht, nicht vollständig oder zu spät ersetzt.

Empfehlung

Ggf. muss die Erstreckung des Gewährleistungsausschlusses auf nach Beurkundung entstandene zufällige Mängel ausdrücklich im Vertrag vereinbart werden. Individualvertraglich ist dies möglich, ein Ausschluss in den AGB’s dürfte dagegen gegen § 307 Abs. 1 BGB verstoßen und nichtig sein. Hilfsweise kommt eine Beschränkung der Haftung des Verkäufers auf seine Ansprüche gegen Dritte, etwa Versicherungen, in Frage oder alternativ die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts für den Verkäufer im Falle eines erheblichen Mangels unter Beschränkung seiner Haftung auf das negative Interesse des Käufers (z. B. Notarkosten).

  • c) Arglistiges Verschweigen von Mängeln

Der Verkäufer kann sich “ … auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, … nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen …. hat.“ (§ 444 BGB). Der Verkäufer riskiert also den Verlust seines Gewährleistungsausschlusses bei ihm bekannten Mängeln.

Empfehlung:  Der Verkäufer sollten den Käufer über ihm bekannte Mängel aufklären, auch wenn dies eine Anpassung des Kaufpreises zur Folge haben kann. Auf bereits beseitigte Mängel muss der Verkäufer nur hinweisen, wenn die beseitigten Mängel die Gefahr in sich tragen, wiederzukehren.

Zur Sicherung des Verkäufers sollte in diesen Fällen stets im Grundstückskaufvertrag ein entsprechender Hinweis aufgenommen werden, damit der Verkäufer später auch beweisen kann, den Käufer über diesen Mangel aufgeklärt zu haben. Beispiel: „Dem Käufer ist bekannt, dass im Keller des Kaufobjektes vor etwa vier Monaten Feuchtigkeit aufgetreten ist.“ Bei einer erfolgten Aufklärung kann der Käufer Rechte aus dem vorhandenen Mangel nicht geltend machen, da er das Objekt in Ansehung des Mangels gekauft hat.

  • d) Verstoß gegen AGB-rechtliche Schranken

Soweit der Grundstückskaufvertrag Bedingungen enthält, die “ für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert … wurden…“, und die „eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt“, handelt es sich um AGB’s (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dann müssen aber die für AGB aufgestellten Bedingungen für die Wirksamkeit von Haftungsausschlüssen und -beschränkungen beachtet werden, weil sonst der gesamte Gewährleistungsausschluss unwirksam sein kann und dann die volle gesetzliche Gewährleistung greift. Allerdings kann sich hierauf nur der Vertragspartner des Verwenders berufen, nicht der Verwender selbst. Darauf, ob der Vertragspartner des Verwenders Verbraucher oder Unternehmer ist, kommt es immer weniger an, da die Rechtsprechung die Wertung der nur für Verbraucher geltenden Klauselverbote in den §§ 308-309 BGB in die Prüfung der auch für Verträge mit Unternehmern geltenden Generalklausel (§ 307 BGB) einfließen lässt.

Empfehlung: Klammern Sie, wie bei Kaufverträgen über bewegliche Sachen üblich, bestimmte Ansprüche aus dem Geltungsbereich des Gewährleistungsausschlusses aus, z.B. Ansprüche des Käufers auf Schadensersatz aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, wenn der Verkäufer die Pflichtverletzung zu vertreten hat; Ansprüche des Käufers auf Ersatz sonstiger Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers beruhen (§ 309 Nr. 7a bzw. 7b BGB) und Ansprüche des Käufers wegen Verletzung von sog. „Kardinalpflichten“ und für vertragstypische, vorhersehbare Schäden (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

 

3. Weiterhaftung aus Mietverträgen

Bekanntlich gilt die Regel „Kauf bricht nicht Miete“ für Mietverträge über Wohn- und Gewerberaum:  „Der Erwerber (tritt) anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein“ (§§ 566, 578 BGB). Weniger bekannt sind die Schutzvorschriften, mit denen der Gesetzgeber die Mieter vor einer Verschlechterung der Bonität des Vermieters schützen will und die zu einer Weiterhaftung des Verkäufers führen:

  • a) Haftung des Veräußerers für Mietvertragsverletzungen des Erwerbers

„Erfüllt der Erwerber die Pflichten nicht, so haftet der Vermieter für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat.“ (§ 566 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Haftung ist auf vertragliche Pflichten des Vermieters beschränkt und deckt nach hM deliktsrechtliche Ansprüche nicht ab. Der Veräußerer haftet auf Entschädigung in Geld und schuldet nach hM in der Regel keine Naturalerfüllung.

Empfehlung:  Enthaftung durch Mitteilung des Eigentumsübergangs, § 566 Abs. 2 Satz 2 BGB. Die Mitteilung bedarf keiner Form und ist nicht fristgebunden, muss aber nach Eigentumsübergang erfolgen. Es handelt sich um eine geschäftsähnliche Handlung, die von einem Vertreter (z. B. von einem Rechtsanwalt oder vom Erwerber nicht aber in dessen eigenem Namen) abgegeben werden kann.

  • b) Haftung des Veräußerers auf Rückzahlung der Mietkautionen

Der Verkäufer haftet bei Wohn-und Gewerberaummietverträgen auf Rückzahlung der Mietsicherheiten, wenn der Käufer diese nach Ende des Mietvertrages nicht zurückzahlt, z. B. wg. Insolvenz: „Kann bei Beendigung des Mietverhältnisses der Mieter die Sicherheit von dem Erwerber nicht erlangen, so ist der Vermieter weiterhin zur Rückgewähr verpflichtet.“ (§§ 566a S. 2, 578 BGB).

Empfehlung: Es dürfte keine rechtssichere Möglichkeit geben, sich ohne Schädigung der Interessen des Erwerbers vollständig von der Haftung zu befreien.  Eine gängige kautelarjuristische Empfehlung lautet:

  • Der Veräußerer soll die Mieter um Zustimmung bitten, ob sie mit der befreienden Übertragung der Sicherheiten auf den Erwerber einverstanden sind.
  • Soweit dies abgelehnt wird, sollen die Kautionen zurückgezahlt werden, verbunden mit dem Hinweis, dass die Rückzahlung keinen Verzicht bedeute und der Erwerber die Kaution neu anfordern werde.

Allerdings besteht bei dieser Lösung das Risiko der Unwirksamkeit bzw. Benachteiligung des Erwerbers:

  • Die Einverständniserklärung der Mieter, betreffend die Übertragung der Kaution, wurde vom BGH wegen Verstoß gegen AGB-rechtliche Bestimmungen als unwirksam erachtet (BGH, Urteil vom 23.1.2013, Az. VIII ZR 143/12).
  • Bei Rückzahlung der Kautionen kann es sein, dass der Erwerber keinen Anspruch mehr gegen den Mieter auf Zahlung einer Kaution hat (so führende Literaturmeinungen).

 

 4. Haftung für Erschließungskosten

Nach der gesetzlichen Regelung, die häufig auch in Kaufverträge übernommen wird, haftet der Verkäufer für Erschließungskosten, die ggf. Jahre später per Bescheid beim Käufer geltend gemacht werden, auch wenn im Extremfall vor Vertragsschluss lediglich ein Spatenstich getätigt wurde: „Soweit nicht anders vereinbart, ist der Verkäufer eines Grundstücks verpflichtet, Erschließungsbeiträge und sonstige Anliegerbeiträge für die Maßnahmen zu tragen, die bis zum Tage des Vertragsschlusses bautechnisch begonnen sind, unabhängig vom Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld.“ (§ 436 Abs. 1 BGB).

Empfehlung: Der Verkäufer sollte die Kosten für Erschließungsmaßnahmen tragen, soweit die Anlagen bis zur Beurkundung fertiggestellt sind, unabhängig davon, ob die Fertigstellung schon formal festgestellt oder die Erschließungsbeiträge angefordert wurden. Der Käufer erwirbt das Grundstück nämlich in dem Erschließungszustand, wie es sich ihm beim Kaufvertragsabschluss zeigt.

 

 5. Limbo / Schaden bei Nichtzahlung des Käufers

Zahlt der Käufer nicht, hat der Verkäufer in der Regel ein Interesse daran, schnell den Vertrag zu beenden und das Grundstück anderweitig zu veräußern. Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Rücktritt sind aber ggf. noch nicht gegeben. Eine anderweitige Veräußerung scheitert daran, dass der Käufer noch mit einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch steht.

Empfehlung:

  • Unterwerfung des Erwerbers unter die sofortige Zwangsvollstreckung
  • Rücktrittsrecht des Verkäufers bei Nichtzahlung der Notarkosten oder der GrErwSt oder bei Verzug des Erwerbers mit der Kaufpreis-Zahlung
  • Pauschalierter Schadensersatz bei Rücktritt des Verkäufers aus diesem Grund (z. B. in Höhe von 10 % des Kaufpreises, ggf. in Form einer Anzahlung in dieser Höhe, die verfällt)
  • Löschung der Auflassungsvormerkung, unabhängig vom Willen des Erwerbers in diesem Fall schon in Urkunde (unter Berücksichtigung der AGB-Rechtsprechung des BGH in diesem Zusammenhang), verbunden mit der Vollmacht für den Notar, die Löschung im Fall des Rücktritts zu vollziehen.

 

 6. Notarkonto

Nach § 54 a BeurkG besteht ein zwingender Vorrang der Abwicklung eines Grundstückskaufvertrags ohne Notaranderkonto. Ausnahmen sind nur dann zulässig, wenn ein „besonderes berechtigtes Sicherungsinteresse“ besteht.

Neben zusätzlichen Kosten birgt ein Notaranderkonto außerdem das Risiko einer Liquiditätsfalle für den Verkäufer: Bei vermieteten Immobilien wird oft vereinbart, dass Nutzen und Lasten bereits bei Zahlung auf das Notaranderkonto auf den Erwerber übergehen, während die Auszahlung an den Verkäufer von den üblichen Fälligkeitsvoraussetzungen abhängt und sich noch Monate hinauszögern kann. Der Verkäufer muss dann ggf. den Kapitaldienst für eine Fremdfinanzierung weiterbezahlen, während die Mieteinnahmen aus dem Grundstück nach Zahlung auf das Notaranderkonto an den Erwerber fließen.

Empfehlung: Direktzahlung an den Veräußerer bei Eintritt der üblichen Fälligkeitsvoraussetzungen vereinbaren; Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten erst bei (vollständiger) Zahlung des Kaufpreises.

 

 7. Abrechnung Nebenkosten mit Mietern

Bei der Verwaltung vermieteter Gebäude fallen beim Eigentümer Nebenkosten an, von denen einige auf die Mieter umgelegt werden können. Dabei werden typischerweise von den Mietern monatliche Abschlagszahlungen geleistet, während die Nebenkosten beim Vermieter/Eigentümer zu unterschiedlichen Zeitpunkten anfallen. Erst im Rahmen der Nebenkostenabrechnung werden die anteilig vom Mieter geschuldeten Nebenkosten und der Saldo (Nachzahlung oder Rückerstattung) ermittelt. Geregelt werden muss im Verhältnis zum Erwerber daher, wer ggf. Nebenkostenabrechnungen für abgeschlossene Kalenderjahre erstellt (in der Regel der Veräußerer), und wer dies für das Kalenderjahr übernimmt, in dem der Besitzübergang stattfindet (in der Regel der Erwerber). Im letzteren Falle besteht das Risiko, dass der Veräußerer im Zeitpunkt des Besitzübergangs höhere Ausgaben für umlegbare Nebenkosten hatte, als er durch Vorauszahlungen der Mieter eingenommen hat, ohne dass er im Rahmen der Nebenkostenabrechnung diese Differenz ausgleichen könnte.

Empfehlung: Vertraglich sollte vereinbart werden, dass der Veräußerer zum Zeitpunkt des Besitzübergangs eine Aufstellung seiner im Kalenderjahr etwa erbrachten Zahlungen auf die umlegungsfähigen Nebenkosten sowie der vereinnahmten Vorauszahlungen erstellt. Soweit die Kosten von den Vorauszahlungen nicht gedeckt sind, erstattet der Erwerber die Differenz, sonst zahlt umgekehrt der Veräußerer den Überschuss an den Erwerber aus. Eine Regelung sollte im Übrigen auch für nicht-umlegungsfähige Nebenkosten vereinbart werden.

 

 8. Weiterlaufende Verträge

Der Verkäufer hat in der Regel viele Verträge über Verwaltungs- und technische Leistungen mit unbestimmter oder langer Laufzeit geschlossen. Während Mietverträge kraft Gesetzes auf den Erwerber übergehen, ist das bei anderen Verträgen nicht der Fall; insbesondere liegt in der Regel auch kein Betriebsübergang nach § 613a BGB vor (vgl. BAG, Urteil vom 15.11.2012, Az 8 AZR 683/11 zum Übergang eines Hausmeistervertrages). Ein Irrtum ist es auch, zu glauben, dass diese Verträge mit Verkauf der Immobilie automatisch enden oder vorzeitig gekündigt werden können. Dies betrifft insbesondere Verträge über Leistungen, wie Hausverwaltung (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 15.10.2010, Az  14 U 141/10), Hausmeister, Zählermiete, Nebenkostenabrechnung, Wartungsverträge über technische Anlagen, Kabel-TV etc.  Bei Zählermietverträgen etwa können bei einem durchschnittlichen Mehrfamilienhaus schnell Beträge zwischen 4.000,00 € bis 6.000,00 € entstehen, die auf den Veräußerer zukommen.

Empfehlung: Der Verkäufer sollte rechtzeitig vor der Veräußerung der Immobilie dem Erwerber langfristige Verträge zur Übernahme anbieten oder diese kündigen. Auch dann haftet aber der Veräußerer gegenüber den Vertragspartnern solange, bis diese dem Vertragsübergang zugestimmt haben bzw. bis die Kündigungsfrist abgelaufen ist. Soweit der Eigentümer/Veräußerer Verbraucher ist (§ 13 BGB), kann er sich weiterhin ggf. auf die Rechtsprechung zu unangemessen langen Laufzeiten von Verträgen über Heizkostenverteiler berufen (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2007, Az XII ZR 61/05).

 

 9. Anlagen beurkunden

Für Grundstückskaufverträge ist die strengste gesetzlich vorgesehene Form vorgesehen, nämlich die Beurkundung durch einen Notar (§ 311b Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 128 BGB). Mangelt es an der vorgeschriebenen Beurkundung, ist der abgeschlossene Grundstückskaufvertrag wegen Formmangels nichtig (§ 125 BGB).

Beurkundungsbedürftig und damit im Zweifel verlesungspflichtig (§ 13 BeurkG) sind die gesamten rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Beteiligten, einschließlich der durch (echte) Verweisung auf anderweitige Urkunden erfolgenden Erklärung. Was materiell-rechtlich beurkundungsbedürftig ist, kann nur entweder in der Urkunde selbst, in einer Anlage nach § 9 Abs. 1 Satz 2 BeurkG oder in einer Verweisungsurkunde nach § 13a BeurkG enthalten sein.

Die Übernahme einer Garantie oder eine Beschaffenheitsvereinbarung ist z. B. vom Formbedürfnis des Veräußerungsvertrages nach § 311b Abs. 1 BGB umfasst (und wohl alles, was ihre Reichweite regelt). Bei Dokumenten, die im Rahmen der kaufmännischen und technischen Prüfung des Kaufgegenstandes durch den Erwerber vorgelegen haben, oder bei Mängeln, die der Veräußerer dem Erwerber gegenüber offengelegt hat, um die Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses zu vermeiden, kann es schwierig sein, zu bestimmen, was rechtsgeschäftliche Erklärung und damit beurkundungspflichtig ist.  Eine Fehleinschätzung des Notars führt ggf. zur Nichtigkeit des gesamten Kaufvertrages.

Empfehlung: Im Zweifel sollte auf ein Beurkundung und Verlesung von Dokumenten oder Listen von Dokumenten bestanden werden. Ebenso sollte im Zweifel eine unabhängige rechtliche Beurteilung eingeholt werden.

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